Buenaventura Durruti (Leon 1896 - Madrid 1936)

Buenaventura Durruti wurde am 14. Juli 1896 als Sohn eines Eisenbahnarbeiters und bekennenden "liberalen Sozialisten" im spanischen Leon geboren. Leon ist die Hauptstadt der gleichnamigen Region im gebirgigen Norden des Landes und war damals im Gegensatz zu Regionen wie Katalonien und Andalusien keine anarchistische Hochburg. Buenaventura hatte acht Brüder, die alle wie er auch von den Faschisten getötet wurden oder bei der Niederschlagung von Streiks umkamen. Im Alter von vierzehn Jahren beendete er die Schule und ging im örtlichen Lokschuppen in die Lehre. Er trat wie einst sein Vater in die sozialistische Union UGT (Union General de Trabajadores) ein und übernahm eine tragende Rolle im Streik der Eisenbahnarbeiter 1917, der durch die UGT organisiert wurde. Nachdem die Verhandlungen durch die Regierung boykottiert wurden, begann am 10. August des Jahres ein Generalstreik in der gesamten Region. Dieser wurde innerhalb von drei Tagen durch die Armee zerschlagen. Resultat des brutalen Armeeeinsatzes waren 70 tote, 500 verwundete sowie 2.000 inhaftierte Arbeiter. (Sowas kann einen schon prägen, wenn man 21 ist.) In der lokalen Presse bezeichnete man dies als "Rettung der Nation". Durruti indes konnte vor der polizeilichen Verfolgung nach Frankreich fliehen. In Paris arbeitete er als Mechaniker und machte die Bekanntschaft spanischer Anarchisten, die wie er geflohen waren. Im Januar 1919 kehrte Durruti dann nach Spanien - genauer nach Asturien an der spanischen Nordküste - zurück. Dort schloß er sich den hiesigen Anarchisten der Gewerkschaft CNT (Confederacion Nacional del Trabajo) an und nahm am Aufstand der Minenarbeiter Asturiens teil, weswegen er im März des Jahres verhaftet wurde. Allerdings gelang ihm die Flucht nach San Sebastian noch im Dezember. In San Sebastian, einem Industriezentrum des Baskenlandes, verdiente er sich seine Brötchen als Metallarbeiter.

Der Terror

Bereits im Februar des Jahres 1919 führte ein Streik wegen Kündigungen mit politischem Hintergrund in Barcelona zur Festnahme der an dessen Organisation beteiligten Mitglieder der CNT sowie zum Verhängen des Ausnahmezustands. Und das obwohl er nach Angaben des Zeitzeugen Gerald Brenan zugelassen war und friedlich verlief. Die Weigerung der Behörden, die Organisatoren freizulassen, hatte einen Generalstreik zur Folge, dem sich ca. 100.000 Arbeiter anschlossen und der zwei Wochen dauerte. Diese Maßnahme blieb bis auf ein paar tausend Festnahmen ergebnislos. "Ganz nach spanischer Manier", so Brenan, "wurden Haftstrafen in Höhe von 1.700 Jahren vergeben". An dieser Stelle sei angemerkt, daß die Sache am Strafmaß scheiterte und deshalb auch niemand seine Strafe bis zum Ende verbüßte. In den Jahren 1919 bis Anfang der 20er lebte man als Anarchist in Spanien sehr gefährlich, viele bekanntere Anarchisten wurden eingesperrt, des Landes verwiesen, im Auftrag des - wie wir es heute nennen - Arbeitgeberverbandes ermordet oder sie wurden beim "Fluchtversuch aus dem Gefängnis" erschossen, also in Situationen, in denen auch heute Polizisten gezwungen wären, den finalen Fangschuß anzusetzen. So wurde z.B. der CNT Präsident Salvator Sequi von einem Polizisten erschossen. Wie aus dem Buch "The Spanish Civil War" von Hugh Thomas hervorgeht, kam es unter dem Gouverneur Martinez Anido und dem Polizeichef Arlegui zur Gründung der pro-Regierungsorganisation "Sindicato Libre" und einer neuen Spezialeinheit der Polizei. Die "Sindicato Libre" könnte man als Gegengewicht zur UGT und CNT verstehen. Unter dem Eindruck all dieser (staatlichen) Repressionsmaßnahmen bekämpften einige Anarchisten Feuer mit Feuer, unter ihnen auch Durruti, der sich mit seinem Freund und Kampfgefährten Francisco Ascaso seit 1922 in Barcelona aufhielt. In der Zwischenzeit hatten die beiden mehrere erfolglose Versuche gestartet, hohe Regierungsbeamte zu ermorden. In Barcelona riefen sie mit Garcia Oliver die "Los Solidarios" ins Leben, die im Kampf gegen angeheuerte Mörder der Bourgeoisie, gegen die Polizei und für die CNT einen legendären Ruf erlangte. Der Preis wiederum waren viele Tote unter den Militanten solcher Gruppen. Doch die anarchistische Bewegung und die CNT konnten Dank ihnen und dem Rückhalt in der Bevölkerung überleben selbst als General Primo de Rivera durch die politische Krise 1923 von König Alfonso XIII. für die Regierung eingesetzt wurde. Unter der Diktatur des Generals brach das dunkelste Kapitel in der Verfolgung der Anarchisten an, viele fanden den Tod, wenn sie nicht gerade eingesperrt wurden oder sich im Ausland befanden. Auch Durruti und Ascaso mußten 1924 Spanien verlassen, nachdem sie ein Jahr zuvor den Kardinal Soldevila von Saragossa umgebracht hatten, einem der größten Geldgeber der "Sindicato Libre" und wohlhabenden Teilhaber unzähliger Spiellokale.

Im Exil

Die beiden verschlug es mit Gregorio Jover nach Argentinien. In Süd- und Mittelamerika wollten sie Geldmittel für die anarchistische Bewegung in Spanien auftreiben. Stattdessen wurden sie auch hier bald von den Behörden gesucht, die von spanischer Seite aus "vorgewarnt" worden waren. Aber mit der Unterstützung einheimischer Anarchisten konnten Durruti und Ascaso den Zugriffen der Staatsmächte entgehen. Ihre Flucht, begleitet von Guerilla-Aktionen, brachte sie unter anderem nach Chile, Uruguay und Mexiko. Die Gefahr, der Hunger und die Tatsache, daß andere "Exil-Anarchisten" und französische Gesinnungsgenossen der spanischen Bewegung vom französischen Grenzgebiet aus weitaus bessere Dienste leisteten, brachte beide noch 1924 nach Paris. Sie verfolgten den tollkühnen Plan, bei deren Staatsbesuch in Frankreich den spanischen König Alfonso XIII. und den Diktator Rivera zu kidnappen bzw. zu ermorden. Der Plan flog auf und Durruti und Ascaso wurden verhaftet. Nach einem Jahr Haft und einem harten Prozeß wurden sie entlassen und des Landes verwiesen, eine Auslieferung nach Argentinien zur Vollstreckung des dort noch ausstehenden Todesurteils konnte des öffentlichen Drucks wegen verhindert werden. Erst 1927 bot Belgien den beiden politisches Asyl. Zuvor hatten sie versucht, unter anderem auch in Lyon ein einigermaßen geregeltes Leben zu führen, was daran scheiterte, daß sie sich illegal in dem jeweiligen Land befanden. Allerdings wollten sie nicht auf Kosten ihrer französischen Freunde im Untergrund leben und so schlug man sich durch, nahm an verschiedenen anarchistischen Aktivitäten teil, Durruti traf z.B. bei einem Aufenthalt in Berlin den deutschen Anarchisten Augustin Souchy, und behielt Kontakt zu den Kameraden in Spanien. In dieser Zeit kam das Angebot aus der UdSSR, die den beiden Zuflucht gewähren wollte. Auf Rat von Nestor Makhno, den sie in Paris getroffen hatten, kamen Durruti und Ascaso diesem Angebot jedoch nicht nach.

Von der Monarchie zur Republik

In Spanien indes wurde im Juli 1927 insgeheim die FAI (Federacion Anarquista Iberica) als ein Sammelbecken der verschiedenen anarchistischen Verbände gegründet. Im April 1931 kehrten Francisco Ascaso und Buenaventura Durruti mit seiner Frau Emilienne nach dem Fall der Monarchie nach Spanien zurück. Doch in der CNT hatte sich ein Wandel vollzogen. Gewisse Funktionäre (Zeitweilig zählte die CNT 500.000 Mitglieder und einen bezahlten Funktionär!) wie Angel Pestana hatten einen reformistischen Kurs eingeschlagen und dachten sogar über eine Regierungsbeteiligung nach, während die Basis, also die Mehrheit der Mitglieder, und die FAI konsequent die anarchistischen Ideen (z.B. Bakunins) vertraten. Auch Durruti war nicht bereit, derartige Kompromisse einzugehen, und trat der FAI bei. Im Mai trat das aus den ersten freien Wahlen hervorgegangene Parlament die Regierungsnachfolge an. Es war ein "bunter Haufen" von Republikanern und Sozialisten, auch radikalere Ansichten waren vertreten. Noch im Juli trafen sich Delegierte der CNT in Madrid, um über die weitere Vorgehensweise zu beratschlagen. Die Streiks, die bald folgten - an der Situation der Arbeiter hatte sich nichts geändert - wurden aber von Regierungstruppen niedergeschlagen wie zu Zeiten der Diktatur. Diese Handlungsweise, die beispielsweise bei einem Streik in Sevilla neben den 300 Verwundeten 30 Menschenleben kostete, zerschlug die Illusionen über die "liberale" Regierung Azanas. Doch die meisten Anarchisten hatten sich wie Durruti, dessen Frau im Dezember 1931 ihre gemeinsame Tochter Colette zur Welt brachte, nicht täuschen lassen. Auch zeigte die Weltwirtschaftskrise im wirtschaftlich hinter dem europäischen Durchschnitt liegenden Spanien Auswirkungen. Die Arbeitslosigkeit nahm weiter zu, der Lebensstandard war niedrig wie selten zuvor. In dieser Zeit verübte eine Gruppe der FAI, der auch Durruti und Ascaso angehörten, mit Namen "Nosotros" Banküberfälle und ließ die Beute den Arbeitern und der Bewegung zugute kommen, eine Linderung der Situation war von der Regierung nicht zu erwarten. Durruti und Ascaso gingen daneben aber auch ihrer Arbeit in einem Betrieb in Barcelona nach. Im Januar 1932 wurde nach einem fehlgeschlagenen Versuch 1924 von der FAI und den trotzkistischen Kommunisten der POUM eine neuerliche Rebellion in Katalonien in Angriff genommen. Wiederum scheiterte es am Eingriff der Armee. Die zu den "Anführern" gezählten bekannteren Anarchisten und Kommunisten wurden festgenommen, unter ihnen Durruti und Ascaso, und nach spanisch-Guinea gebracht, was die CNT und FAI allerdings nicht wie erhofft lähmte. Die Häftlinge konnten bereits im April nach Spanien zurückkehren, die politische Agitation ihrer Kameraden hatte sich bezahlt gemacht.

In der Zeit von 1933-35, den "schwarzen Jahren", kamen überwiegend rechte Republikaner in der Regierung von Lerroux-Robles an die Macht. Die bereits katastrophalen Zustände verschlimmerten sich zusehends und die anarchistische Bewegung wurde weiter kriminalisiert. Unter der angespannten sozialen Lage gab es zahlreiche Aufstände zum Teil unter Mitwirkung der FAI z.B. in Madrid, Barcelona oder Asturien, von denen die katholische Kirche, der alte Feind der Arbeiterbewegung und sich nie zu Schade zur Ausübung weltlicher Repression, ebenfalls betroffen war. Einige Klöster und Kirchen wurden niedergebrannt, sogar Priester wurden erschossen. Während die Sozialisten sich fein zurückhielten, konterte die Regierung in Asturien mit einem brutalen Einsatz der Armee unter General Franco. 1.300 Arbeiter wurden dabei getötet, 3.000 verwundet und zwischen Oktober und November 1934 wurden hauptsächlich in Asturien 30.000 politische Gefangene gemacht. 1934 fand auch der Unmut einer anderen Bevölkerungsschicht Ausdruck. Reiche, Aristokraten und hohe Militärs bildeten die faschistische Falange. In diesem aufgeheizten Klima verbrachte Durruti die Zeit entweder hinter Gittern, bei der Beteiligung an Aufständen oder mit Organisatorischem wie z.B. dem Transport von Kindern von Streikenden in sichere Regionen in die Obhut solidarischer Familien.

Bürgerkrieg und Revolution

Dann, im Februar 1936, kam mit der sogenannten "Volksfront" mit der Wahlbeteiligung der CNT/FAI-Mitglieder, die erstmalig nicht zum Wahlboykott aufriefen, eine linke Regierung jedoch ohne Kommunisten ins Amt. Die "Volksfront" hatte zwar die Freilassung der politischen Gefangenen zum Programm doch wurden anarchistische Aktionen wie z.B. Enteignungen und Kollektivierungen weiterhin bekämpft, die hoffnungsvolle Erwartung einer sozialen Revolution sollte durch sie also nicht erfüllt werden. Zusätzlich terrorisierten die Falangisten die Bevölkerung vergleichbar mit der SA in Deutschland oder den Schwarzhemden Italiens. Und am 17.Juli 1936 begann der "Aufstand der Generäle" mit der Mobilisierung der Armee durch General Franco von spanisch-Marokko ausgehend. Die Militärs, die Falange, die (Land)Aristokratie und die katholische Kirche hatten sich verbündet, um in Spanien den Faschismus zu etablieren. Dabei ist das Ganze nicht einmal als Putschversuch gegen die Regierung zu betrachten, denn bei allen Zugeständnissen war die vorläufige Verteidigung Spaniens zu großen Teilen ein Verdienst der anarchistischen Bürgermilizen und der CNT/FAI-Kolonnen, Katalonien z.B. wurde ausschließlich von ihnen gehalten. Am 19. Juli erreichte der Aufstand Barcelona, dem derzeitigen Aufenthaltsort Durrutis und Ascasos. Anarchisten und Trotzkisten eroberten an diesem Tag die örtliche Kaserne und zwangen die Faschisten trotz waffentechnischer Unterlegenheit zur Aufgabe. Bei diesen Gefechten kam Francisco Ascaso ums Leben. Weitere von den Faschisten gehaltene Gebäude konnten unter starken Verlusten gestürmt werden, sodaß die Stadt am Abend des 20. befreit war. Den nächsten Tag statteten Durruti und Garcia Oliver dem Präsidenten der katalanischen Regierung Companys einen Besuch ab, der es sich wie in der Politik üblich nicht nehmen ließ, die Anarchisten zu rühmen und den Erhalt seines Amtes behaupten zu wollen. Garcia ließ sich zwar einwickeln und wurde - man höre und staune - der erste "anarchistische" Minister der Welt und zwar Justizminister. Stattdessen errichtete man eine antifaschistische Zentrale mit Delegierten der CNT (u.a. Garcia Oliver), FAI (u.a. Franciscos Bruder Joaquin Ascaso), UGT, POUM (Trotzkisten) und auch einigen Republikanern. Durruti bekam die Aufgabe der Organisation der Miliz, so entstand die heute berühmte "Durruti-Kolonne".

Die Kämpfe und das Ende

Am 23. Juli 1936 rückten zwei bewaffnete Kolonnen aus Barcelona zur Befreiung Zaragozas aus, eine von ihnen war die von Durruti geführte aus ca. 1.000 Milizsoldaten bestehende. Doch weitere Freiwillige, zumeist Anarchisten, Sympathisanten und Mitglieder der CNT, ließen sie bald auf 8.000 bis 10.000 Mann (und Frauen! Anm.) anwachsen. Zaragoza wurde eingenommen und Aragonien somit aus der faschistischen Kontrolle befreit. In den befreiten Gebieten wie Katalonien und Aragonien wurden Kommunen eingerichtet und der libertäre Kommunismus, also die Anarchie, ausgerufen. Die Beteiligung am kommunalen Leben war größtenteils, bis auf die Ermordung oder Vertreibung der Großgrundbesitzer, freiwillig. Nach Aussagen verschiedener Buchautoren wie auch Zeitzeugen, Augustin Souchy beispielsweise, konnte so die Produktivität trotz des Krieges erheblich gesteigert werden. Darin, in der Gleichzeitigkeit von Krieg und sozialer Revolution, allerdings waren sich Kommunisten und Anarchisten uneinig und es waren letztlich Kommunisten, die die Kollektive wieder zerstörten und damit den Sieg der Faschisten besiegelten. Die Belagerung Madrids durch Francos Truppen begann am 8. November 1936. Franco wurde, wie bekannt sein sollte, von Hitlerdeutschland (Legion Condor) und Italien militärisch unterstützt. Auch das von Republikanern, Kommunisten und einigen internationalen Brigaden gehaltene Madrid wurde ab dem 16. November von den Deutschen bombardiert. So wurden in nur drei Tagen 1.000 Menschen getötet, Madrid war beinahe vom Rest Spaniens abgeschnitten. Durruti entschied, mit einem Teil seiner Kolonne - ca. 4.000 Soldaten - Richtung Madrid zu marschieren, was mit ihrer Ankunft in Madrid besonders der Moral der Belagerten half. Doch am 20. November 1936 starb Buenaventura Durruti an den Folgen einer Schußverletzung vom Vortag - und hier gibt es bis zu vier Versionen des genauen Hergangs. Seine Leiche wurde am 22. nach Barcelona gebracht, am nächsten Tag fand die größte Trauerfeier der Geschichte Barcelonas statt, um die 500.000 Menschen (!) bevölkerten die Straßen mit schwarz-roten Fahnen, ausgestreckter Faust und Plakaten mit dem Ruf nach Rache. Man sagt, als er starb, besaß Durruti nichts weiter als seine Klamotten, zwei Pistolen, eine Sonnenbrille und ein Fernglas.

Durruti meldet sich zu Wort

In einem Gespräch mit Emma Goldman sagte er: "Ich war mein ganzes Leben lang Anarchist. Ich hoffe, ich bin auch einer geblieben. Ich empfinde es als bedauerlich doch tatsächlich musste ich zu einem General werden und Männer mit militärischer Hand befehligen... Ich glaube, wie ich es immer getan habe, an die Freiheit. Die Freiheit, die sich auf das Empfinden von Verantwortung stützt. Ich erachte Disziplin als unersetzlich, aber es muß eine innere Disziplin sein, erwachsen aus einem gemeinnützigen Ziel und dem Gefühl der Kameradschaft."

Ein Interview mit Pierre van Paasen vom "Toronto Star" enthält folgende Überlegungen zur Situation nach der Befreiung Aragoniens: "Unser Anliegen ist es, den Faschismus ein für allemal zu zerstören. Und das ungeachtet der Regierung. Keine Regierung der Welt bekämpft Faschismus bis zum Tod. Wenn die Bourgeoisie sieht, daß ihnen ihre Macht entgleitet, greift sie auf den Faschismus zurück, um sie zu erhalten. Die liberale Regierung Spaniens hätte die faschistischen Elemente schon längst unschädlich machen können. Stattdessen hat man sich zusammengetan und ist Kompromisse eingegangen. Auch jetzt noch gibt es Leute in der Regierung, die mit den Rebellen schonend umgehen wollen (bzw. ihnen entgegenkommen wollen)." Und hier lachte Durruti. "Man kann ja nie so genau sagen, wissen Sie, ob sie sie nicht noch brauchen könnten, um die Arbeiterbewegung zu zerschlagen... Wir wissen was wir wollen. Es hat für uns keinerlei Bedeutung, daß es da irgendwo eine Sowjetunion gibt, die unter Stalin zur Wahrung ihres Friedens und ihrer Ruhe die Arbeiter Deutschlands und Chinas an die faschistischen Barbaren geopfert hat. Wir wollen eine Revolution hier in Spanien, genau jetzt, und nicht etwa nach dem nächsten europäischen Krieg. Wir bereiten Hitler und Mussolini weitaus mehr Sorgen als die ganze rote Armee Rußlands. Wir geben der deutschen und italienischen arbeitenden Klasse ein Beispiel dafür, wie man mit Faschismus umzugehen hat."

"Aber", unterbrach van Paasen ihn, "ihr werdet inmitten eines Trümmerhaufens stehen." Durruti antwortete: "Wir haben immer in Slums oder Wandnischen gelebt. Wir werden uns für eine Zeit lang unterzubringen wissen. Denn, das sollten Sie nicht vergessen, wir können ja bauen. Wir, die Arbeiter, haben all diese Paläste und Städte in Spanien, Amerika und überall sonst gebaut. Wir, die Arbeiter, können neue an ihrer Stelle bauen. Und bessere! Wir fürchten uns nicht im geringsten vor den Ruinen. Wir werden die Erben der Erde sein, da gibt es nicht den leisesten Zweifel. Die Bourgeoisie mag ihre Welt zerstören und ruinieren bevor sie die Bühne der Geschichte verlassen. Wir tragen eine neue Welt in uns, in unseren Herzen. Diese Welt wächst bereits in dieser Minute."

Schlußbetrachtung

Nach weiterer Lektüre, werde ich vielleicht noch zu weiteren Bemerkungen meinerseits kommen. Bisher sei nur gesagt, daß Durruti es nicht leicht mit seinen Aktionen nahm. Schließlich entsprechen Morde oder eine ausgeprägte Hierarchie nicht ganz den anarchistischen Idealen. Ich habe mal gehört, Richtlinien seien zur Orientierung da, nicht um den Menschen das Denken abzunehmen. Denn wenn es keine Menschen mehr gibt, die sich an bestimmte Richtlinien halten wollen oder können, wozu wären sie dann noch gut? Das viel mir dazu ein, daß ein Anarchist eigentlich keinen anderen Menschen in irgendeiner Weise einschränken sollte. (Und Tod ist schon eine ziemlich grobe Einschränkung des Lebens...) Wie sonst hätte man aber die Anarchie mit ihren bäuerlichen Wurzeln verteidigen sollen?

Originaltext: www.durruti.de/daten/durruti.htm (kleine Änderungen bei der Rechtschreibung)