Was ist Faschismus? Teil 3: Das Franco-Regime

Die politische und soziale Entwicklung Spaniens bis zum Franco-Putsch 1936. Nationalstaatsbildung im Zeichen des Kreuzes

Als Geburtsjahr des spanischen Nationalstaates gilt 1479. Den Weg hierzu ebnete die 10 Jahre zuvor geschlossene Ehe zwischen Ferdinand II. von Aragón und Isabella I. von Kastilien. Die Nationalstaatsbildung vollzog sich im Rahmen eines Prozesses aggressiver Christianisierung. So fiel Anfang 1492 mit Granada die letzte Bastion maurischer Herrschaft auf der iberischen Halbinsel. Das bald darauf erlassene Alhambra-Edikt vertrieb alle sich der Zwangstaufe verweigernden BewohnerInnen muslimischen und jüdischen Glaubens aus Spanien.

Aufstieg zur Weltmacht und Hort der Gegenreformation

1516 bestieg der römisch-deutsche Kaiser Karl V. als Karl I. den Königsthron. Während der Regentschaft des Habsburgers etablierte sich Spanien im Zuge kolonialer Eroberungen auf dem amerikanischen Kontinent als See- und Weltmacht. Im Konflikt der katholischen Kirche mit der Reformationsbewegung wahrte das Königreich strikte Loyalität zum Papsttum, so dass es sich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zum Zentrum der Gegenreformation entwickelte. 1580 fiel Portugal an das spanische Imperium, das hiermit den Zenit seiner territorialen Ausdehnung erreicht hatte.

Schleichender Niedergang einer Kolonialmacht

Häufige kriegerische Auseinandersetzungen in Übersee und Europa zehrten jedoch an der Substanz des Königreiches, dessen Stern schon bald darauf zu sinken begann. So erlitt die spanische Armada 1588 im Atlantik eine schwere Niederlage gegen die englische Flotte, wenige Jahrzehnte später ging Portugal an Frankreich verloren, im 18. Jahrhundert endete auch die Herrschaft über die Niederlande. 1808 besetzten gar auf Befehl Napoleons I. französische Verbände Spanien. Erst in einem sechsjährigen Guerillakrieg gelang mit englischer Unterstützung die Vertreibung der Besatzungstruppen. Die zunehmende militärische Schwäche der einstigen Weltmacht blieb auch den amerikanischen Kolonien nicht verborgen, die sich mit Ausnahme Kubas und Puerto Ricos bis 1824 allesamt von Spanien lösten. Der endgültige Todesstoß wurde dem Kolonialreich im Rahmen des Spanisch-Amerikanischen Krieges von 1898 versetzt, in dessen Verlauf Spanien neben Kuba und Puerto Rico auch die Philippinen einbüßte.

Innenpolitische Grabenkämpfe

Die sich im Laufe des 19. Jahrhunderts beschleunigende außenpolitische Schwächung Spaniens ging mit massiven innergesellschaftlichen Konflikten einher. Ein Schlüsselereignis war in diesem Zusammenhang die Verabschiedung der vergleichsweise fortschrittlichen Verfassung von Cádiz 1812. Nach Abzug der napoleonischen Truppen gedachte Ferdinand VII. zur absolutistischen Herrschaftsausübung zurückzukehren. Nur mit französischer Waffenhilfe vermochte der König im Herbst 1823 den Widerstand der liberalen Kräfte zu brechen. Als Ferdinand VII. 1833 starb, entbrannte um die Frage der Thronfolge der erste von drei so genannten Carlistenkriegen. Während die für ihre minderjährige Tochter Isabella regierende königliche Witwe Maria Christina sich des Rückhalts des liberalen Lagers versicherte, scharten sich um Ferdinands Bruder Carlos die konservativen und kirchlichen Kreise. 1840 setzten sich die fortschrittlichen Kräfte schließlich durch, was aber nur einen Etappensieg bedeutete. Im Zuge weiterer gewaltsamer Kämpfe lösten verschiedene Regierungsformen einander ab, bis 1874 eine konstitutionelle Monarchie installiert wurde, die sich unter der Herrschaft der Könige Alfons XII. und Alfons XIII. bis 1931 halten sollte. Gravierende gesellschaftliche Spannungen verhinderten allerdings eine nachhaltige Stabilisierung der innenpolitischen Lage.

Pseudodemokratische Zustände

Die Möglichkeiten parlamentarisch-demokratischer Teilhabe bestanden in Spanien auch nach Einführung des allgemeinen Wahlrechtes für Männer 1890 größtenteils nur auf dem Papier. Ursächlich war hierfür insbesondere im ländlichen Raum das so genannte Kazikentum („Caciquismo“). Die politischen Strippen zogen im Rahmen dieses nach indigenen Anführern bzw. Adligen in Mittel- und Südamerika benannten Klientelsystems örtliche Autoritäten, häufig GroßgrundbesitzerInnen oder Pfarrer, die Wahlen fälschten und zur Durchsetzung ihrer Macht- und Wirtschaftsinteressen Verbindungen nach oben spielen ließen.

Soziale Gegensätze und Kämpfe

Als permanenter innenpolitischer Unruhefaktor wirkte sich im Spanien des von 1874 bis 1931 andauernden Alfonsinischen Zeitalters die extreme Gegensätzlichkeit der Wirtschafts- und Lebensverhältnisse aus. Mit Ausnahme Kataloniens und des Baskenlandes, wo Autonomiebestrebungen zusätzliches Konfliktpotenzial bargen, war ein umfassender Industrialisierungsprozess ausgeblieben, so dass rückständige Agrarstrukturen weite Landesteile dominierten. Die Kluft zwischen Arm und Reich schien auf gewaltfreiem Weg unüberbrückbar, da sich die Eliten des industriellen wie des landwirtschaftlichen Sektors substanziellen sozialen Zugeständnissen verweigerten. Unterstützung erhielten sie durch den katholischen Klerus, der seit Jahrhunderten eine Vormachtstellung innerhalb des Bildungsbereiches genoss und fortschrittliches Gedankengut aggressiv bekämpfte.

An eine lange Tradition sozialer Kämpfe anknüpfend, formierte sich eine starke, direkte Konfrontationen nicht scheuende Arbeiterbewegung, die allerdings in zwei Hauptrichtungen gespalten war. Zur größten Bedrohung für die Privilegien der Herrschenden avancierten die anarchosyndikalistischen Kräfte, die sich 1910 zur Nationalen Konföderation der Arbeit (Confederación Nacional del Trabajo = CNT) zusammenschlossen. Diese sozialrevolutionäre Gewerkschaft lehnte konsequent die Teilnahme an Wahlen ab und betrachtete stattdessen Massenstreiks, Landbesetzungen und militante Aktionen als notwendige Schritte zur Ermöglichung eines Lebens in Gleichheit und Freiheit. Die CNT konkurrierte mit der Allgemeinen Arbeiter-Union (Unión General de Trabajadores = UGT), dem gewerkschaftlichen Arm der 1879 aus der Taufe gehobenen Sozialistischen Arbeiterpartei Spaniens (Partido Socialista Obrero Español = PSOE). UGT und PSOE strebten offiziell die Diktatur des Proletariats im Sinne der marxistischen Lehre an, verfolgten faktisch zumeist aber einen eher reformorientierten Politikansatz. Zu einer Verschärfung der sozialen Frage führte der Erste Weltkrieg, obwohl Spanien Neutralität wahrte und durch Ausfuhr von Rohstoffen und Agrarerzeugnissen einen Wirtschaftsaufschwung erfuhr.

1917 initiierten CNT und UGT einen gemeinsamen Generalstreik, der sich als Auftakt einer mehrjährigen Periode sozialer Auseinandersetzungen z.T. bürgerkriegsartigen Charakters erweisen sollte. Allein in Katalonien, einer Stammregion der CNT, fielen von 1919 bis 1923 um die 700 Menschen polizeilichem Terror, von UnternehmerInnen bezahlten Pistoleros sowie politischen Attentaten zum Opfer. Zeitgleich sah sich das Königreich in Spanisch-Marokko in einen blutigen, langwierigen Kolonialkonflikt mit aufständischen Rifkabylen verwickelt. Allein in der Schlacht von Annual ließen 1921 mehr als 9.000 spanische Soldaten ihr Leben. Angesichts dieser auf innenwie außenpolitischer Ebene prekären Lage vollzog sich im September 1923 auf Drängen der besitzenden Klasse und mit königlicher Billigung die Errichtung einer Militärdiktatur.

Die Diktatur Primo de Riveras

Als Präsident eines Offiziers-Direktoriums, das 1925 einer autoritären Zivilregierung („Directorio Civil“) Platz machte, schwang sich General Miguel Primo de Rivera y Orbaneja (1870-1930) zum Diktator Spaniens auf. In Militärkreisen war der neue Mann an der Staatsspitze durchaus nicht unumstritten, erwarb sich aber durch die 1927 abgeschlossene Befriedung Spanisch-Marokkos vorübergehende Loyalität. Innenpolitisch verband Primo de Rivera erheblichen Repressionsdruck mit dem Heischen um gesellschaftliche Bündnispartner sowie Maßnahmen zur Wirtschaftsbelebung und Modernisierung. Das Parlament wurde aufgelöst, die CNT verboten. Aus den Reihen der im Untergrund weiterhin aktiven Gewerkschaft ging allerdings mit der 1927 gegründeten Iberischen Anarchistischen Föderation (Federación Anarquista Ibérica = FAI) ein Zusammenschluss militanter, auf die Beibehaltung eines strikt sozialrevolutionären Kurses drängender AnarchosyndikalistInnen hervor. Der Versuch des Diktators, sich in Gestalt der 1924 unter dem Motto „Religion, Vaterland und Monarchie“ als Einheitspartei aus dem Boden gestampften „Patriotischen Union“ („Unión Patriótica“ = UP) eine Massenbasis zu verschaffen, schlug fehl. Mehr Erfolg war seinen Bemühungen beschieden, neben der katholischen Kirche auch die Sozialdemokratie auf seine Seite zu ziehen. Um ihre Position auf Kosten der CNT zu stärken, kollaborierte die UGT mit der Militärdiktatur und warb bei der Arbeiterschaft für die neue Wirtschaftspolitik, die u. a. einen Umund Ausbau der Verkehrs-, Telekommunikationsund Finanzinfrastruktur beinhaltete. Die 1929 einsetzende Weltwirtschaftskrise machte jedoch auch vor Spanien nicht Halt und die Früchte des Reformprogramms zunichte, woraufhin Primo de Riveras ohnehin geringer Rückhalt innerhalb der Bevölkerung dramatisch schwand. Als sich selbst die spanische Generalität von ihm abzuwenden begann, reichte der Diktator Anfang 1930 bei Alfons XIII. seinen Rücktritt ein und begab sich ins Exil nach Frankreich, wo er bald darauf starb. Der König konnte sich nur ein knappes weiteres Jahr an der Macht halten. Nach einer allgemein als Votum gegen die Monarchie gewerteten Kommunalwahl und der Ausrufung der Republik am 14. April 1931 kehrte auch er Spanien den Rücken.

Spanien 1931 bis 1936 – Republik, Revolution oder Reaktion? Das Scheitern des republikanischen Reformbündnisses

Ergebnis der Ende Juni 1931 abgehaltenen Wahlen zu den Cortes, dem aus den Reichsständen hervorgegangenen Parlament, war die Bildung einer Regierungsallianz aus PSOE und mehreren bürgerlich-republikanischen Parteien. Die Koalition gemäßigt sozialistischer und liberaler Kräfte nahm eine Reihe von Reformvorhaben in Angriff. So führte sie etwa das Frauenwahlrecht ein, gewährte Katalonien ein Autonomiestatut, wirkte auf eine Trennung von Politik und Militär hin, beschnitt den gesellschaftlichen Einfluss der katholischen Kirche und ergriff eine Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung der unhaltbaren Zustände im Bereich der Landwirtschaft, z.B. die Übergabe brachliegender Ackerflächen an landlose DorfbewohnerInnen. Gerade die Bodenreform aber ging einem Großteil der Bevölkerung nicht weit genug. Das zögerliche Regierungshandeln in dieser Frage war Wasser auf die Mühlen der CNT, die weiterhin im Zuge von Streiks und lokalen Aufständen auf eine soziale Revolution hinarbeitete. Die Brutalität der zur Niederschlagung solcher Aktionen staatlicherseits eingesetzten Gewalt, welche Anfang 1933 allein im südandalusischen Casas Viejas 24 Todesopfer forderte, belastete zunehmend das schließlich im Herbst 1933 zerbrechende Regierungsbündnis.

Die Mitte-Rechts-Koalition auf Anti-Reformkurs

Während die politische Linke untereinander zerstritten war, schlossen sich konservative Kreise im Vorfeld der Parlamentswahlen vom November 1933 unter der Führung des dem Katholizismus verpflichteten Rechtsanwalts José María Gil-Robles y Quiñones (1898-1980) zum „Spanischen Bündnis Autonomer Rechter“ („Confederación Española de Derechas Autónomas“ = CEDA) zusammen. Auf diese Weise wurde der Weg für die Bildung einer Mitte-Rechts-Koalition geebnet, die wesentliche Reformmaßnahmen der Vorgängerregierung, darunter das Agrarreformgesetz, stoppte bzw. aufhob. Die CNT intensivierte daraufhin ihre ohnehin regen Umsturzaktivitäten, aber auch die UGT radikalisierte sich nun, da die Sozialdemokratie sich in der Opposition befand, zusehends. Im Oktober 1934 trugen beide Massengewerkschaften einen in Asturien von Bergarbeitern entfesselten Aufstand mit, dessen Bekämpfung die Mitte-Rechts-Regierung der in Marokko stationierten spanischen Fremdenlegion überließ. Die Kommandogewalt übte General Francisco Franco (1892-1975) aus, der nicht vor dem Einsatz schwerer Artillerie und Luftbombardements zurückschreckte. Die schockierende Bilanz des gegen die Aufständischen statuierten Exempels belief sich auf rund 3.000 Tote, 7.000 Verwundete und zahllose Verhaftungen. Für Franco hingegen zahlte sich die Rücksichtslosigkeit seines Vorgehens aus, denn im folgenden Jahr wurde er zum Oberbefehlshaber der spanischen Armee berufen.

Formierung faschistischer Organisationen

Verstärkt wurde der Prozess innergesellschaftlicher Polarisierung durch die Entstehung deutliche faschistische Merkmale aufweisender Gruppen. Hierzu zählte z. B. die im Umfeld des Carlismus angesiedelte, also der im Thronfolgestreit des 19. Jahrhunderts unterlegenen Seitenlinie des Königshauses die Treue haltende „Traditionalistische Glaubensgemeinschaft“ („Comunión Tradicionalista“). Letztere vereinte ihr rückwärtsgewandtes Bekenntnis zum Katholizismus mit strikt antikommunistischen und demokratiefeindlichen Positionen sowie einer von Verschwörungstheorien gespeisten Ablehnung des Freimaurertums (Antimasonismus). Bemerkenswerterweise hing die „Traditionalistische Glaubensgemeinschaft“ zudem einem massiven Antisemitismus an, obwohl seit der Vertreibung nichtchristlicher BewohnerInnen im Jahr 1492 kaum noch Menschen mit jüdischen Wurzeln in Spanien lebten. Das Vorhandensein einer Parteimiliz, der so genannten Requeté („Rekrut“), rundete das Bild einer faschistischen Vereinigung ab. Über paramilitärische Einheiten, deren Mitglieder blau uniformiert auftraten, verfügte ebenfalls die 1934 aus drei kleineren Gruppierungen gebildete „Spanische Phalanx der Vereinigungen der Nationalsyndikalistischen Offensive“ („Falange Espanola de las Juntas de Ofensiva Nacional Sindicalista“). Die am Vorbild des italienischen Faschismus orientierte „Falange“ ließ schon äußerlich die für viele faschistische Organisationen typische Verbindung der Arbeiterbewegung entlehnter Denkansätze mit tiefen Griffen in den jeweiligen nationalen Geschichtsund Mythenbestand erkennen. So kombinierte sie in ihrer Fahne das Rot-Schwarz des Anarchosyndikalismus mit dem auf die Herrschaft des katholischen Königspaars Ferdinand II. und Isabella I. verweisenden Joch-und-Pfeile-Symbol. Entsprechend fand sich im Rahmen des 27 Punkte umfassenden Programms der „Falange“ neben dem Ruf nach nationaler Einheit und imperialer Größe Spaniens der bereits im Parteinamen anklingende Entwurf eines „nationalsyndikalistischen“ Wirtschaftsmodells, das als dritter Weg zwischen Kommunismus und Kapitalismus im Zuge des Aufbaus eines „organischen“, nach Produktionszweigen geordneten Systems „vertikaler Syndikate“ ArbeitnehmerInnen wie ArbeitgeberInnen einbinden sollte.

Weder im konservativen Milieu noch bei der Arbeiterschaft stieß allerdings das Konzept des „Nationalsyndikalismus“ auf nennenswerte Resonanz. Größere Mobilisierungserfolge erzielte die „Falange“ zunächst lediglich bei Studierenden sowie Angehörigen der städtischen Mittel und Oberschicht, so dass sie sich im Rahmen der Parlamentswahl vom Februar 1936 noch mit knapp 40.000 Stimmen begnügen musste. Erst im Vorfeld und während des Bürgerkrieges vermochte die sich betont aggressiv gebärdende Organisation ihre Anziehungskraft rasant zu steigern: Betrug ihre Mitgliederzahl Anfang 1936 noch rund 25.000, schoss sie 1937 bis auf knapp 240.000 in die Höhe. José Antonio Primo de Rivera (1903-1936), Sohn des 1930 abgetretenen Militärdiktators und unbestrittene Führungspersönlichkeit der „Falange“, war zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits tot, als Putschist abgeurteilt und hingerichtet durch die republikanische Justiz.

Der Spanische Bürgerkrieg und Francos Aufstieg zum „Caudillo“

Interne Machtkämpfe und Korruptionsaffären mündeten 1935 in den Zerfall der Mitte-Rechts-Regierung. Zur Verhinderung eines nochmaligen Triumphs der rechten Kräfte schlossen sich alle linken sowie republikanischen Parteien, darunter die in Bezug auf ihre Mitgliederzahl im Schatten von PSOE und CNT-FAI stehende Kommunistische Partei Spaniens (Partido Comunista de España = PCE), vor den am 16. Februar 1936 durchgeführten Neuwahlen zu einem auch von anarchosyndikalistischer Seite unterstützten Wahlbündnis, der „Volksfront“ („Frente Popular“), zusammen. Letztere setzte sich im Rahmen des Urnengangs gegen ihr rechtes Pendant, die „Nationale Front“ („Frente Nacional“) durch, ohne dann aber eine die prekäre innenpolitische Lage stabilisierende Autorität zu entfalten. Die Bodenreform wurde wieder in Angriff genommen, verlief aber aus Sicht linksradikaler Gruppen vor Ort zu schleppend. Zahlreiche Angehörige der besitzlosen Bauernschaft griffen daher zum Mittel „wilder“ Landbesetzungen. Innerhalb des der „Volksfront“-Regierung kategorisch die Legitimität absprechenden Lagers der extremen Rechten wurden derweil umso intensiver Umsturzpläne geschmiedet. Die neue Staatsspitze bemühte sich um die Eindämmung der Putschgefahr, indem sie als republikfeindlich eingestufte Offiziere auf möglichst weit von den Zentren der Macht entfernte Posten abschob. So musste z. B. Franco den Oberbefehl über die spanischen Streitkräfte gegen das Kommando über die Kanarischen Inseln eintauschen. Gemeinsam mit weiteren nationalistischen Generälen wie José Sanjurjo (1872-1936) und Emilio Mola (1887-1937) trieb er nichtsdestotrotz die Umsturzvorbereitungen voran.

Als Signal zum Losschlagen diente den Putschisten die Tötung des 1893 geborenen Monarchistenführers José Calvo Sotelo am 13. Juli 1936. Der Militäraufstand begann 4 Tage später in Spanisch-Marokko. Nach seinem Eintreffen aus Teneriffa übernahm Franco tags darauf die Befehlsgewalt über die dort stationierten Truppen, die jedoch zunächst in Ermangelung ausreichender Transportkapazitäten nicht in den im Mutterland entbrannten Bürgerkrieg eingreifen konnten. Aufständische Truppen errangen die Kontrolle über ein knappes Drittel des Staatsgebietes, wurden aber in der Hauptstadt Madrid ebenso wie in Katalonien und im Baskenland, den Schlüsselregionen der spanischen Industrie, durch erbitterten Widerstand aus den Reihen der Arbeiterbewegung, den in Barcelona unter hohen Verlusten insbesondere AktivistInnen der CNT-FAI leisteten, und republiktreue Armeeverbände zurückgeschlagen. Als sich ein Scheitern des Putsches abzuzeichnen schien, erhielten die Verschwörer letztlich kriegsentscheidende Hilfe von zwei etablierten faschistischen Systemen. So ebneten das Deutsche Reich und Italien dem Afrika-Heer nicht nur im Zuge der Bereitstellung von Flugzeugen und Schiffen den Weg in die Kampfgebiete und lieferten Waffen, sondern ließen auch eigene Militäreinheiten zum Einsatz kommen. Traurige Berühmtheit erlangten hierbei die deutschen Luftwaffenverbände der „Legion Condor“, deren Bombardement am 26. April 1937 die baskische Stadt Guernica zerstörte und etwa 2.000 Menschenleben auslöschte. Es sollte bis zum 1. April 1939 dauern, ehe die unter massiven Ausrüstungsdefiziten leidende, durch blutige Konflikte zwischen anarchosyndikalistischer Bewegung sowie der deren Bestrebungen um Forcierung der sozialen Revolution auf Weisung der Sowjetführung hintertreibenden PCE zusätzlich geschwächte antifaschistische Gegenwehr endgültig gebrochen war. Parallel zum schrittweise erfolgenden Militärumsturz vollzog sich der Aufstieg Francos zur Leitfigur der putschistischen Kräfte sowie der von diesen getragenen Gegenregierung. Zumindest für die Position des militärischen Hauptverantwortlichen war ursprünglich General Sanjurjo vorgesehen, der aber am 20. Juli 1936 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam. Statt seiner kürte eine Junta aufständischer Offiziere rund zwei Monate später Franco zum „Generalissimus der nationalen Land-, Seeund Luftstreitmacht“. Mit dem Beinamen „El Caudillo“ („Der Führer“) versehen, trat Franco zudem an die Spitze eines am 1. Oktober 1936 in Burgos seitens nationalistischer Kreise proklamierten Staatsgebildes. Als eigentliches Geburtsdatum des franquistischen Herrschaftssystems gilt der 19. April 1937. An diesem Tag nämlich wurden ungeachtet z.T. sehr unterschiedlicher programmatischer Ausrichtungen alle am Putsch beteiligten politischen Gruppierungen, darunter die carlistische „Glaubensgemeinschaft“ und die „Falange“, zu einer Einheitspartei, der auch als „Nationale Bewegung“ („Movimiento Nacional“) umschriebenen „Spanischen Traditionalistischen Phalanx der Vereinigungen der Nationalsyndikalistischen Offensive“ („Falange Española Tradicionalista y de las Juntas de Ofensiva Nacionalsindicalista“ = FET y de las JONS), zusammengefasst. Die Statuten der einzigen noch im „nationalen Spanien“ erlaubten Partei garantierten Franco absolute Kontrolle über die Entwicklung der politischen Monopolorganisation. Ein Anfang 1938 erlassenes Gesetz über den Staatschef stattete ihn ferner mit uneingeschränkter Gesetzgebungskompetenz und dem Recht, persönlich die Mitglieder der Regierung zu ernennen, aus.

Bald darauf bildete er einen „Ministerrat“ („Consejo de Ministros“), aus dem die einzige auf seine Entscheidungen nachhaltigeren Einfluss nehmende Machtinstanz des Franquismus erwachsen sollte. In diesem Organ waren ähnlich wie innerhalb der FET y de las JONS sämtliche Kräfte der heterogenen antirepublikanischen Zweckallianz vertreten, so dass es die Interessen nationalistischer Generäle, reaktionärer Kirchenkreise, die Sicherung ihrer Privilegien und Profite anstrebender Wirtschaftseliten, der um Wahrung ihres revolutionären Anstriches bemühten „Falange“ sowie miteinander konkurrierender monarchistischer Gruppierungen auszubalancieren galt.

Die franquistische Weltanschauung

Bei seiner Ernennung zum Herrscher „Nationalspaniens“ verfügte Franco auch nicht ansatzweise über eine festgefügte politische Programmatik oder Ideologie. So ergab sich die weltanschauliche Unterfütterung der von ihm 1936 anlässlich seiner Antrittsrede zum Staatschef angekündigten „Einführung der strengsten Grundsätze der Autorität“ aus seiner Antihaltung gegenüber bestimmten gesellschaftlichen Feindbildern, seinem von Begriffen wie „Vaterland“, „Religion“, „Einheit“ und „Ordnung“ geprägten Wertekanon sowie diversen von ihm geteilten oder zumindest akzeptierten Anliegen der Fraktionen des nationalistischen Bündnisses. Als einigendes Band der Zweckallianz diente ein rigider Antikommunismus. Gebetsmühlenartig beschwor Franco zur Rechtfertigung des Militärputsches die „rote Gefahr“ und erklärte den unter seiner Führung installierten Herrschaftsapparat zum Bollwerk gegen den Kommunismus. Propagandistische Unterstützung erfuhr er in diesem Zusammenhang durch den mit ihm verbündeten spanischen Klerus, der den Putsch im Zuge der Stilisierung zu einem antikommunistischen „Kreuzzug“ mit religiösen Weihen versah. Nicht minder groß war Francos Ablehnung des Freimaurertums. So deutete „El Caudillo“ allen Ernstes nahezu jede mit seinen Wertvorstellungen kollidierende Entwicklung der jüngeren Weltgeschichte als Resultat kommunistischer Umtriebe oder einer internationalen Freimaurerverschwörung. Sein sich nach eigenem Bekunden in totalitären Bahnen bewegendes Denken war darüber hinaus strikt antidemokratisch und antiliberal ausgerichtet. Als positiven Bezugsrahmen nutzte das Franco-Regime einen mit historischen Verweisen auf die imperiale Vergangenheit Spaniens operierenden Nationalismus.

Hiermit eng verknüpft waren die dem Militär sowie der katholischen Kirche bei der franquistischen Gesellschaftsdurchdringung zugedachten tragenden Rollen. Regionale Autonomiebestrebungen hingegen wurden als Bedrohung der nationalen Einheit unterdrückt. Auf wirtschaftspolitischer Ebene trug Franco unter Tilgung ihrer potenziell revolutionären Gehalts den „nationalsyndikalistischen“ Ideen des „Falangismus“ Rechnung, indem er 1938 die „Charta der Arbeit“ („Fuero del Trabajo“) erließ. Hierin wurde die Zwangsmitgliedschaft aller Unternehmer und Beschäftigten in den „Grundsätzen der Einheit, Totalität und Rangordnung“ gehorchenden „Vertikalsyndikaten“ verfügt. Die Leitungsfunktionen dieser ohnehin weitgehend auf repräsentative Aufgaben beschränkten berufsständischen Korporationen blieben Vertretern der Staatspartei vorbehalten. Da Streiks und sonstige gewerkschaftliche Aktivitäten kriminalisiert wurden, war eine unabhängige Wahrnehmung proletarischer Interessen im von Franco proklamierten „Neuen Staat“ („Estado nuevo“) allenfalls in der Illegalität möglich. Im Sinne des ebenfalls in der „Charta der Arbeit“ verkündeten Vorrangs staatlicher gegenüber ökonomischen Belangen betrieben vom Franco-Regime geschaffene Einrichtungen wie das „Nationale Institut zur Förderung der inneren Kolonisation“ („Instituto Nacional de Colonización“) und das „Nationale Institut für Industrie“ (Instituto Nacional de Industria“) eine dirigistische Wirtschaftspolitik, mit der ein Zustand der Autarkie, also Importunabhängigkeit, erreicht werden sollte.

Die z.B. in Form von Lohn- und Preisfestsetzungen vorgenommenen Eingriffe waren für die Wirtschaftseliten aber keineswegs mit Einbußen verbunden. Besonders die vor unliebsamer Konkurrenz geschützten GroßgrundbesitzerInnen und Banken profitierten vielmehr massiv vom franquistischen Wirtschaftskurs. Insgesamt jedoch mündeten „Nationalsyndikalismus“ und Autarkiepolitik in eine ökonomische Dauerkrise und desolate Versorgungslage, so dass Anfang der 1950er Jahre notgedrungen eine Marktliberalisierung eingeleitet wurde. Auf wirtschaftlichem Gebiet wie auch in allen übrigen Politikbereichen hing die jeweilige Regierungslinie stark vom aktuellen Kräfteverhältnis an der Staatsspitze, die sich nicht zuletzt in der Zusammensetzung des „Ministerrates“ niederschlug, ab. Etwa bis 1945 nahm die „Falange“ eine dominierende Stellung ein, was dem Franco-Regime den ausgeprägtesten faschistischen Charakter seines zirka 40-jährigen Bestehens verlieh. Als der „falangistische“ Einfluss zu Gunsten militärischer und kirchlicher Kreise schwand, begann sich Spanien eher in Richtung einer konservativ-autoritären Diktatur zu entwickeln. Ende der 1950er Jahre rückten dann vermehrt Angehörige der katholischen Laienorganisation „Opus Dei“ ins Zentrum der politischen Macht, die in Wirtschaftsfragen einen technokratischen Ansatz bevorzugten und den Prozess der ökonomischen Liberalisierung und Modernisierung forcierten. Die personifizierte Kontinuität in allen Phasen der Franco-Herrschaft stellte der Diktator selbst dar. Der im Mittelpunkt eines Führerkultes stehende „Caudillo“ konnte es sich leisten, 1947 im Rahmen eines „Nachfolgegesetzes“ („Ley de Sucesiön en la Jefatura del Estado“) Spanien wieder zu einer Monarchie zu erklären, danach aber noch 20 Jahre mit der Verabschiedung eines die institutionellen Grundlagen seiner Diktatur festschreibenden „Staatsorganisationsgesetzes“ („Ley Orgánica del Estado“) zu warten und die Ernennung des zukünftigen Königs bis 1969 aufzuschieben.

Repression und Terror

In der Zeit des Spanischen Bürgerkrieges wurden von beiden Konfliktparteien im Schatten der eigentlichen Kampfhandlungen Gewalt und Terror ausgeübt. Während es sich hierbei im Fall der republikanischen bzw. linksradikalen Kräfte überwiegend um spontane Übergriffe handelte, ging das „nationalspanische“ Lager sehr viel gezielter vor. So folgte auf jede militärische Eroberung im betreffenden Gebiet eine systematische „Säuberung“ von den Aufständischen vermeintlich feindlich eingestellten Personen. Allein in der Provinz Sevilla wurden 1936 um die 8.000 Menschen von der Terrorwelle verschlungen.

Nach Beendigung des Bürgerkrieges setzte sich der offene Terror des Franco-Regimes noch einige Jahre in Form willkürlicher Morde, offizieller Hinrichtungen sowie der Errichtung eines brutalen Lagerund Zwangsarbeitssystems fort. Insgesamt forderte die Repression der in Anlehnung an die Farbe der „Falange“ als „Blaue Periode“ bezeichneten Gründungsund Etablierungsphase der Franco-Herrschaft mindestens 200.000 Menschenleben.

Neutralität im Zweiten Weltkrieg

Trotz der erheblichen Unterstützung, die den Aufständischen während des Bürgerkrieges seitens der faschistischen Regime Deutschlands und Italiens zuteil geworden war, wahrte Spanien im Zweiten Weltkrieg Neutralität bzw. erklärte seine Nichtkriegsführung. Diese Entscheidung lag u. a. in der Weigerung des „Dritten Reiches“, auf spanische Forderungen nach umfassender Militärund Wirtschaftshilfe sowie Gebietszuwächsen einzugehen, und der Abhängigkeit des franquistischen Staates von britischen und US-amerikanischen Nahrungsmittelund Erdöllieferungen begründet. Eine Ausnahme war die ideologisch motivierte Beteiligung am deutschen Angriffskrieg gegen die UdSSR. So wurde die von rund 18.000 spanischen Freiwilligen gebildete „Blaue Division“ („División Azul“) ausgehoben, um letztlich erfolglos auf sowjetischem Boden gegen die Rote Armee zu kämpfen.

Die Phase internationaler Isolation

Nach dem Zweiten Weltkrieg galt Spanien in der internationalen Politik zunächst als eine Art Paria. Im Juni 1945 wurde dem Land die Aufnahme in die in Gründung befindliche UNO verweigert. Am 12. September 1946 riet die Vollversammlung der Vereinten Nationen gar zum diplomatischen Boykott Spaniens, da es sich um einen faschistischen, seine Etablierung maßgeblich dem „Dritten Reich“ sowie dem Mussolini-Regime verdankenden Unrechtsstaat handle. Fast alle Botschafter wurden daraufhin aus Madrid abgezogen. Der wenig später zwischen dem kapitalistisch und dem staatssozialistisch geprägten Machtblock voll entbrennende Kalte Krieg senkte jedoch im antikommunistischen Lager die Hemmschwelle für eine Annäherung an die Franco-Diktatur deutlich. Ein wichtiger Schritt bei der Überwindung der internationalen Isolation war der Abschluss eines Konkordats mit dem Vatikan am 17. August 1953. Der endgültige diesbezügliche Durchbruch gelang im darauffolgenden Monat in Form der Unterzeichnung eines bilateralen Vertrages mit den USA, der dem Franco-Regime als Gegenleistung für die Bereitstellung mehrerer Militärbasen auf spanischem Boden üppige Wirtschaftshilfe zusicherte. Ende 1955 schließlich folgte Spaniens Beitritt in die UNO.

Wirtschaftlicher Aufschwung bei politischer Stagnation

Die im Lauf der 1950er Jahre auf ökonomischem Gebiet in die Wege geleitete Liberalisierung und Modernisierung sorgte für einen nachhaltigen Wirtschaftsaufschwung, der sich etwa von 1960 bis 1964 in jährlichen Zuwachsraten von durchschnittlich 8,7 Prozent niederschlug. Die ökonomischen Reformmaßnahmen strahlten aber kaum auf die übrigen gesellschaftlichen Bereiche aus. Die Folgen waren eine Vielzahl trotz des staatlichen Verbots durchgeführter Streiks, allein 1963 gab es 777 Arbeitskonflikte, studentische Unruhen und gar zunehmende Irritationen im Verhältnis der Regierung zu Teilen der katholischen Kirche. Hinzu kam ein Wiedererstarken der regionalen Autonomiebewegungen, die im Baskenland mit einer Gewalteskalation einherging. Ein schwerer Schlag für das Franco-Regime war die Tötung des 1903 geborenen Regierungschefs Luis Carrero Blanco durch die linksnationalistische Untergrundorganisation „Baskenland und Freiheit“ („Euskadi Ta Askatasuna“ = ETA) am 20. Dezember 1973. Die Hoffnungen auf eine Anfang des darauffolgenden Jahres in Aussicht gestellte politische und kulturelle Öffnung wurden mit der Hinrichtung des 25-jährigen Anarchisten Salvador Puig Antich am 2. März 1974 weitgehend zunichte gemacht.

Francos Ende

Im Sommer 1969 regelte Franco nach jahrzehntelanger Ungewissheit in dieser Frage seine Nachfolge, indem er für den Fall seines Ablebens die Ernennung von Juan Carlos, des 1938 geborenen Enkels von Alfons XIII., zum König von Spanien ankündigte. Während der nächsten Jahre zeigte sich der „Caudillo“ körperlich und geistig immer weniger in der Lage, die diktatorischen Zügel weiterhin fest in der Hand zu halten. Nach einer Reihe von Herzinfarkten verfiel Franco im Herbst 1975 in Agonie, aus der er am 20. November durch Abschaltung der lebenserhaltenden Apparate erlöst wurde. Mit Auflösung der Staatspartei endete 1976 die franquistische Herrschaft, deren gründliche Aufarbeitung durch personelle und ideologische Kontinuitäten an Schalthebeln der politischen und gesellschaftlichen Macht allerdings noch lange verschleppt werden sollte.

fpf

Quellen:


Originaltext: Gai Dao Nr. 5, Zeitung der anarchistischen Föderation FdA- IFA (2011). Die Gai Dao ist im Downloadbereich oder auf der Homepage des Projekts jeweils als PDF downloadbar. Buch: Pfeiffer, Frank - Kurze Weltgeschichte des Faschismus