Kolinko - Flugblatt zur Anti-Globalisierungsmobilisierung

Dieses Flugblatt wurde von einigen Prols aus Rhein-Ruhr für die Anti-Globalisierungsdemo am 12. September 2002 in Köln geschrieben und dort verteilt.

Who the fuck is attac?

Auf jeden Fall die Guten. Für uns legen sie den Zeigefinger auf die Wunden, für uns bestimmen sie, gegen was wir - als Teil "ihrer" Bewegung - vorzugehen haben: den Ausverkauf des Bildungssystems, die Gesundheitsreform, die drohende Durchsetzung des Programms der Hartzkomission...

Für uns haben sie auch gleich das passende Feindbild parat: "neoliberale Globalisierung", "entfesselte Märkte" - und hinter all dem droht das Finanzkapital. Doch Staat sei Dank, für uns gibt es noch Rettung: Mit der Spekulationssteuer auf alle Devisengeschäfte zieht Captain Tobin ins Gefecht, kämpft für die Unterdrückten, erlöst uns von allen Übeln dieser Welt. Der "Raubtierkapitalismus" wird zum Schoßhund gezähmt, komplett mit rosa Schleife ... Für wen? Für uns.

Klar - wir träumen jede Nacht von einer gerechteren Welt, in der es endlich die Tobinsteuer gibt.

Attac-Gewerkschaften-Politiker- sie alle wollen den Kapitalismus nur besser verwalten - "das schöne Leben", was dabei rauskommt, kennen wir schon zur Genüge:


Sinnsuche, wo steckt der Sinn des Arbeitslebens? Täglich Arbeit für wen, für was? Mein Chef investiert demnächst in Produktion von beheizten Mouse- Pads, das scheint ihm nicht sinnvoll, aber profitabel. Wir, die wir den Schrott dann produzieren dürfen, bestimmen nicht über das Wie, Was und Warum. Für uns verliert sich der Sinn unserer Arbeit zwischen Lohnabrechnungen, Mietmahnungen und anderen Rechnungen des täglichen Überlebens.

Was ein Wahnsinn:


Eine Linke, die sich nicht auf die realen Erfahrungen und Kämpfe der Ausgebeuteten bezieht, wird zum willkommenen Krisen-Manager dieser Gesellschaft. Da die Attac-Linke bei der Krisenlösung mitmischen will, muss sie uns den Staat als Wohlfahrtspapa verkaufen, braucht sie uns als blosses Fußvolk, als Opfer der Globalisierung, die sie vor dem Staat vertreten können.

Die Suche nach dem wirklich schönen Leben beginnt woanders, in den wirklichen Kämpfen:

Que se vayan todos! Sollen Sie alle abhauen!

Lassen wir uns nicht von dem angstbesetzten Gelaber über Krisen und Kriege anstecken, das uns nur dazu bringen soll, unsere Schnauze zu halten und fleißig zur Wahlurne zu laufen. Dabei sind es die VertreterInnen dieses Systems, denen der Arsch auf Grundeis geht, weil sie selber nicht wissen, wie sie ihr Arbeitshaus wieder flott machen sollen. All die schillernden Träume vom ewigen Börsenwunder und der heiligen New Economy sind längst geplatzt

Und nu?

Wir wollen eine Bewegung, die die Wut gegen die alltägliche Drangsalierung in Schulen, Fabriken, Ämtern, Knästen als Ausgangspunkt nimmt. Eine Bewegung, in der wir uns selbst verändern, weil wir den Kampf nicht anderen überlassen. Eine Bewegung, die nicht auf Polit-Treffen oder an Verhandlungstischen (ver-)endet, sondern die Ausbeutung hier und jetzt angreift.

Von unseren Kämpfen hängt es ab, ob wir weiterhin die uns zugedachte Rolle der Opfer dieser Krisen spielen. Oder ob wir unser weltweites Produzentenwissen aus der Isolation der Betriebe, Universitäten, Berufsgruppen und Volkswirtschaften befreien und uns zusammen Reichtum und Mittel der Automation aneignen. Für eine Gesellschaft, in der nicht das Hamsterrad des Profits bestimmt, sondern die gemeinsame Kreativität und Lust freier Individuen.

Nicht nur die Elbe läuft über, auch wir haben die Schnauze voll!
Kapitalismus hat Hilfe bitter nötig - verweigern wir sie!
Who the fuck needs attac? We need a fucking revolution.


Originaltext: http://www.nadir.org/nadir/initiativ/kolinko/deut/d_attac.htm