Murray Bookchin - Kommunalisierung: Die Wirtschaft als Eigentum der Kommunen

In meinem Artikel "Thesen zum libertären Kommunalismus" vertrat ich die Ansicht, daß sich zusammen mit jeder Gegenkultur, die zu der vorherrschenden Kultur existiert, auch Gegeninstitutionen zu den vorherrschenden existierenden Institutionen entwickeln müssen, damit eine dezentralisierte, föderative und von den Bürgern einer Kommune ausgehende Macht entstehen kann, welche die Kontrolle über das soziale und politische Leben, das zur Zeit noch vom zentralisierten, bürokratischen Nationalstaat beansprucht wird, erlangt.

Über weite Teile des 19. und fast der Hälfte des 20. Jahrhunderts waren die radikalen Ideologien in den Fabriken das altbewährte Zentrum einer vom Volk ausgehenden Macht; dort wurden die Kämpfe zwischen Lohnarbeit und Kapital ausgefochten. Die Fabrik als Ort der Machtfrage anzusehen, basierte auf der Ansicht, daß die industrielle Arbeiterklasse der hegemoniale Vertreter für einen radikalen gesellschaftlichen Wandel war und daß sie durch ihre eigenen Klasseninteressen "angetrieben" wurde, den Kapitalismus zu "stürzen" – um die Sprache des Radikalismus dieser Ära zu benutzen – meist durch bewaffnete Aufstände und revolutionäre Generalstreiks. Danach würde ein eigenes System der sozialen Verwaltung aufgebaut werden – entweder in der Form eines Arbeiterstaates (Marxismus) oder in Form von föderativen Betriebsräten (Anarchosyndikalismus).

Blickt man aus der heutigen Zeit in die Geschichte zurück, so ist zu erkennen, daß der Spanische Bürgerkrieg in den Jahren 1936 bis 1939 der letzte historische Versuch einer scheinbar revolutionären europäischen Arbeiterklasse war, diesem Modell zu folgen. In den 50 Jahren, die seitdem (nahezu bis zu dem Monat dieser Aufzeichnung) vergangen sind, ist es offensichtlich geworden, daß die große revolutionäre Welle der späten dreißiger Jahre zugleich Höhepunkt und Ende der Ära des proletarischen Sozialismus und Anarchismus darstellte; einer Ära, die bis zu den ersten Arbeiteraufständen der Geschichte zurückreicht: beispielsweise dem Aufstand der Pariser Handwerker und Arbeiter im Juni 1848, bei dem Barrikaden in der französischen Hauptstadt unter roten Fahnen errichtet wurden. In den darauf folgenden Jahren, insbesondere nach den 1930ern, schlugen die eingeschränkten Versuche, dieses altbewährte Modell der proletarischen Revolution zu wiederholen, fehl (Ungarn, Tschechoslowakei, Ostdeutschland und Polen); tatsächlich verschwanden die tragischen Anklänge dieser großartigen Beweggründe, Ideale und Bemühungen in den Geschichtsbüchern.

Abgesehen von aufständischen bäuerlichen Bewegungen in der dritten Welt nimmt niemand, außer einigen dogmatischen Sektierern, die Modelle des Junis 1848, der Pariser Kommune des Jahres 1871, der Russischen Revolution von 1917 und der Spanischen Revolution von 1936 ernst. Die Gründe hierfür liegen zum Teil in der Tatsache begründet, daß der Typ der Arbeiterklasse, der diese Revolutionen durchführte, fast vollständig durch den technologischen und sozialen Wandel verschwand, zum Teil aber auch darin, daß die Waffen und Barrikaden, die diesen Revolutionen ein Minimum an Macht verliehen hatten, angesichts des immensen militärischen Rüstzeugs der heutigen Nationalstaaten nur noch symbolischen Charakter besitzen.

Es existiert aber noch eine andere Tradition, die lange Zeit Teil des europäischen und amerikanischen Radikalismus war: der Ausbau einer libertären kommunalen Politik; einer neuen Politik, die in Kleinstädten, Stadtvierteln und Großstädten aufgebaut wurde und Bürgerversammlungen beinhaltete; eine freie Föderation von lokalen, regionalen und letztendlich kontinentalen Netzwerken. Dieses Modell, welches vor über einem Jahrhundert unter anderem durch Proudhon, Bakunin und Kropotkin (weiter)entwickelt wurde, stellt mehr als eine ideologische Tradition dar: Es tauchte wiederholt als zuverlässige und gängige Praxis bei den Comuneros im Spanien des 16. Jahrhunderts, der amerikanischen Städteversammlungsbewegung, die sich in den 1770er Jahren von Neu-England nach Charleston ausweitete, den Pariser Sektionsversammlungen der frühen 1790er Jahre und wiederholt in der Zeit zwischen der 1871er Pariser Kommune und der Madrider Bürgerbewegung in den 1960er und frühen 1970er Jahren auf.

Der libertäre Kommunalismus kommt, geradezu ununterdrückbar, immer wieder als Bewegung von unten auf, wann immer Menschen etwas verändern wollen – ungeachtet aller auf dem Proletariat basierenden radikalen Dogmen – wie zum Beispiel bei dem "kommunalen Sozialismus", dem sich die Menschen in England heute zuwenden, den radikalen kommunalen Vereinigungen in den USA und den weit verbreiteten städtischen Bewegungen in ganz Westeuropa und Nordamerika im allgemeinen. Diese Bewegungen basieren nicht mehr auf den üblichen grundsätzlichen Klassenfragen, die den Fabriken entstammten, sie beruhen auf umfassenden, anspruchsvollen Sachverhalten, die von Umwelt- über Wachstums- und Unterkunfts- bis hin zu Versorgungsproblemen reichen – Probleme, die alle Kommunen der Welt bewegen. Sie überschreiten die traditionellen Klassengrenzen und bringen Menschen in Räten, Versammlungen und Bürgerinitiativen zusammen, meist ungeachtet ihrer beruflichen Herkunft und wirtschaftlichen Interessen. Sie haben etwas erreicht, was dem traditionellen proletarischen Sozialismus und Anarchismus nie gelungen ist: Sie bringen Menschen aus dem Mittelstand sowie der Arbeiterklasse, Land- sowie Stadtbevölkerung, gelernte sowie ungelernte Personen, ja sogar konservative und liberale Menschen sowie radikale Traditionen in gemeinschaftlichen Bewegungen zusammen, so daß man tatsächlich von der Möglichkeit einer wahren Volksbewegung sprechen kann und nicht bloß von einer klassenorientierten Bewegung, bei der die Industriearbeiter immer nur die Minderheit der Bevölkerung darstellten. In dieser Art von Bewegung wird die Realität des "Volkes", auf der die großen demokratischen Revolutionen ideologisch basierten, bis sie sich in Klassen- und Gruppeninteressen teilten, implizit wiederhergestellt. Die Geschichte scheint tatsächlich das in der heutigen Welt wieder aufleben zu lassen, was einmal ein vorläufiges und vergängliches Ideal der Aufklärung war und von welchem die amerikanischen und französischen Revolutionen des 18. Jahrhunderts herrührten. Zum ersten Mal ist die Vorstellung möglich, die Mehrheit und nicht nur Minderheitsbewegungen, welche während der vergangenen zwei Jahrhunderte des proletarischen Sozialismus und Anarchismus existierten, zu einem bedeutenden sozialen Wandel zu bewegen.

Radikale Ideologen neigen dazu, diese außergewöhnlichen kommunalen Bewegungen mit Skepsis zu betrachten und versuchen, wenn möglich, diese durch traditionelle Klassenprogramme und -analysen zu vereinnahmen. Die Madrider Bürgerbewegung der 1960er Jahre wurde faktisch durch Radikale aller Bereiche des politischen Spektrums zerstört, da sie versuchten, einen aufrichtigen und weit verbreiteten kommunalen Versuch zu beeinflussen, welcher dazu gedacht war, Spanien zu demokratisieren und der menschlichen kommunalen Gemeinschaft eine neue kooperative und ethische Bedeutung zu geben. Die Madrider Bürgerbewegung wurde zu einem Terrain für die Erstarkung der politischen Bestrebungen der Sozialisten, Kommunisten und anderer marxistisch-leninistischer Gruppen, bis sie fast vollständig durch deren jeweilige Parteiinteressen unterwandert wurde.

Diese Bewegungen des libertären Kommunalismus stellen heutzutage die einzig mögliche Alternative zum Nationalstaat dar und bilden somit einen wichtigen Bereich für die Formierung einer aktiven Bürgerschaft sowie einer neuen Form der Politik, welche volksnah und persönlich ist und wahrhaftig von den Bürgern ausgeht. Diese neue Form der Politik soll an dieser Stelle jedoch nicht noch einmal untersucht werden, da bereits weitere Schriften des Autors zu diesem Thema existieren. In bezug auf die Gegenwart ist es allerdings notwendig, eine sehr wichtige Frage zu stellen: Ist der libertäre Kommunalismus lediglich ein politisches "Modell", wie umfassend das Wort "Politik" auch immer definiert wird, oder bezieht er das wirtschaftliche Leben mit ein?

Die Tatsache, daß die Sichtweise des libertären Kommunalismus unvereinbar mit der "Verstaatlichung der Wirtschaft" ist, welche nur die Rechtsbefugnis des Nationalstaates über die wirtschaftliche Macht bekräftigt, ist zu offensichtlich, um sie abzustreiten. Genauso wenig kann das Wort "libertär", wie durch die ultraliberalen Verfechter des freien Marktes (beispielsweise die Gefolgsleute von Ayn Rand und weitere) geschehen, benutzt werden, um Privateigentum und einen "freien Markt" zu rechtfertigen. Marx seinerseits zeigte eindeutig auf, daß der freie Markt zwangsläufig den oligarchischen und monopolistischen Markt mit unternehmerischen Machenschaften hervorbringt, der in jeder Hinsicht vergleichbar mit staatlicher Kontrolle ist und sich letztendlich dieser annähert.

Doch was ist mit dem syndikalistischen Ideal der "kollektivierten", selbstverwalteten Unternehmen, welche durch Zusammenschlüsse von Berufssparten auf nationaler und durch "Kollektive" auf lokaler Ebene koordiniert wurden? An dieser Stelle trifft die traditionelle sozialistische Kritik gegenüber dieser syndikalistischen Form des Wirtschaftens zu: Der industrielle oder private Kapitalist, ob nun durch Arbeiter kontrolliert oder nicht, gehört ironischerweise einer Methode der Betriebsführung an, die heutzutage durch die "Arbeitsplatz-Demokratie" und den "Belegschaftsbesitz" sehr in Mode gekommen ist und keine Bedrohung für das Privateigentum und den Kapitalismus darstellt. Auch die spanischen anarchosyndikalistischen Kollektive der Jahre 1936/37 befanden sich unter der Kontrolle der Gewerkschaften und erwiesen sich als sehr anfällig für die Zentralisierung und Bürokratisierung, welche in vielen wohlgemeinten Unternehmen nach einer gewissen Zeitspanne auftraten. In der Mitte des Jahres 1937 hatten die Arbeiter bereits die Kontrolle über die Produktion an die Gewerkschaften verloren, allen gegenteiligen Forderungen der Verfechter der CNT zum Trotz. Unter dem Druck anarchistischer Minister der katalanischen Regierung wie [Diego] Abad de Santillán näherten sie sich der verstaatlichten Wirtschaft an, die durch die marxistischen Elemente in der spanischen Linken verfochten wurde.

Wie dem auch sei, wirtschaftliche Demokratie bedeutet nicht nur "Arbeitsplatz-Demokratie" und "Belegschaftsbesitz". Viele Arbeiter würden, wenn sie könnten, lieber ihren Betrieben den Rücken kehren und einer kreativeren, handwerklichen Arbeit nachgehen, als nur an der "Planung" ihres eigenen Elends teilzuhaben. Wirtschaftliche Demokratie bedeutet im tiefsten Sinn den freien, demokratischen Zugang zu allen lebensnotwendigen Mitteln und bildet somit das Gegenstück zu politischer Demokratie, welche die Freiheit von materiellen Nöten garantiert. Wirtschaftliche Demokratie als "Belegschaftsbesitz" und "Arbeitsplatz-Demokratie" neu zu interpretieren ist eine Hinterlist der Bourgeoisie, an der sich viele Radikale unbewußt beteiligen. Dieses führt so weit, daß wirtschaftliche Demokratie nicht mehr Freiheit von der Tyrannei der Betriebe, rationalisierter Arbeit und Planproduktion bedeutet, sondern die Beteiligung der Arbeiter am Gewinn und an der Betriebsführung, was normalerweise ausbeuterische Produktion unter Beteiligung der Arbeiter ist.

Der libertäre Kommunalismus stellt einen wesentlichen Fortschritt gegenüber all diesen Entwürfen dar, indem er sich für die Kommunalisierung sowie für die Führung der Wirtschaft durch die Kommunen als Teil einer Politik der öffentlichen Selbstverwaltung der Bürger ausspricht. Während die syndikalistischen Alternativen die Wirtschaft in selbstverwaltete Kollektive reprivatisieren und somit den Weg für deren Zerfall in traditionelle Formen des Privateigentums, ob nun im Kollektivbesitz oder nicht, ebnen, politisiert der libertäre Kommunalismus die Wirtschaft und bringt sie in Allgemeinbesitz. Weder Betriebe noch die Landwirtschaft werden als getrennte Belange innerhalb der kommunalen Gemeinschaft angesehen. Ebensowenig können Arbeiter, Bauern, Techniker, Ingenieure, Facharbeiter und dergleichen ihre beruflichen Identitäten von den allgemeinen Interessen der Bürger in der Kommune trennen. Das Eigentum ist als materieller Bestandteil des libertären institutionellen Rahmens, als Teil eines größeren Ganzen in die Kommune eingebunden und wird durch die bürgerliche Gesellschaft mittels Versammlungen kontrolliert, an denen die Menschen als Bürger teilnehmen, und nicht als Interessenvertreter einer berufsbezogenen Gruppe.

Ebenso ist die Antithese zwischen Stadt und Land von großer Bedeutung und ein wesentlicher Teil der radikalen Theorie sowie der Sozialgeschichte. Der Gegensatz von Stadt und Land wird in den "Townships", den traditionellen Verwaltungseinheiten in Neuengland, in der eine Stadt als Kern ihrer landwirtschaftlichen und dörflichen Umgebung fungiert und dieser nicht entgegensteht, aufgehoben. Ein Township ist tatsächlich eine kleine Region inmitten größerer, wie etwa das "County" und die "Bioregion".

Das beschriebene Konzept der Kommunalisierung der Wirtschaft muß von der Verstaatlichung sowie der Vergesellschaftung unterschieden werden – erstere führt zu bürokratischer und hierarchischer Kontrolle und letztere zum voraussichtlichen Entstehen einer privatisierten Wirtschaft in einer kollektivierten Form und dem Fortbestehen von Klassen- oder Kastenidentitäten. Die Kommunalisierung bewirkt, daß sich die Wirtschaft faktisch von einem privaten oder einzelnen zu einem öffentlichen Einflußbereich ausweitet, indem die Wirtschaftspolitik durch die gesamte Gesellschaft gestaltet wird – insbesondere, da die Bürger von Angesicht zu Angesicht an dem Erreichen von allgemeinen menschlichen Interessen arbeiten und somit einzelne berufsbezogene Interessen überwunden werden. Die Wirtschaft wird dadurch aufhören, lediglich eine Wirtschaft im wörtlichen Sinne zu sein – sei es als Geschäfts-, Markt-, kapitalistisches oder durch Arbeiter kontrolliertes Unternehmen. Sie wird zu einer wahrhaft politischen Ökonomie, einer Wirtschaft der Polis oder der Kommune. In diesem Sinne wird die Wirtschaft wirklich kommunalisiert und politisiert. Die Kommune, genauer gesagt, die Körperschaft der Bürger in der kommunalen Versammlung, integriert sie als einen Aspekt der öffentlichen Angelegenheit und verhindert somit die Möglichkeit der Privatisierung der Wirtschaft zu eigennützigen Unternehmen.

Doch was kann die Kommunalisierung davor bewahren, ein eingeschränkter Stadtstaat von der Art, wie sie im späten Mittelalter auftraten, zu werden? Wer an dieser Stelle garantierte Lösungen dieses Problems erwartet, wird sie nicht finden, abgesehen von der Leitrolle des Bewußtseins und der Ethik zwischenmenschlicher Beziehungen. Wenn man aber nach Gegentendenzen Ausschau hält, so existiert eine zu postulierende Antwort. Der wichtigste Einzelfaktor, der zu dem spätmittelalterlichen Stadtstaat führte, war seine innere hierarchische Unterteilung. Diese war nicht nur die Folge der Vermögensunterschiede, sondern auch der Standesränge, die ihren Ursprung zum Teil in der Abstammung, aber auch in beruflichen Unterschieden hatten. So wie die Stadt ihre kollektive Einheit verlor, teilten sich auch ihre Angelegenheiten in private und öffentliche Unternehmen auf und selbst das öffentliche Leben als solches wurde privatisiert und in "blue nails" oder Plebejer, die Stoffe in Städten wie Florenz färbten, und der arroganten Handwerkerschicht, die hochwertige Ware herstellten, unterteilt. In der privatisierten Wirtschaft war der Vermögensstand sehr ausschlaggebend, da materielle Unterschiede die Art der hierarchischen Differenzen ausweiten und fördern konnten.

Die Kommunalisierung der Wirtschaft neutralisiert nicht nur die beruflichen Unterschiede, welche die öffentlich kontrollierte Wirtschaft beeinträchtigen könnten, sie schafft ebenso kommunale Verteilungsnetzwerke für die lebensnotwendigen materiellen Mittel. "Von jedem gemäß seiner Möglichkeiten, für jeden gemäß seiner Bedürfnisse" wird als Teil der sogenannten öffentlichen Sphäre und nicht nur als kommunales Credo ideologisch institutionalisiert. Sie ist nicht nur ein Ziel, sondern eine Art des politischen Wirkens – eine, die strukturell durch die Kommune mit ihren Versammlungen und Vertretungen verkörpert wird.

Zudem kann keine Kommune das Erreichen wirtschaftlicher Unabhängigkeit erhoffen oder sollte dies anstreben, es sei denn, sie hofft, abgekapselt und eingeschränkt zu sein, jedoch nicht autark. Daher ist es wichtig, daß die Föderation der Kommunen – die Kommune der Kommunen – sowohl wirtschaftlich als auch politisch in eine gemeinsame Sphäre von öffentlich verwalteten Ressourcen verändert wird. Gerade weil die Verwaltung der Wirtschaft eine öffentliche Handlung darstellt, wird sie nicht zu einem privatisierten Wechselspiel der Unternehmen, sondern entwickelt sich zu einem föderativen Zusammenwirken der Kommunen. Das bedeutet, daß die eigentlichen Elemente des sozialen Zusammenwirkens von realen, potentiellen oder privatisierten Bestandteilen zu institutionellen, realen, öffentlichen Bestandteilen ausgedehnt werden. Die Föderation wird per definitionem zu einem öffentlichen Projekt und dies nicht nur wegen der gemeinsamen Bedürfnisse und Ressourcen. Wenn es einen Weg gibt, die Entstehung eines Stadtstaates zu verhindern, ohne von eigennützigen, gutbürgerlichen "Kooperativen" zu sprechen, dann ist es die Kommunalisierung des politischen Lebens, welche so vollkommen ist, daß die Politik nicht nur die öffentliche Sphäre umfaßt, sondern auch die lebensnotwendigen materiellen Mittel.

Es ist nicht utopisch nach der Kommunalisierung der Wirtschaft zu streben. Ganz im Gegenteil, sie ist praxisnah und durchführbar, wenn wir nur unseren Verstand so frei benutzen, wie wir versuchen, in unserem Leben Freiheit zu erlangen. Unser Lebensraum ist nicht nur der Ort, an dem wir unseren Alltag leben, er ist ebenso der tatsächliche wirtschaftliche Ort, an dem wir arbeiten, und seine natürliche Umgebung ist die tatsächliche ökologische Umgebung, die uns herausfordert, im Einklang mit der Natur zu leben. Dort können wir damit beginnen, nicht nur die ethischen Bande, die uns zu einer aufrichtigen ökologischen Gesellschaft verknüpfen werden, zu entwickeln, sondern auch die materiellen Bande, die uns zu fähigen, ermächtigten und selbstversorgenden – wenn nicht sogar unabhängigen – Menschen machen können. Sofern eine Kommune oder eine lokale Föderation von Kommunen politisch vereint ist, bleibt sie trotzdem eine recht zerbrechliche Form der Gemeinschaft. Sofern sie jedoch die Kontrolle über ihr eigenes materielles Leben besitzt, allerdings nicht im Sinne einer Gemeinde, die sich in einen privatisierten Stadtstaat verwandelt, so hat sie wirtschaftliche Macht und somit auch eine ausschlaggebende Stärkung ihrer politischen Macht.

* Teile dieses Artikels wurden der neuen und ergänzten Ausgabe des Buches "The Limits of the City" von Murray Bookchin entnommen (Montreal, Black Rose Books, 3981 Ste.-Laurent Blvd., Montreal H2W IY5, Quebec, Canada, 1986). [Zuerst erschienen u. d. T.: Municipalization. Community Ownership of the Economy, in: Green Perspectives. Newsletter of the Green Program Project, February 1986, Nr. 2; siehe auch: http://dwardmac.pitzer.edu/ANARCHIST_ARCHIVES/bookchin/gp/perspectives2.html#2.]

Fußnoten:
1.) Theses On Libertarian Municipalism, in: Our Generation, Jg. 16 (Spring-Summer 1985), Nr. 3-4, S. 9-22; erhältlich bei: Our Generation, 3981 Ste.-Laurent Blvd., Montreal H2W IY5, Quebec, Canada.
2.) Um einen Überblick über die 50 Jahre nach dem Spanischen Bürgerkrieg zu erhalten, siehe meine Artikel: On Spanish Anarchism, in: Our Generation, 1986, und The Spanish Civil War. After Fifty Years, in: New Politics, Jg. 1 (Spring 1986), Nr. 1, New Series; erhältlich bei: New Politics, 328 Clinton St., Brooklyn NY 11231. Für Hintergrundinformationen zu dem Thema siehe: Murray Bookchin, The Spanish Anarchists. The Heroic Period 1868-1936, (Harper & Row); To Remember Spain-The Anarchist and Syndicalist Revolution of 1936, (AKPress) und Murray Bookchin, The Third Revolution-Popular Movements in the Revolutionary Era, Volume 4 S. 95-236, (Continuum Publishing).
3.) Dies war schon immer die größte Schwäche der revolutionären Bewegungen der Arbeiterklasse und führte in den wenigen Fällen, in denen sie teilweise erfolgreich waren, zu schmerzlichen Bürgerkriegen.
4.) Vgl. The Greening of Politics. Toward a New Kind of Political Practice, in: Green Perspectives, January 1986, Nr. 1; Popular Politics vs. Party Politics, in: Green Program Project Discussion Paper. Vgl. auch The Limits of the City.
5.) Die Absurdität, zu glauben, daß man die großen Unternehmen so umgestalten bzw. davon überzeugen könnte, daß Habgier und Profit quasi "moralisiert" würden, ist ein typisches Beispiel für die liberale Naivität, die sogar in der tausendjährigen Geschichte des Katholizismus nicht erreicht wurde. Filme wie "The Formula" lehren uns mehr über unternehmerische "Moral" und "Produktivität" als die Masse an Büchern und Artikeln, die von den vielen reformistischen Zeitschriften veröffentlicht werden.
6.) Vgl. Lewis Mumfords großartige Erörterung der Townships in Neuengland in "The City in History" (New York: Harcourt, Brace and World 1961, S. 331-333). Mumford behandelt die Townships leider als eine Form der Vergangenheit. Mein Interesse an diesem Thema stammt von Studien in meinem Heimatstaat Vermont, in dem, trotz vieler Veränderungen, die Integration von Stadt und Land noch immer territorial und legal durch Stadtversammlungen institutionalisiert wird. Obwohl diese politische Form in Neuengland immer mehr abnimmt, sind ihre Durchführbarkeit sowie ihr Wert ein Gegenstand der Geschichtsschreibung, nicht der theoretischen Mutmaßung.
7.) [Anm. d. Übers.: in etwa "Landkreis".]

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Originaltext: http://kommunalismus.blogspot.com