Deutsche Antifaschisten

Unbekannte antifaschistische Genossen! Wie soviele von Euch, habe auch ich bisher mit den alten politischen Linksparteien symphatisiert und habe von der Idee, welche die Anarchosyndikalisten vertreten, einen völlig falschen Begriff gehabt.

Alle die Ihr in Spanien seid, beweist durch Eure Anwesenheit oder Verbleiben in diesem Lande, dass Ihr Antifaschisten aus vollem Herzen seid und an der Front oder im Hinterlande irgend etwas tun wollt, um den Sturz der faschistischen Regime und der Herrschaft der Brutalität und des Rassenwahnsinnes in den von dieser Pest heimgesuchten Ländern, herbeizuführen. Aber dazu müssen wir neue Wege gehen und können nicht an dem festhalten, was der Faschismus wegfegen konnte. Bedenkt die gewaltige Macht, die der Riesenapparat der S.P.D. und ebenso der K.P.D. und die Gewerkschaften in Deutschltnd darstellten, Millionen an Menschen und Werten. Die Einrichtungen und sozialen Verbesserungen, die die marxistischen Parteien im jahrzehntelangen Kampfe Schritt für Schritt erobern konnten, all das konnten die Diktaturen mit einem Schlag auswischen, nicht etwa, weil zum gegebenen Zeitpunkt die Massen versagten, nein, man hatte sie eben nicht gelehrt, politisch selbständig zu denken und zu handeln, und sie warteten auf ein Wort der Männer, in welche sie ihr Vertrauen und ihre Hoffnung gesetzt hatten, und die im Parlament ihre gute Sache verteidigen sollten. Dieses ersehnte, erlösende Wort kam aber nicht, sondern die Abgeordneten des Volkes sassen weiter in den Landtagen und im Reichstag und setzten ihre Politik getreu den alten Dogmen fort.

Es kam so, wie es jeder Mensch mit klarem Verstände kommen sah, der Zusammenbruch, die völlige Zerschlagung der Arbeiterbewegungen und die Aufrichtung des Kapitalismus in seiner reinsten Form, dem Faschismus. Genossen! Und wieder wollt Ihr den alten Weg gehen, der uns in das Verderben geführt hat? Nein, das nicht! Ihr Alle wisst, dass die Niederlage des Faschismus in Barcelona, die entscheidend für den Widerstand gegen die Militärclique war, hauptsächlich dem heldenhaften Kampfe der C.N.T.-F.A.I.-Militanten zu verdanken ist, einer Bewegung, die, als es galt zur Stelle zu sein, mit niegesehenem Opfermut und Todesverachtung, fast ohne Waffen, die Rebellion niederschlug.

Schon 6 Monate führt das proletarische Iberien Krieg gegen den spanischen Faschismus und seine internationalen Helfer, aber mitten im Kriege wurde die Industrie auf Tagesbedürfnisse umgestellt und die Produktionstätigkeit wurde gegenüber dem, was vor dem 19. Juli aus den Betrieben ging, bedeutend erhöht, nachdem die Fabriken und Werkstätten in der Mehrzahl kollektivisiert worden und in die Hände der Arbeiter und Angestellten übergegangen sind. Diese Produktionserweiterung und- Erhöhung war nur deshalb möglich, weil es das ganze Streben der C.N.T. ist, keine "Politik" zu machen; weil sie als reine Gewerkschaftsorganisation darauf bedacht war und ist, dass ihre Anhänger jederzeit auf die Übernahme und Leitung der Betriebe vorzubereiten, ohne dass die C.N.T. etwa deshalb die revolutionäre Vorbereitung der Massen weniger in den Vordergrund gestellt hätte.

Ich weiss aus eigener Erfahrung, dass die Anarchosyndikalisten in Deutschland stets als Menschen bezeichnet wurden, deren Tätigkeit destruktiv sei, denen ein Menschenleben nichts gelte, und deren Herrschaft sich auf Terror stützen wolle. Dass das die gröbsten Lügen und Verleumdungen sind, hat Euch der Gang der Dinge in Spanien bewiesen. Denn die konstruktive Bedeutung des Syndikalismus beweisen Euch täglich die von den C.N.T.-Syndikaten übernommenen Betriebe. Menschenleben, wenn es sich nicht um einen Faschisten oder Ausbeuter handelt, sind uns heilig, und herrschen oder regieren wollen wir über niemand, denn wir sind föderalistisch, gegen jede Autorität, für eine Selbstregierung des Volkes.

Für Freiheit aller Schaffenden, ohne Unterschiede,
Für Gleichheit Aller, ohne Klassen,
Für Brüderlichkeit zwischen allen Völkern, ohne Grenzen.
Es lebe die Internationale Arbeiter Assoziation!

Aus: Die Soziale Revolution Nr. 7-8, 1937. Digitalisiert von der Anarchistischen Bibliothek und Archiv Wien. Nachbearbeitet (Scanungenauigkeiten entfernt, ä zu ä, That zu Tat usw.) von www.anarchismus.at.