Gegen jede Diktatur! "Volksfront" oder Einigung von unten auf im Sinne des Anarchismus?

Die Klassengegensätze sind ins ungeheure angewachsen. Seit 1914 sind tausende neue Millionäre entstanden, deren Kapitalien sich auf dem Rücken der Arbeitenden verzinsen wollen. Die dadurch verursachten materiellen Differenzen zwischen dem Kapital und der Arbeiterschaft rufen auf der einen Seite einen genussüchtigen Menschen hervor, der nicht weiss, wie er sein Geld verausgaben soll. Auf der anderen Seite finden wir uns als Arbeiter, die wir in Not und Elend verkommen.

Der Kapitalismus kann die Menschheit aus dieser Sackgasse nicht herausführen. Um dem berechtigten und immer mehr sich verstärkenden Drängen der arbeitenden Massen zu begegnen, faschisiert er sich. Im Faschismus finden wir jene Demagogie, die behauptet, die Einheit zwischen Kapital und Arbeit hergestellt zu haben. Schauen wir uns aber die faschisierten Länder nacher an, so sehen wir, dass nur mit dem grössten Zwang und der stärksten Brutalität die Einheit zusammengehalten werden kann. In den sich demokratisch nennenden Ländern arbeiten die politischen Parteien verstärkt daraufhin, eine Einheit im faschistischen oder proletarischen Lager herzustellen.

Die faschistische Einheit haben wir alle an unserm eignen Körper erfahren. Wie aber stellen wir uns zu den sogenannten Volksfronten, welche vorgeben, die proletarische Einheit darzustellen? Der Anarchismus sieht erst dann die Einheit zwischen Produktion und Konsum, zwischen Mensch und Gesellschaft gewährleistet, wenn das Kapital abgeschafft ist. Der Prozess der Vernichtung des Kapitals und der Monopole jedoch ist nur uüber die Soziale Revolution zu verwirklichen.

Wollen die politischen Parteien die die Volksfront, die sogenannte Einheitsfront, bilden, die Soziale Revolution? Nein! Die Volksfront lässt bewusst ihre Ziele unklar, weil sie ebenfalls nur eine Zwangseinheit, einen "Volksstaat" will, aber keine natürliche gesellschaftliche Einheit, so wie der Freie Sozialismus sie verwirklicht.

Wir suchen die Einheit des Proletariats in den Betrieben und im Kampfe von unten herzustellen und schalten die politischen Führer aus, die nur die Tyrannen von morgen sein wollen, und darum auch gar nicht fähig sind, die gesellschaftliche Einheit aufzubauen. Im Kampfe am 19. Juli hatte die CNT die proletarische Einheit realisiert, und in der Sozialisierung und Wiederaufrichtung der Wirtschaft wurde diese Einheit weiterausgebaut. Wir sehen also, wie der praktische Weg der Einheit des Proletariats zu beschreiten ist.

Auf die Einheitsparolen der "Volksfront" pfeifen wir, weil wir wissen, dass sie die Einheit gar nicht will. Wer also wirklich die Einheitsfront des Proletariats will, wer die Einheit der Menschheit sucht kämpft unter dem schwarz-roten Banner des Anarchismus.

Aus: Die Soziale Revolution Nr. 9, 1937. Digitalisiert von der Anarchistischen Bibliothek und Archiv Wien. Nachbearbeitet (Scanungenauigkeiten entfernt, ä zu ä, That zu Tat usw.) von www.anarchismus.at.