„Sie suchen sie hier, sie suchen sie dort “ - Ethel McDonald. Die Radiostimme der Revolution

Ethel Mcdonald wurde am 24.02.1909 in Bellshill nahe bei Glasgow geboren In diesen Jahren geriet Schottland mehr und mehr in den Einfluss der Weltwirtschaftskrise. Arbeit war knapp und die wurde dann auch noch mies bezahlt. Ethel wuchs zusammen mit acht Geschwistern auf und verließ mit 16 Jahren ihre Zuhause, um in den nächsten Jahren wechselnde Lohnarbeiten zu machen. Vor allem arbeitete sie als Kellnerin und engagierte sich in der Frauen und Arbeiter*innenbewegung, zu dieser Zeit noch als Sekretärin der „Independent Labour Party“, wo sie 1931 Guy Aldred kennen lernte.

Drei Jahre später gründen beide die „USM“(United Socialist Movement), eine vor allem von den Schriften eines William Morris beeinflussten Gruppe, der sich auch weitere ehemalige IPL Leute anschlossen.

1931 erhoben sich die Bergarbeiter in Oviedo(Asturien). An diesem Aufstand nahmen Anarchist*innen, Kommunisten und Sozialisten gleichermaßen teil. Ethel McDonald erkannte schnell die Bedeutung und hob in öffentlichen Reden die Wichtigkeit hervor, von dem was da in Spanien geschah.

Nach den demagogischen Reformversprechen der Republik, die nicht erfüllt wurden, entstehen Arbeiter- und Bauernrevolten, die bei den Wahlen im Februar 1936 in einen Sieg der Linken münden. Am 18.Juni wird ein faschistischer Militäraufstand initiiert, der sich gegen die Volksfrontregierung richtet. Er beginnt in „Spanisch-Marokko“( Protectorado Español de Marruecos) und soll sich innerhalb der nächsten 48 Stunden auf die ganze iberische Halbinsel ausbreiten. Die Regierung reagiert langsam und ängstlich. Sie will das Offensichtliche nicht erkennen und verweigert anfangs die Ausgabe von Waffen an die Bevölkerung.

Der Militärputsch unter General Franco schockierte auch Ethel MacDonald. Sie schrieb dagegen an, verteilte Flugblätter und rief zu Aktionen auf. In fast jeder größeren Stadt gab es Infostände, Gelder wurden gesammelt, Unterschriftenlisten erstellt und in einigen Fällen Menschen für die Internationalen Brigaden organisiert.

Die CNT in Barcelona brauchte eine englisch sprechende Journalist*in, der der Welt von der katalanischen Revolution berichtete. Ethel McDonald mit ihren Schreib -und Propagandafähigkeiten war da die ideale Wahl. Glasgows Anarchisten sammelten Gelder, die es Ethel und Jenny Patrick, der Lebensgefährtin von Guy Aldred, ermöglichten, bis Perpignan zu kommen. Der Rest wurde getrampt und gehungert.

Barcelona war in diesen unglaublichen Monaten 1936/1937 das Zentrum der wohl radikalsten Revolution der Welt geworden. Ca. drei Millionen Frauen, Männer und Kinder waren beteiligt. Kommunen formten das Land um, Arbeiter übernahmen die Fabriken und die Polizei wurde durch zivile Selbstverteidigung ersetzt. 3/4 der katalanischen Wirtschaft waren kollektiviert. Ethel schrieb darüber und bald wurden ihre propagandistischen Fähigkeiten bemerkt. Das Radio war in diesen Tagen eine neue und wichtige Waffe geworden. Ethel wurde die Stimme der anarchistischen Rundfunkstation in Barcelona und berichtete ab Januar 1937 allabendlich in englischer Sprache.

Rund um die Welt gingen nun übers Radio die Geschehnisse in Spanien. Je mehr der faschistische Aufruhr in Spanien zunahm, umso leidenschaftlicher wurden Ethels Sendungen, zog viele Freiwillige an und brachte ihr Fans aus allen Ländern. „Ein prominenter Redakteur aus Hollywood berichtet uns von Hunderten von Zuschriften zu den Sendungen von Ethel McDonald aus allen Teilen der USA und aus Kanada. Dabei sei es nicht so sehr, was sie sagt, sondern wie sie es sagt. Es sei die eindringlichste „Radiostimme“, die sie je gehört hätten.“

Doch die neue Welt näherte sich am 3. Mai 1937 dem Ende. An diesem Tag befahl der kommunistische Polizeichef Rodríguez Salas die Guardia Civil und die Sturmgarde (Guardia de Asalto) die Telefonzentrale an der Plaza de Catalunya zu besetzen, die für den Telefonverkehr in die Welt eine zentrale Rolle spielte und von den Anarchist*innen kontrolliert wurde. Diese weigerten sich, den Platz zu räumen und wehrten sich. CNT, FAI und POUM sahen darin auch den Beginn der generellen Attacke gegen die Revolution und in der Nacht wurden überall in der Stadt Barrikaden gebaut.

Am 4. Mai brachen die Kämpfe aus. Vermittlungsversuche der anarchistischen Minister*innen Federica Montseny und Juan García Oliver scheiterten, Todesschwadrone ermordeten namhafte Anarchist*innen, 6000 Sturmgardisten schossen sich durch die Strassen von Barcelona.

Am 8.Mai dann so etwas wie tödliche Ruhe. Schätzungen zufolge starben in diesen 4 Tagen 400 Menschen, andere festgenommen und gefoltert. Ethel McDonald half in dieser Zeit vielen Anarchist*innen den Razzien der kommunistischen Geheimpolizei zu entkommen. Seit diesen Tagen wurde sie „die schottische Scarlet Pimpernel“ genannt. (Romanfigur aus „Der scharlachrote Siegel“).

Am 12.Juni desselben Jahres 1937 starb Bill Smillie, ein Mitglied der „ILP“, der in den Reihen der POUM kämpfte, in den Kerkern der Geheimpolizei.

Offiziell wurde ein „Tod durch eine Bauchhöhlenentzündung“ bekannt gegeben, doch Ethel zweifelte öffentlich an dieser Version und sprach in Zeitungsartikeln und Rundfunksendungen von einer Hinrichtung durch die kommunistische Geheimpolizei.

Nun wurde auch sie verhaftet. „Meine Verhaftung war typisch für die Haltung der Kommunistischen Partei. Sturmgardisten und Beamte einer so genannten öffentlichen Ordnung stürmten mitten in der Nacht das Haus, wo ich wohnte. Ohne jede Erklärung durchsuchten sie jedes Zimmer, jeden Schrank, um irgendetwas zu entdecken, um mich zu hängen, revolutionäre Literatur, was auch immer….“

In der Gefängniszelle schrieb sie Nachrichten für andere Mitgefangene und schmuggelte diese zusammen mit ihren Berichten in Lebensmitteldosen hinaus. Einem Mitglied der „ILP“ gelang es, sie erst einmal aus dem Knast zu holen. Ethel tauchte sofort unter, auch weil sie befürchtete, ein ähnliches Schicksal wie Bill Smillie zu haben. Im nun illegalen Widerstand baute sie mit anderen Frauen das zuvor begonnene Flüchtlingsnetz aus.

Im Februar 1939 erkannten Großbritannien und Frankreich das Francoregime an.

Diesmal musste Ethel selber aus Spanien flüchten. In Amsterdam und Paris hielt sie Vorträge zur spanischen Revolution und rief zum Kampf gegen den Faschismus auf.

„Ich ging nach Spanien - voller Hoffnungen und Träume. Es versprach die konkrete Utopie. Ich kehre zurück mit Schwermut, fast teilnahmslos durch die Tragödie, die ich gesehen habe.“

Später arbeitete sie wieder in Glasgow als Journalistin, aber auch als Druckerin und verteilte die Zeitungen auf der Strasse, auch hier ohne jegliche finanzielle Vergütung.

Am 1. Dezember 1960 starb Ethel MacDonald an Multiple Sklerose.

http://www.youtube.com/watch?v=eeaYrnHvnLg

Originaltext: http://radiochiflado.blogsport.de/2012/03/29/sie-suchen-sie-hier-sie-suchen-sie-dort-ethel-mcdonald/