Rosa Antifa Wien - Rechtsextrem? Extrem rechts?

Weiterhin keine Distanzierungsgelüste in der FPÖ. Oder: Die kontinuierlichen Naheverhältnisse der extremen Rechten mit Rechtsextremen

Dass die FPÖ durchaus Probleme hat, sich glaubhaft von der extremen Rechten zu distanzieren oder gar abzugrenzen, hat begrenzten Neuigkeitswert. Sind doch genau diese Verbindungen ein integraler Bestandteil der FPÖ. Denn: Wir sind in Österreich. Hier gibt es kein Tabu, wenn es darum geht, SS-Veteranen zu ehren oder die Wehrmacht hochleben zu lassen. Eine mögliche Wehrsport-Vergangenheit und Kühnen-Grüße können in so einem Klima der kollektiven Leugnung ohne weiteres zu Paintball-Spielen und Drei-Bier-Bestellungen umgedichtet werden...

Egal wie deutlich die Bilder Kontinuitäten und Verbindungen aufzeigen - einer stramm nationalen Karriere schadet das hierzulande nicht. Im Gegenteil - dem braunen Bodensatz "taugt" es und es enthemmt - da kann das Handerl schon mal im Rausch des nationalen Glücks in die Höhe schnellen - ob mit drei Fingern zum Kühnen-Gruss erhoben oder doch gleich zum Hitler-Gruss - im Grunde egal. Denn was soll schon passieren? Schließlich beschränkt sich der österreichische Begriff von Skandalisierung maximal auf einen müden, beiläufig erwähnten Satz in den Tageszeitungen.

Doch mindestens ebenso bedenklich und bei weitem einflussreicher als irgendwelche Jung-Neonazis, die ihre Motorik nicht im Griff haben, sind die alten Seilschaften. Denn diese sind es, die mit ihren Kontakten seit Jahrzehnten viele einschlägige "Kameraden" in lukrative Schlüsselpositionen gebracht haben - zuletzt in beschleunigtem Ausmaß "dank" der schwarz/blauen Regierung. Kontinuitäten, die allzu oft übersehen oder gar bewusst ausgeblendet werden. Entsprechend können dann auch zahlreiche Veranstaltungen oder "Tagungen" dieses Spektrums weitgehend ungestört und abseits der öffentlichen Wahrnehmung über die Bühne gehen.

Die "Kärntner Kulturtage"

zählen zu eben jenen Veranstaltungen, denen nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt wird, dabei sollte schon alleine ein Blick in die Liste der Initiator_innen oder der (Stamm)Redner_innen die Alarmglocken läuten lassen, befinden sich doch namhafte Größen von deutschen und österreichischen Rechtsextremen darunter. Alljährlich lädt das "Kulturwerk Österreich - Landesgruppe Kärnten" - dessen Obmann der ehemalige FPÖ-Nationalratsabgeordnete Otto Scrinzi ist - zu den "Kärntner Kulturtagen", heuer bereits zum 17. Mal. Dieses Jahr soll das Treffen vom 18. bis 21. September stattfinden, "Tagungsbüro" ist das Hotel "Zum Widitscher" in Sirnitz / Kärnten / KoroÅ¡ka. Die zeitliche wie geographische Nähe zum alljährlichen Ulrichsbergtreffen sind dabei wohl kaum ein Zufall. "Wie immer haben wir uns bemüht, bekannte Vortragende zu uns zu bitten", heißt es da in der Einladung. Thema der "Tagung" - auf der "Dirndl und Tracht gerne gesehen" sind - ist diesmal "Aufgang oder Untergang des Abendlandes".

Zu einigen Vortragenden der 17. "Kärntner Kulturtage"

In der Liste der Vortragenden findet sich unter anderem Martin Pfeiffer, dieser ist seit 2003 Chefredakteur der rechtsextremen Monatszeitung "Aula", und löste Otto Scrinzi in dieser Position ab. Die "Aula" ist für Pfeiffer - wie er in einem Interview mit der deutschen "National-Zeitung" - sagte: "Die Publikation des Dritten Lagers, das burschenschaftlich geprägt und deutschnational ist. Und die FPÖ positioniert sich unter Heinz-Christian Strache eindeutig als die Partei des Dritten Lagers, die sich zu ihren Wurzeln bekennt." Heuer trat Martin Pfeiffer bereits als Referent beim "Deutschen Kongreß" der "Gesellschaft für freie Publizistik" auf. Die GFP wurde 1960 vom ehemaligen stellvertretenden Reichspressechef der NSDAP gegründet und sieht ihre Aufgabe unter anderem "in der Aufklärung über Geschichtseinstellungen, insbesondere der Frage der Kriegsschuld und der Richtigstellung einseitiger Verzerrung in der Zeitgeschichte". In seiner Rede zum "Dritten Lager" zeigt er sich dann auch mit der aktuellen politischen Lage durchaus zufrieden: "(...) so zeigt sich, dass national freiheitliches Gedankengut in Form der FPÖ in Österreich (...) immer noch auf fruchtbaren Boden fällt (...)"

Ein weiterer Vortragender ist Horst Übelacker: Er ist Vorstandsmitglied der Sudetendeutschen Landsmannschaft und war bis 2006 Vorsitzender des 1950 gegründeten revanchistischen "Witikobundes", dessen Gründungsmitglieder alle bis 1945 in der NSDAP oder SS waren. Zusätzlich ist er ein eifriger Autor in der rechtsextremen "Aula" sowie im kaum weniger einschlägigen "Eckhartboten". Er trat als Referent unter anderem in Eisenach beim "Burschenschafter Tag" und bei der berüchtigten Münchener Burschenschaft Danubia auf.

"Kulturtage"-Stammgast Walter Marinovic schmückt sich gerne mit der Selbstdarstellung als "angesehener Buchautor und Kunst-Kritiker" - eine Zuschreibung, die ihm freilich ausschließlich aus ein und derselben ideologischen Ecke zuteil wird. So zeigte sich eine Bezirksgruppe der deutschen NPD nach seinem Referat geradezu begeistert. Marinovic habe den Zuhörer_innen so schön "den Werteverfall, durch das System gewollter Umerziehung bei gleichzeitiger Umvolkung der deutschen Länder" hervorgehoben. Doch er referierte nicht nur bei diversen deutschen einschlägigen Vereinen und der AFP, auch beim mittlerweile behördlich aufgelösten Verein "Dichterstein Offenhausen" war Marinovic umtriebig. Als 2000 im Informationsblatt "Geistige Landesverteidigung" - herausgegeben vom Unterrichtsministerium unter dem Titel "Initiative Wehrbereitschaft" - für Veranstaltungen mit "Zeitzeugen der ehemaligen Wehrmacht" in den Schulen geworben wurde, durfte natürlich auch Marinovic in dieser Liste nicht fehlen. Direkt daneben andere bekannte Rechtsextreme wie etwa der notorische Neonazi-Verteidiger Herbert Schaller.

Anti-Feminismus

Kriemhild Trattnig, einst führende freiheitliche Ideologin und Verfechterin von getrennten Schulen für "Deutschkärntner" und slowenischsprachige Schüler_innen, kehrte 1993/94 verärgert über den ihr unverständlichen - da offiziell nicht mehr den alten Werten verpflichteten - Kurs der Haider-FPÖ den Rücken. Mit der aktuellen FPÖ-Führung scheint sie da schon wesentlich weniger Probleme zu haben Schon 2005 eröffnete sie gemeinsam mit Parteichef Strache den Kärntnerball. Trattnig war immer schon eine Vertreterin einer rigiden "Heim an den Herd"-Politik, eine Einstellung die sich auch recht deutlich zum Ausdruck bringt: "Umweltzerstörung (34 Millionen Tonnen an Schadstoffen jährlich in Europa), Verschuldung, Arbeitslosigkeit, Jugendkriminalität, Drogenabhängigkeit, Zunahme des Alkohol- und Nikotinmißbrauches, starkes Ansteigen von Krankheiten, Krebs, Herz-, Kreislaufschäden und nicht zuletzt die neue Seuche Aids haben ihre Ursachen zum größten Teil in unserer Maßlosigkeit und widernatürlichen Einstellung zum Leben, zur Mutter, Ehe und Familie."

Dem anti-emanzipatorischen Ansatz Kriemhild Trattnigs um nichts nach steht eine weitere FPÖ-Politikerin, die zu den Stammredner_innen zählende Barbara Rosenkranz. Die niederösterreichische FPÖ-Landesrätin versucht dabei gerne einmal an der Fristenlösung zu rütteln und wartete bei den "Kulturtagen" 2007 mit einem Vortrag zum Thema "Emanzenunwesen und Feminismus" auf. Auch dieses Jahr lässt sie wieder keinen Zweifel an ihrer Gesinnung aufkommen, "Mut zur Heimat - Mut zu Kindern" nennt sich ihr Vortrag.

"Revisionismus"

Ein weiterer Vortragender ist Walter Lüftl, ehemaliger Präsident der Bundesingenieurskammer (bis 1992), zertifizierter Gerichtssachverständiger und Verfasser eines "Gutachtens" mit dem Titel "Holocaust. Glaube und Fakten", in dem die Existenz von Gaskammern zur Ermordung von Menschen in den nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslagern geleugnet wird. 1992 wurden Auszüge des "Lüftl Reports" in der von Neonazi Gerd Honsik herausgegebenen Zeitschrift "Halt" veröffentlicht. Eine gerichtliche Voruntersuchung gegen ihn nach §3g Verbotsgesetz wurde von der Oberstaatsanwaltschaft Wien eingestellt. Eine Entscheidung, die in mehreren rechtsextremen Publikationen wie zum Beispiel der "Aula", den "fakten", deren Herausgeber Horst Jakob Rosenkranz (verheiratet mit Barbara Rosenkranz) ist, "Recht und Wahrheit" und dem "Mitteilungsblatt der Gesellschaft für freie Publizistik" als Freispruch bzw. Detailsieg des "Revisionismus" gefeiert wurde.

Zusammentreffen

So finden sich von 18. - 21. 9. nun zum 17. Mal diverse Bekanntheiten aus rechtsextremen bzw. extrem rechten Kreisen in einem vertraulichen Rahmen - teilnehmen darf nur wer eine gültige Anmeldung sein eigen nennt - zusammen, um nach dem "Morgensingen" Vorträgen wie "Abenländische Werte oder Ideologie der EU?", "Die zweite Völkerwanderung - Das Ende der weißen Welt?", "Klimawandel - Wahrheit oder Dichtung" oder "Gedankensplitter zum 21. Jahrhundert" von Otto Scrinzi - ehemaliger SA-Sturmführer - zu lauschen. Wie das dann so abläuft, zeigt ein Blick auf das vergangene Jahr: Da trat Jürgen Schwab - ehemaliges Mitglied der deutschen Republikaner und der NPD - als Redner zum Thema "Freund- und Feindbestimmung (Wer sind unsere möglichen Freunde?)" auf. Im Kreise der "Kameraden" scheute er nicht davor zurück von einer "nach wie vor virulenten Judenfrage" zu reden, wie auf dem Neonazi-Portal Altermedia nachgelesen werden kann.

Es lässt an Absurdität nicht mangeln, wenn immer wieder unermüdlich herausgearbeitet werden muss, was längst bekannt und vielfach dokumentiert ist: Die einschlägigen Wurzeln der FPÖ, das Naheverhältnis von einigen FPÖler_innen zu ehemaligen Nazis, und die Begeisterung von vielen (jung) Neo-Nazis für die FPÖ und ihre Parteispitze...

Rechtsextremismus darf nicht Normalität sein!
Smash Fascism!


Originaltext: www.raw.at


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