Ohnmächtig mächtig - Eine Kritik zur LehrerInnen-Rolle

Dass bei Kritik gegen Schule Wut und Emotionen sich oft in erster Linie gegen LehrerInnen richtet, ist natürlich und verständlich. Unzufriedenheit und Groll wird auf die nächstliegende Autorität geschoben, doch schon bei der nächsten Zwei hat man die Lehrkraft wieder lieb. Daran zeigt sich jedoch auch, dass Schulkritik nicht selten an persönlichen Enttäuschungen gebunden ist, statt an wirklicher Konstruktivität. Natürlich sind LehrerInnen in vielerlei Hinsicht schuldig, und dennoch wirkt Schulkritik verzerrend, wenn der Lehrer als "höchste Instanz" des Schulsystems aufgebauscht wird. Aber um es genau zu betrachten: Letzten Endes sich auch LehrerInnen nichts weiter als größere und kleinere Rädchen im staatlichen Uhrwerk.

AntipädagogInnen und viele AnarchistInnen, die sich mit (Nicht-)Erziehung beschäftigen sind sich da einig: Schule ist scheiße, und da Lehrer dieses System unterstützen, sind auch sie zu kritisieren. Diese Meinung vertrete ich auch. Aber dennoch darf Kritik nicht dazu führen, dass die "falschen Feinde" hochgeschraubt werden, dass die Kritik auf Personen fixiert wird, die in erster Linie Instrumente sind, selbst wenn sie sich selbst dazu entschlossen haben. Um ein System wirklich konstruktiv angreifen zu können, muss erkannt werden, wer in der Maschinerie die Knöpfe bedient, sonst wird der Kampf zur Farce. Es nutzt nichts, die Äste eines Baumes auszureißen, wenn die Wurzeln noch in der Erde sitzen. So wird ein Revolutionär zum Herkules, der der Hydra den Kopf abschlägt, woraufhin zwei nachwachsen (im Anbetracht jeder staatlichen Repression, auch innerhalb der Schule, ein wohl recht guter Vergleich).

Eines muss deshalb im Anbetracht dieses Textes gleich gesagt werden: Eine Lehrerkritik kann nichts wirklich Revolutionäres sein. Ja, auch eine Schulkritik nicht. Veränderung an der Schule ist nur dann wirklich wirksam und revolutionär, wenn sie im Kontext einer allgemeinen Veränderung stattfindet. Da Lehrer nun auch nur kleine Rädchen im Getriebe sind, kann eine Lehrerkritik nichts wirklich Tiefgreifendes sein. Und dennoch sehe ich einen Sinn in ihr: Erstens ist es meiner Meinung nach möglich, bei Betrachtung der Lehrerrolle allein nachzuweisen, dass die Schule allein durch die LehrerInnen-SchülerInnen-Beziehung kein Ort "sozialer Begegnungen" sein kann, wie uns viele Erziehungs- und BildungswissenschaftlerInnen weismachen wollen. Und zweitens kann die folgende LehrerInnenkritik helfen, im derzeitigen Schulsystem Methoden und Verhaltensweisen des Lehrers genauer zu betrachten und sich womöglich auch zu wehren. Auch das ist eher reformistisch als revolutionär, aber hat man jemals gehört, dass man die Menschen in der "dritten Welt" ruhig verhungern lassen könne, da Spenden ja nicht den Kapitalismus zerstören?

Folgende drei Punkte sollen nun behandelt werden:

1. Rolle und Verhaltensweisen der LehrerInnen
2. Kritik an die Lehrperson im Kontext des Systems
3. Schlussfolgerungen (gegen Reformer!)

1. Rolle und Verhaltensweisen der LehrerInnen

Lehrerin und Lehrer sind meiner Meinung nach die beste Verkörperung eines "guten Staatsbürgers": Sie lernen, über bestimmte Menschen (SchülerInnen) Macht auszuüben, und gleichzeitig, sich vor Vorgesetzten, Curriculum und Kollegen zu ducken. Es ist eines von vielen Rädchen im riesigen, komplexen System der Unterdrückung und der Unmündigkeit.

Allerdings sollte auch erwähnt werden, dass viele junge Männer und Frauen, die sich in das Lehramt-Studium begeben, sich darüber gar nicht im Klaren sind. So wie viele Menschen, die von ihren Eltern geschlagen wurden, bei ihren eigenen Kindern alles besser machen wollen, wollen auch die Studierenden und angehenden ReferentInnen alles besser machen als ihre alten Pauker. In erster Linie sind es wohl Menschen, die (wie die meisten Menschen dieser Gesellschaft) nicht begreifen wollen, dass bestimmte gesellschaftliche Rollen nun einmal nicht wirklich "positiv" sein können! Der Lehrer ist allein durch seine Definition schon dazu verdammt, seine SchülerInnen unterdrücken zu müssen, egal mit was für noch so guten Vorsätzen er an den Beruf herangeht. Er stellt die Brücke dar zwischen dem "ungebildeten" Kind auf der einen Seite, und dem gesellschaftlichen "normalen" Sein auf der anderen. Haben die Eltern in der Regel die ersten Grundlagen beim Kind geschaffen, z.B. die Weitergabe von gesellschaftlichen und religiösen Normen, so hat Schule die Funktion, dass Gegebene weiter zu formen. Die Kinder, die in dieser Prozedur bestehen, haben innerhalb der gesellschaftlichen Wertewelt ihr Glück erreicht, und der Rest...

Natürlich hat auch fast jede/r SchülerIn einer staatlichen Schule so etwas wie einen "Lieblingslehrer". Auch ich als Anarchist muss zugeben, dass mir viele LehrerInnen recht sympathisch waren und auch noch sind, aber seine/ihre Rolle ist und bleibt Feind einer freiheitlichen Philosophie.

Um nun verschiedene Verhaltensweisen der LehrerInnen "verstehen" zu können, ist es meiner Meinung nach ratsam, die Beziehungen zwischen ihm/ihr und den SchülerInnen zu untersuchen. Folgende zwei Gegenüberstellungen hat der/die LehrerIn bei seinem Verhältnis gegenüber den SchülerInnen zu beachten:

1. Abstand - Nähe
2. Ordnung/System - Freiheit/Spiel

Beide Aspekte aus Punkt eins, Distanz und Nähe, sind im geregelten Maße ideal dazu, die SchülerInnen vom Lehrer abhängig zu machen. Die Distanz ist vor allem wichtig, um die Autorität des Lehrers oder der Lehrerin zu festigen. Je mehr LehrerInnen die SchülerInnen an sich heranlassen, desto größer ist die Gefahr, dass seine/ihre Respektsperson angekratzt wird. Denn auf diese Weise ist es den SchülerInnen möglich, bei Wut direkte Angriffe zu leisten. Aber selbst im freundschaftlichen Sinne kann ein "Heranlassen" zur Gefahr werden. Denn je freundschaftlicher die Atmosphäre ist, desto größer ist die Möglichkeit, dass SchülerInnen ihr "kumpelhaftes" Verhältnis zur Lehrerin oder zum Lehrer als Anlass nehmen, nicht immer zu "folgen". Ab diesem Punkt gerät der Lehrer in eine gewaltige Diskrepanz. Mag er selber auch freundlich auf seine Schüler wirken wollen, er wird Opfer seiner Funktion, das Curriculum durchzuarbeiten, das ihm von den höheren Instanzen aufgegeben wurde. Aus diesem Grunde ist jede/r noch so nette LehrerIn dazu gezwungen, die Schüler voranzutreiben. Zudem muss er/sie sich auch vor den KollegInnen und Vorgesetzten rechtfertigen können.

Die Lehrer, die sowieso keine Probleme damit haben, autoritär zu sein, denen passt ihre Rolle eh ausgezeichnet. In den meisten Fällen handelt es sich hierbei wohl um Menschen, die es sich zum Ziel gesetzt haben, ihre christlichen und demokratischen Werte an jüngere weiter zu geben. Und als Letztes sind vermutlich auch noch viele LehrerInnen da, die sich anscheinend überhaupt nicht im Klaren darüber sind, was ihr Beruf bedeutet. (Diesen Eindruck hatte der Schreiber dieses Textes bei den meisten LehrerInnen seiner Schule!) Genau deshalb ist es wichtig klarzumachen, dass jede/r LehrerIn durch seine/ihre Rolle an sich autoritär ist, ob er/sie es möchte, es nicht möchte, oder ob es ihm/ihr scheißegal ist.

Der Aspekt der "Nähe" hat ebenfalls sehr interessante Seiten an sich. Die einen Lehrer nutzen Nähetendenzen, um die SchülerInnen noch stärker auf sich zu fixieren, machen sie noch abhängiger. Dabei ist jedoch auffällig, dass diese Nähe in erster Linie eine einseitige Nähe ist, nämlich jene, dass SchülerInnen ihren LehrerInnen viel anvertrauen. Ihnen über Probleme und Ängste erzählen. Die Gefahr, die besteht, wenn der oder die LehrerIn ebenfalls Gefühle zeigt, wurde bereits erwähnt: Autorität kann zersetzt werden. Der/Die LehrerIn hingegen kann das Wissen gezielt nutzen, um die Schüler einzuschüchtern, sich in ihr Leben einzumischen, mit dem Glauben, genau zu wissen, was für den Schüler oder die Schülerin am besten sei. Es ist vermutlich auch keine Seltenheit, dass LehrerInnen erst den "Kumpel" eines Problemschülers spielen (z.B. bei Drogenproblemen, Diebstahl, Gewaltbereitschaft), und dann im geeigneten Zeitpunkt dem Schüler gezielt in den Rücken fallen. Der Vertrauensbruch wird damit gerechtfertigt, dass man das Erscheinungsbild der Schule in der Öffentlichkeit schützen müsse.

Auf der anderen Seite (und jetzt kommen wir wieder zu den "netten" LehrerInnen zurück) wird Nähe auch zum psychischen Problem des/der Lehrers/Lehrerin. Der junge Mann, der da mit neuen Ideen das Klassenzimmer betritt, versucht krampfhaft, der Freund der SchülerInnen zu werden. Hat möglicherweise sogar Angst davor, nicht akzeptiert zu werden. Dies kann zu Berufstrauma werden. An dieser Stelle liegt es mir am Herzen zu sagen, dass man als "Schulrebell" auch eine gewisse Verantwortung zeigen sollte. Es hat mich sehr oft gestört, dass ausgerechnet solche LehrerInnen dann meist die Wut auf sich nehmen mussten, die sich bei den SchülerInnen auf die KollegInnen aufgestaut hatte. Das ist feige, und nicht Rebellion. Aber zudem zeigte es auch häufig die Unsicherheit der SchülerInnen, die sich längst an den unpersönlichen Frontalunterricht gewöhnt hatten. Vielleicht sollte man gerade dieseN "netteN" LehrerIn darauf ansprechen, ob er/sie sich wirklich bewusst ist, welche Rolle LehrerInnen in unserem System haben. Es sind mir sehr wohl Fälle von Menschen bekannt, die ihren LehrerInnenberuf aufgegeben haben, weil sie viel zu spät begriffen, dass sie niemals wirklich FreundIn eines Schülers oder einer Schülerin sein konnten- Und das ist auch die Schlussfolgerung all dieser Zeilen: Der Lehrer kann in seiner Rolle nicht Freund eines Schülers sein. Alles andere entfällt damit ebenfalls, da sich private Kenntnisse aus der "Freizeit" am Schulmorgen schließlich nicht einfach auslöschen lassen.

Kommen wir nun zu den anderen beiden Aspekten: Freiheit/Spiel vs. Ordnung/System: Hier wird einiges durch die Gegenüberstellung schon recht deutlich: Dass beides an der staatlichen Schule nicht miteinander vereinbar gilt, sondern lediglich als Waage zu funktionieren hat, wobei natürlich die Ordnung mehr Gewicht hat. Das heißt, dass unter Freiheit nur eine ganz bestimmte Freiheit gemeint wird, und unter Ordnung nur die Ordnung eines bereits gegebenen Systems. Um es anders auszudrücken: Hier sind 45-Minuten-Takt gemeint, Lehrer als Mittelpunkt und Autorität, Kinder als Zöglinge zu einem Ziel hin, fester Stundenplan, kurze Pausen... Der typische Mist, der uns von der Schulleitung, den Eltern und dem Staat als Ordnung erklärt wird. Eine Ordnung, die durch unzählige Ketten bestimmt ist und den SchülerInnen ihre Freiheit zerstört. Der/Die LehrerIn gewährleistet den SchülerInnen nur so ein Maß an Freiheit, um nicht zu zeigen, wie gefangen die Kinder eigentlich sind. Das gilt auch für Wahlfächer! Fragt einen Todeskandidaten, ob er gehenkt, erschossen oder vergiftet werden möchte... freie Wahl heißt Unfreiheit! Auch hier wird der nette, freiheitsliebende Lehrer vom System mundtot gemacht. Am Stundenplan, an Notengebung und Bestrafung ist er selber aktiv genauso gebunden, wie seine SchülerInnen passiv.

Zu diesen beiden Begriffspaaren genauere Aussagen zu machen, erscheint es mir fast nötig, die gesamte freiheitliche Philosophie auszubreiten. Warum eine staatliche Ordnung nicht eine universelle Ordnung sein kann, warum die Anarchie auch eine Ordnung ist, lediglich mit anderem Wertesystem und unter anderen Gesichtspunkten, losgelöst von Sekundärtugenden und religiöser Moral. Beide Begriffspaare an die Lehrerrolle gebunden analysiert bedeutet Folgendes: Ordnung und Freiheit sind Aspekte, die der Lehrer beachten muss, um die Schulmaschinerie am Laufen zu halten. An sich gesehen könnten ihm beide Aspekte mehr oder weniger egal sein, erst die Tatsache, dass sie seine Funktion betreffen zwingt die/den LehrerIn, sich damit auseinanderzusetzen. Durch begrenzte Stunden und Wochen, in denen der/die LehrerIn bestimmte Themen in der Klasse durchgegangen sein muss, ist er gezwungen, je nachdem genug Druck auszuüben, um vorwärts zu kommen. Hat er für ein Thema fünf statt zwei Wochen Zeit, wird er natürlich auch weniger Druck ausüben und Wert auf "Ordnung" legen. Natürlich darf hier nicht vergessen werden, dass mit Ordnung die "schulische" Ordnung gemeint ist: Disziplin, Gehorsam und Pünktlichkeit. Der Freiheitsbegriff wird hier (wie auch in einer staatlichen Demokratie oder sonstigen Staatssystemen) verzerrt und zum Relativproblem. Freiheit in der Schule gibt es nicht, es gibt nur freiere Schulen, LehrerInnen, Unterrichtsstunden, Fächer usw. als woanders.

Die Gedankengänge möchte ich hier abbrechen, aus zwei Gründen: Was ich noch dazu zu sagen habe, werde ich in Punkt 3 angeben. Philosophien über den Freiheitsbegriff gibt es genug: Bei den Humanisten der Klassik, den Philosophen der Aufklärung, den Anarchisten und Kommunisten. Ich selber vertrete die Gedanken des Anarchismus.

Bevor ich nun auf Punkt zwei eingehe, scheint es mir interessant, noch auf verschiedene Methoden einzugehen, die LehrerInnen nutzen können und auch nutzen, um ihre Autorität aufrecht zu erhalten:

1. Noten

Wer tatsächlich behauptet, Noten seien objektiv, puscht die LehrerInnenfigur ins Übermenschliche auf. Menschen können nicht immer objektiv sein und entscheiden, sind beeinflusst durch Vorlieben, Laune oder Konzentriertheit. Zudem haben z.B. im Sport dickere Menschen völlig andere Vorraussetzungen als dünnere, ein Schüler mit englischem Elternteil sollten im Fach Englisch wohl auch anders zu behandeln sein. Dann gibt es auch noch SchülerInnen, die Probleme haben, über die sie aber nicht mit dem Lehrer oder der Lehrerin sprechen möchten. Noten werden sehr schnell zum Druckmittel. Indirekt oder direkt. Entweder, weil die Noten dem/der SchülerIn etwas durch Erziehung und gesellschaftlichem Ansehen wichtig sind, aber häufig auch, weil z.B. die nächste Mathematikarbeit für die Versetzung ausschlaggebend ist, während der Schüler psychische Probleme hat, weil vielleicht sein Freund oder seine Freundin mit ihm Schluss gemacht hat. In den meisten Fällen wird das den LehrerInnen wohl ziemlich egal sein. Die Noten sind ein ideelles Mittel, die Schüler ruhig und konzentriert zu halten. Aber darüber hinaus sind Noten auch Mittel, um unbeliebte Schüler zu bestrafen. Es ist ja wohl keine Seltenheit, dass auffällige oder "faule" SchülerInnen plötzlich bei überraschenden Abfragen aufgerufen und vor der Klasse blamiert werden, oder?

2. Zeit als Argument zum Diskussionsabbruch

Nicht selten ist es, dass SchülerInnen sich in größeren Kreisen zusammen tun, und tatsächlich (ja, auch hier in Deutschland!) mal ihr Maul aufreißen! Dann werden plötzlich Fragen gestellt, auf die man sonst nicht kommt. "Warum müssen wir eigentlich Kurvendiskussionen lernen?" "Warum darf man nicht blau machen?" "Warum haben Sie die Schülerin gerade völlig grundlos fertig gemacht?" Hinzu kommen auch noch fachinterne Diskussionen. In Religion melden sich plötzlich AtheistInnen und AgnostikerInnen mit Gegenargumenten, bei Ethikfragen werfen TierrechtlerInnen auf die Themen ein völlig neues Licht, oder es wird sich einfach nur darüber aufgeregt, dass man sich mit Themen auseinandersetzen muss, die einen überhaupt nicht interessieren. All diese SchülerInnen, die plötzlich völlig neue Gedanken formulieren, die nicht "ganz normal wirken", all diese SchülerInnen stören den schönen, eingeplanten Unterricht. Hier ist Zeit plötzlich ein Argument, um diese SchülerInnen wieder mundtot zu machen. Hier rate ich mit Nachdruck auf einen spontanen Streik! Besteht auf Antworten, statt Euch erzählen zu lassen, man könne nicht alle Probleme durchdiskutieren, um das Curriculum durchzuarbeiten! So etwas kann immer Teil einer kleinen Revolution sein. Plötzlich können einzelne AnarchistInnen oder SchulgegnerInnen auch andere darauf bringen, dass die LehrerInnen wohl doch nicht so perfekt sind, wie es immer scheint. Dass die Schulbücher nicht auf alles eine Antwort haben, sondern die meisten Antworten vor allem dazu da sind, die Fragen auf bestimmte Gesichtspunkte zu beschränken. (Sollte übrigens die gesamte Klasse bereits aus AnarchistInnen bestehen, rate ich zur sofortigen Revolution innerhalb des Schulgebäudes! Ein kleiner Versuch kann schon zu einem neuen, großen Autonomen Zentrum führen!)

3. Gleichmachung der SchülerInnen

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, gegen Störende, Punker und Rebellen vorzugehen. Dabei wirken auf die LehrerInnen als Störelemente nicht selten so nebensächliche Dinge wie Kleidung, Sitzhaltung, Frisur, bemalte Gesichter... Sogar das Tragen von Mützen kann Grund zum Klassenbucheintrag sein, weil es aus irgendeinem Grunde den Unterricht stören soll. Kommen wir nun zu einem typischen Mittel der Druckausübung im modernen Schulalltag. Schläge auf den Hintern und Handrücken sind gesetzlich "out". Ein neues "sinnvolles" Vorgehen gegen Störenfriede ist nun der psychische Druck, vom Angriff bis zum Blamieren vor den Mitschülern. Dabei werden gerne folgende Formulierungen und Phrasen genutzt: "Kannst du dich denn nicht einmal normal verhalten?" "Musst du dich immer vor anderen wichtig tun?" "Was sollen eigentlich deine Mitschüler von dir denken?" "Warum kannst du nicht so sein wie die anderen?" "Sei doch nicht so asozial gekleidet!" All diese Formulierungen sind dazu da, dem Schüler ein Nicht-Dazugehörigkeits-Gefühl zu geben. Mal ganz davon abgesehen, ob dieseR SchülerIn eigentlich dazu gehören möchte, diese Masche ist Psychoterror. Ein Terror, der darauf abzielt, SchülerInnen Minderwertigkeitskomplexe aufzudrücken, die SchülerInnen wegzudrängen. Sei so, wie wir dich wollen oder sei woanders, oder sei am besten überhaupt nicht, weil du unsere Normalität allein durch deine optische Anwesenheit störst. Gerade der letzte Satz ist höchst interessant: Soziales Verhalten wird plötzlich an Erscheinungsbildern gebunden. Dies zeigt die Vorurteile eines/einer Lehrers/Lehrerin, seine/ihre Beschränktheit und die der Wahrnehmung. Weiterhin deklarieren diese gesamten Sprüche, dass der/die LehrerIn die Allgemeinheit und das "Normale" als universelle Gültigkeit betrachtet. Das zeugt von Unreflektiertheit und Massenwahn. Und nichts sollte vor eine/n RevolutionärIn abscheulicher sein, als Herdentiererei.

4. Direkte Ausgrenzung

War die Gleichmacherei in Punkt drei in erster Linie dazu da, dem/der SchülerIn klarzumachen, er/sie sei nur dann wichtig, wenn er/sie sich wieder brav in die Reihe stellt, ist direkte Ausgrenzung ein Mittel, um von der eigenen Unfähigkeit des Lehrers abzulenken. Interessanterweise findet direkte Ausgrenzung nach meinen Erfahrungen vor allem bei LehrerInnen statt, die aus bestimmten Gründen bei den SchülerInnen unbeliebt sind, was ihnen auch bewusst ist. Das können z.B. LehrerInnen sein, die...

1. für Autorität und Strenge bekannt sind.
2. angeberisch und egozentrisch wirken, SchülerInnen oft übergehen.
3. so erscheinen, als ob sie gar nicht wüssten, wovon sie in ihren Fächern eigentlich reden. (Also jene, die man alle paar Minuten fragt: Sind Sie sich mit dem sicher, was Sie da so an die Tafel schreiben?)

Direkte Ausgrenzung erfolgt, indem die Mehrheit der Klasse gegen bestimmte Personen gehetzt wird, damit zwischen dieser (man kann wohl sagen "normalen") Mehrheit und dem/der LehrerIn ein Pseudo-Gemeinschaftsgefühl entsteht. Man trifft sich mit SchülerInnen im kleinen Kreise, oder unterhält sich vielleicht in der Pause. Dabei werden dann Informationen über SchülerInnen gesammelt, die irgendwie hervorstechen. Durch Kleidung, Verhaltensweisen, Lebenseinstellungen, schwarze Messen usw. (Das kennt man ja alles...) Punker, Junganarchos und hilflose Satanisten werden meist Opfer dieser Hetze. Mitten im Unterricht gehen vom Lehrer offene Angriffe gegen die Einzelperson aus, manchmal verbunden mit Blickkontakten zu SchülerInnen, denen der Lehrer Freundschaft weismachen will. Und es leider auch schafft. Dadurch wird die SchülerInnenschaft meist davon abgelenkt, was für ein autoritärer Lehrer sie da eigentlich unterrichtet. Dass nicht dieser Außenseiter ihr Gegner ist, nein: Im Gegenteil dieser Außenseiter vermutlich mehr Gemeinsamkeit mit ihnen hat, als jener Typ hinter dem Lehrerpult, der vermutlich nachts auf die schlechten Noten und Klassenbucheinträge seiner Zöglinge... Nein, aber mal im Ernst! Das Schlimmste an der Sache ist, dass viele SchülerInnen bei dieser Masche sogar mitmachen, und den AußenseiterInnen vor dem Lehrer ebenfalls Ausgrenzung erfahren lassen, um dem Lehrer möglicherweise Respekt und Zustimmung vorzuheucheln.

Wer Zeuge einer direkten Ausgrenzung wird, sollte mit einer direkten Aktion kontern! (Übrigens auch der Name einer guten anarchosyndikalistischen Zeitung!) Sprecht den Lehrer direkt darauf an, was das soll, einzelne SchülerInnen vor der ganzen Klasse bloßzustellen. Ob der Lehrer irgendwelche Egoprobleme hat, an Minderwertigkeitskomplexen oder Impotenz leidet! Gebt dem Lehrer keine Chance, eine Spaltung innerhalb der Klasse durchzuziehen, nur um von seiner eigenen Feindrolle abzulenken. Allerdings muss dabei auch einiges beachtet werden: LehrerInnen haben in den meisten Fällen trotz allem den längeren Arm. Durch LehrerInnenmangel an den Schulen ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass man es zu weitreichenden Ergebnissen bei Rebellion bringen wird.

Achtet auch auf Noten und Klassenbucheinträgen. Solche Dinge können dann zu unnötigem Druck führen, wenn man sie nicht unter Kontrolle und mit Weitsicht behandelt. Außerdem sollte keine Zusammenarbeit mit KlassenkameradInnen stattfinden, die auf Scheingemeinsamkeit basiert. Je nachdem, wie gut Ihr mit Eurem/Eurer KlassenlehrerIn oder VertrauenslehrerIn klarkommt, kann auch gezielt darüber gesprochen werden, wie der Lehrer ausgetauscht oder weggeekelt werden kann. Sammelt in Gruppen Argumente und lasst Euch nicht auf Ablenkung ein, sondern besteht auf Diskussionen. Wenn Ihr merkt, dass der Typ/die Typin Euch mit Noten und Einträgen kommen will, lasst Eure Eltern Briefe an den Direktor/die Direktorin schicken. (Später kann man natürlich auch noch die Telefonnummer des Problemlehrers/der Problemlehrerin herausfinden und anrufen. Gespräche kann man recht vielfältig beginnen. Guten Tag! Wie geht es Ihnen? Was macht eigentlich Ihre Frau gerade? Wie heißt Ihr liebster Horrorfilm?)

2. Kritik zur Lehrkraft im Kontext der Schule

Meiner Meinung nach sind all diese Beobachtungen betreff LehrerInnen, die bisher gemacht wurden, hinlänglich Beweis dafür, dass die Schule einfach keine soziale Begegnungsstätte sein kann. In der Schule herrscht Hierarchie, zwischen Schüler- und LehrerInnen sowieso, aber auch innerhalb des Kollegiums und durch Notenzwang, Psychoterror und Gemeinschafts(un)sinn auch unter den SchülerInnen. Schule ist unter dem derzeitigen Verständnis eine Institution der Unterdrückung und der Ungleichwertigkeit. Es sei auch noch Folgendes gesagt: LehrerInnen sind nicht allein die Bösen, auch die SchülerInnen bauen oft völlig unsinnigen Scheiß. Das alles sind jedoch gesamtgesellschaftliche Problemerscheinungen, die jedoch durch Schule ebenso gestützt werden, wie durch Kirche, Staat, Polizei, Bundeswehr usw. Ketten werden hier und da zu sprengen versucht, und dies geschieht häufig im Kontext der Unmündigkeit und Verantwortungslosigkeit, der unsere Verdummungsgesellschaft bestimmt. Die Mündigkeit und Verantwortung, die uns in der Schule und von Eltern beigebracht wird, ist jene, die das hierarchische Unterdrückersystem beibehält, deshalb sind beide Aspekte systemintern verlogen und verzerrt!

Wenn SchülerInnen im Schulgebäude z.B. etwas zerstören, dann nicht aus Langeweile, sondern aus Wut und Unzufriedenheit. Und SchülerInnen und Störenfriede von der Gemeinschaft auszuschließen, mit der Begründung, die anderen SchülerInnen könnten sich ja schließlich auch beherrschen (lassen?), ist inakzeptabel und im höchsten Maße oberflächlich, wie die Schule, wie die Gesellschaft... Schule bleibt Marterinstrument und Maschinerie des Staates und sonstiger Werteinstitutionen, LehrerInnen sind die Rädchen in diesem Betrieb.

3. Konsequenzen

Damit dieser Text nicht den ReformerInnen in die Hände spielt, soll (nocheinmal) einiges geklärt werden: LehrerInnen und ihre Verhaltensweisen zu durchschauen und anzugreifen (bitte konstruktiv!), werden nicht die Gesellschaft verändern. Schule bleibt Schule, egal ob mit netten oder mit unfreundlichen LehrerInnen. Wenn es allerdings nur darum geht, die LehrerInnen anzugreifen, dann ist dieser Text falsch verstanden worden. Es ging hier vor allem darum nachzuweisen, warum Schule allein durch die LehrerInnenrolle keine freie und wirklich fortschrittliche Institution sein kann. Kritik gegen Lehrer ist nur eine Teilkritik am Ganzen! Dennoch kann diese LehrerInnenkritik ein Schritt sein, um zu begreifen, dass die staatliche (und jede andere Form der?) Schule abgeschafft werden muss, damit Menschen sich in Freiheit weiterbilden können, da Hierarchie im Geiste des Menschen fast nirgends so verstärkt eingehämmert wird, wie in der Schule.

Von: Schwarze Katze / www.free.de/schwarze-katze/

Originaltext: www.free.de/schwarze-katze/texte/schukri.html


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