Cornelia Regin - "Vom Anarchismus des Gefühls zum Anarchismus der Überzeugung." (*) Ein Beitrag zur Geschichte und Ideologie der anarchistischen und anarcho-syndikalistischen Jugend-Bewegung in der Weimarer Republik

Einleitung  

Wie das Spektrum der linkskommunistischen, anarcho-syndikalistischen und anarchistischen Strömung der deutschen Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik (1) ist auch die Geschichte der ihr zuzuordnenden Jugendgruppen erst in Ansätzen aufgearbeitet. Bislang liegt über sie lediglich die Monographie von Ulrich Linse vor, (2) der sich in erster Linie mit ihrer organisatorischen Entwicklung befaßt (3). Ihre Theorie und Programmatik sowie die Einflußfaktoren, die sie prägten, werden dort nur in groben Zügen skizziert. Gerade diese Aspekte aber waren zentrale für die Beantwortung der Fragen, die mich zur Beschäftigung mit der anarchistischen und anarcho-syndikalistischen Jugendbewegung in der Weimarer Republik veranlaßten. Ausgangspunkt für mein Interesse an ihrer Geschichte war eine aktuelle Beobachtung.

Die Jugendlichen, die Anfang der 80er Jahre in einer Welle spektakulärer Hausbesetzungen und gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei die Öffentlichkeit in Schrecken versetzten, hatten das Schlagwort "Anarchie" zum Symbol ihres gefühlsbeladenen, fundamentalen Protestes gegen das "System" und zum Ausdruck ihrer Träume von einer menschlichen Gesellschaft gemacht. (4) Nach der Zerschlagung der Häuserkampfbewegung durch massiven staatlichen Druck mußten die kurzzeitig gewonnenen Freiräume aufgegeben werden, die Hoffnungen auf eine weitergehende Erschütterung der etablierten Gesellschaftsstrukturen wurden enttäuscht. Diejenigen, die weiterhin nicht bereit sind, ihre Ideale aufzugeben, suchen nach neuen Strategien. (5)

Eine noch weit enttäuschendere Erfahrung mußten die anarchistischen Jugendlichen der Weimarer Republik machen. Hatten sie noch bis 1923/24 hoffen können, eine erneute, weitergehendere Revolution würde ihren Vorstellungen von einer besseren Gesellschaft zum Durchbruch verhelfen, so wurden sie ab diesem Zeitpunkt mit der Tatsache konfrontiert, daß die revolutionäre Stimmung in Deutschland abebbte und sich die für sie unbefriedigende neue Ordnung stabilisierte. Zwar unerscheiden sich die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse der 20er Jahre, auf deren Hintergrund die damalige anarchistische und anarcho-syndikalistische Bewegung entstand, wesentlich von denen der 80er Jahre. Der Versuch, von ihrer Geschichte auf die künftige Entwicklung der gegenwärtigen Bewegung schließen zu wollen, wäre daher äußerst problematisch und soll hier nicht vorgenommen werden.

Da aber beide Bewegungen ähnliche oder gleichlautende Schlagworte gebrauchten, um ihren Protest und ihre Utopien auszudrücken, und angesichts der großen Anziehungskraft, die anarchistische Ideen offensichtlich immer wieder auf Jugendliche ausüben, die in radikaler Opposition zu den jeweils herrschenden gesellschaftlichen Verhältnissen stehen, kann es auf dem Hintergrund der aktuellen Umbruchphase der "neuen Jugendbewegung" doch aufschlußreich sein, zu fragen: Was bedeutete für die damaligen anarchistischen Jugendlichen "Anarchie", und wie wollten sie ihre Vorstellungen umsetzen? Wie reagierten sie, als der zuversichtlich erwartete Zusammenbruch der Weimarer Republik vorerst ausblieb? Zogen sie aus den veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen Konsequenzen theoretisch-programmatischer, organisatorischer und praktischer Art, und wenn ja, welche?

In den 20er Jahren hat es - abgesehen von kurzlebigen Splittergruppen - zwei anarchistische bzw. anarcho-syndikalistische Jugendorganisationen gegeben, die Freie Jugend (FJ) und die Syndikalistisch-Anarchistische Jugend Deutschlands (SAJD). Diese Tatsache bietet die Möglichkeit, durch Gegenüberstellung zweier zeitgenössischer, aber getrennt verlaufender Entwicklungen zu historisch relativ gut abgesicherten Antworten auf die oben gestellten Fragen zu kommen. Darüber hinaus bietet ein solcher Vergleich die Chance, subjektive Handlungsspielräume in der historischen Entwicklung zweier ideologisch und sozial ähnlich strukturierter Gruppierungen zu beleuchten. - Entsprechend meiner Fragestellung umfaßt die vorliegende Untersuchung den Zeitraum der Entstehung sowie die Frühphase der anarchistischen Jugendbewegung von 1919 bis 1923/24 und legt den Schwerpunkt auf die Konsolidierungsphase der Weimarer Republik bis 1928. Zu diesem Zeitpunkt war der überregionale Organisationszusammenhang der FJ bereits in der Auflösung begriffen.

I. Tradition und Herausbildung der anarchistischen und anarcho-syndikalistischen Jugendbewegung und ihre Entwicklung bis 1923/24  

Die Grundanschauungen und das Selbstverständnis der anarchistischen und anarcho-syndikalistischen Jugend der Weimarer Republik wurden entscheidend geprägt durch die Erfahrungen der proletarischen Jugendbewegung vor und während des Ersten Weltkrieges und nachhaltig beeinflußt durch Gedankengut der bürgerlichen Jugendbewegung, das im Zusammenhang mit den Ereignissen der Novemberrevolution Widerhall in der revolutionären Arbeiterjugend fand.

Die proletarische Jugendbewegung entstand 1904 einerseits aus dem Bedürfnis jugendlicher Arbeiter und Lehrlinge heraus, sich selbst gegen die Mißstände in ihrer Arbeitswelt zur Wehr zu setzen, da SPD und Gewerkschaften zu dieser Zeit Jugendarbeit lediglich im Sinne von Bildungsarbeit betrieben. (6) Zum anderen entsprach die Bildung von Arbeiterjugendvereinen dem Wunsch vieler Jugendlicher, sich auch politisch zu engagieren.

Die eigenständigen Organisationsansätze der Arbeiterjugend wurden nicht nur mit repressiven Maßnahmen des Staates beantwortet, sondern stießen vielmehr auch auf das Mißtrauen von Partei- und Gewerkschaftsführung. Im Jahre 1908 trat die Neufassung des Reichsvereinsgesetzes inkraft, das Jugendlichen jedes politische Engagement untersagte. Im gleichen Jahr richtete die SPD eine zentrale Jugendkommission unter Friedrich Ebert ein, die die Aktivitäten der angeschlossenen Jugendgruppen unter der Kontrolle von Erwachsenen auf Bildungsarbeit und die Pflege von Geselligkeit konzentrierte. (7) Obwohl viele ältere Jugendliche gegen diesen unpolitischen Kurs protestierten, konnten die weiterbestehenden autonomen Arbeiterjugendgruppen wegen fortgesetzter behördlicher Schikanen und der Konkurrenz der von Partei und Gewerkschaft unterstützten Gruppen wenig Einfluß gewinnen. (8)

1.1. Die Freie Sozialistische Jugend und die Entstehung einer anarchistischen Jugendbewegung (9)

Die unterschwellige Opposition der Jugendlichen gegen die Bevormundungsversuche der Erwachsenenorganisationen brach im Zusammenhang mit der Burgfriedenspolitik der SPD wieder offen aus. In Verbindung mit Gegnern der Bewilligung der Kriegskredite im Reichstag, die zum Teil die Forderung der Jugendlichen nach organisatorischer Autonomie unterstützt hatten, lösten sich antimilitaristisch eingestellte Jugendgruppen von der Zentralstelle. (10) Auf einer illegalen Konferenz im April 1916 in Jena verabschiedeten sie eine Resolution, in der sie erklärten, daß die "vollkommene Verselbständigung, die Befreiung von aller Bevormundung, die organisatorische Loslösung von [...] den offiziellen Jugendinstanzen eine Lebensfrage für die proletarische Jugendbewegung" sei. (11) Im Oktober 1918 organisierte sich in Berlin die oppositionelle Jugend als Freie Sozialistische Jugend (FSJ) auf Grundlage der Jenaer Resolution. (12) Durch ihre aktive Beteiligung an den Streiks und Demonstrationen der Novemberrevolution entwickelten diese Jugendlichen das Selbstbewußtsein, gegenüber den zum radikalen Umsturz offensichtlich unfähigen "Alten" der SPD die eigentliche Avantgarde der Revolution zu sein. (13)

Auf diesem Hintergrund konnten Vorstellungen, die eine Strömung der bürgerlichen Jugendbewegung während des Krieges entwickelt hatte, von der FSJ aufgegriffen werden. Ein Teil der Freideutschen Jugend hatte das in der berühmten Meißnerformel zum Ausdruck gebrachte Postulat des Rechts der Jugend auf Freiheit und moralische Autonomie sowie den von Gustav Wyneken inspirierten Gedanken einer Jugendkulturrevolution weiterentwickelt. (14) Durch das gemeinsame Kriegserlebnis mit der proletarischen Jugend verbunden, hofften sie, die durch Krieg und Revolution offensichtlich zum Untergang verurteilte Erwachsenen weit im Bündnis mit der revolutionären Arbeiterjugend im "Klassenkampf der Jugend" zu überwinden. (15) Diese bürgerlichen Jugendlichen betrachteten die Jugend als einzig geeignete Trägerin einer neuen gerechten Ordnung, eines "Jugendsozialismus", als dessen wichtigste Voraussetzung ihnen (im Gegensatz zum "mechanistischen Sozialismus" der Sozialdemokratie) die Befreiung des Geistes der Menschen galt. (16)

Die revolutionäre proletarische Jugend nahm in Kontakt zu den "Jugendsozialisten" und als Ausdruck des Protests gegen das autoritär-patriarchalische Gehabe der Alten die Parole vom "Klassenkampf der Jugend", die diffuse Idee einer Jugendkultur und Elemente des Stils der bürgerlichen Jugendbewegung auf. (17) - In der FSJ, die zeitweise bis zu 20.000 Mitglieder zählte, hatte sich das gesamte Spektrum der revolutionären Arbeiterjugend links von der SPD zusammengefunden. (18) Sie war einig in dem Bestreben, gegen die Nationalversammlung und für ein Rätesystem zu kämpfen, Mitbestimmung der Jugend im Staat und Verbesserungen ihrer Arbeitsbedingungen zu fordern.(19) Diese Jugendlichen konnten auf die Unterstützung der verschiedenen revolutionären kommunistischen, unionistischen und syndikalistischen Strömungen hoffen, die im Verlauf des Jahres 1919 von der "Massenflucht nach links" profitierten, die in Reaktion auf die reformistische Politik von SPD und Gewerkschaften einsetzte. (20)

Im Zusammenhang mit dem Auseinanderbrechen der Aktionseinheit der revolutionären Erwachsenenorganisationen und deren zunehmender Zersplitterung und Differenzierung fiel auch die FSJ bis 1920 nach und nach auseinander. (21) Strittig waren vor allem die Fragen, mit welcher revolutionären Erwachsenenorganisation und in welcher Form die FSJ zusammenarbeiten sollte, des Fortbestands der organisatorischen und politischen Selbständigkeit der Jugendorganisation sowie die Frage des Organisationsprinzips (Zentralisation oder Dezentralisation). (22) Ende 1919 orientierte sich die Mehrheit der FSJ-Aktiven immer stärker am Kurs der KPD(S). Im Gegensatz zu den Anhängern der Anfang 1920 gegründeten linkskommunistischen Kommunistischen Arbeiter-Partei Deutschlands (KAPD) und anarchistischen Jugendlichen befürwortete sie eine straffe Zentralisierung der Jugendorganisation sowie, vor allem aus taktischen Gründen, eine Mitarbeit in den etablierten Gewerkschaftsverbänden. (23)

Diese Entwicklung stieß auf Widerstand bei denjenigen Jugendlichen, die weiterhin an der uneingeschränkten Autonomie der Jugend gegenüber den revolutionären Organisationen der Alten und ihrer Sonderrolle für die Revolution festhalten wollten. Die zunehmende Konzentration der FSJ auf den sozio-ökonomischen Kampf widersprach ihrer Einschätzung, daß eine Revolutionierung des Bewußtseins der Menschen und ihrer Beziehungen untereinander mindestens gleichrangig neben politisch-ökonomischen Umwälzungen zu stehen habe. Bei diesen anarchistischen Jugendlichen war die Idee einer Jugendkulturrevolution wach geblieben. Ihre Erfahrungen der Massenerhebungen während der Revolution legten außerdem die Ansicht nahe, daß der Wille des revolutionären Subjekts für die gesamtgesellschaftliche Transformation entscheidend sei und ließ sie zuversichtlich auf den unmittelbar bevorstehenden Zusammenbruch der noch labilen neuen, aber enttäuschenden Gesellschaftsordnung hoffen. Nach der Beseitigung des Staates, den sie als Hauptfeind einer weitergehenden Umwälzung und als Hauptverantwortlichen für alle Unterdrückung und alles Unrecht betrachteten, und der Abschaffung seiner Stützen, des Militärs, der Schule und der Justiz, wollten sie eine herrschaftsfreie und solidarische Gesellschaft verwirklichen. Eine konstruktive Beteiligung an Organisationen wie Parteien oder Gewerkschaften, die nicht jede Zusammenarbeit mit diesem Staat radikal ablehnten, war für sie daher völlig indiskutabel, zumal deren zentralistische Organisationsstrukturen als unvereinbar mit der Handlungsfreiheit der Individuen empfunden wurden.

Der Hauptprotagonist dieser Strömung in der FSJ in Berlin war Ernst Friedrich, der von seinem Vater (einem zum "Faktotum eines Bankdirektors" aufgestiegenen Sattler) auf die Straße gesetzt worden war, weil er es "zu nichts Gescheitem" bringen wollte, und sich zum Schauspieler hatte ausbilden lassen. (24) Während des Ersten Weltkrieges war er zeitweise als Kriegsdienstverweigerer interniert gewesen, war nach seiner Entlassung zur revolutionären Jugend gestoßen und hatte sich in der Novemberrevolution als Jugendagitator der FSJ engagiert. Infolge der oben geschilderten Entwicklung in der FSJ brachte Friedrich ab Juni 1919 in Konkurrenz zur "Jungen Garde" der FSJ eine eigene Zeitschrift, die "Freie Jugend" heraus, in der er mit Begriffen wie "herrschaftsloser Sozialismus", "Verabscheuung von Gewaltanwendung", "Freiheit", "Liebe" Anhänger zu sammeln suchte. (25) Die FSJ grenzte sich in polemischen Attacken gegen diese "anarchistischen Elemente" in den eigenen Reihen ab und denunzierte Friedrich und seine Sympathisanten als "Helfershelfer der Bourgeosie im Kampf gegen den Sozialismus". (26) Die Erklärung der mit Friedrich sympathisierenden Gruppe Wilmersdorf, daß sie als Anarchisten die Entwicklung der FSJ zur "Nachwuchszuchtvereinigung für eine bestimmte Partei" nicht mitmachen würden, wurde auf der Generalversammlung der FSJ Berlin im September 1919 (von der Friedrich wegen seiner Beredsamkeit vorsichtshalber ausgeschlossen worden war) von der großen Mehrheit ausdrücklich zurückgewiesen. (27)

Diese grundsätzlichen Differenzen führten Ende 1919 zum Ausscheiden der anarchistischen Jugendlichen aus der FSJ und zur Entstehung einer anarchistischen Jugendbewegung. (28) Ihre zahlenmäßige Bedeutung blieb allerdings verschwindend gering: maximal kann ihre Stärke auf insgesamt 5.000 Aktive geschätzt werden. (29) - Die jugendlichen Anarchisten hatten schon vor dem Bruch mit der FSJ-Mehrheit Unterstützung bei den Anarcho-Syndikalisten gesucht, um den Aufbau einer anarchistischen Jugendföderation in Angriff zu nehmen. (30)

1.2. Die anarchistische Jugendbewegung und die Anarcho-Syndikalisten 

Die Anarcho-Syndikalisten schlossen sich im Dezember 1919 in der Freien Arbeiter-Union Deutschlands (Syndikalisten) (FAUD(S)) zusammen. (31) Wie andere revolutionäre Gruppierungen hatten sie während und nach der Novemberrevolution beträchtlichen Zulauf: 1920 war ihre Mitgliedschaft auf 120.000 Personen angewachsen. (32) Die Anarcho-Syndikalisten propagierten die Fortführung der Revolution bis hin zur Beseitigung des Staates, jenes ihrer Theorie nach mächtigsten Instrumentes der privilegierten Kapitalistenklasse zur "Ausbeutung der breiten Massen", und die Abschaffung aller die Organisationsform des Staates bejahender Institutionen wie der Parteien und der etablierten Gewerkschaften. (33) Nach ihrer Überzeugung war der Aufbau eines herrschaftlosen Sozialismus unmittelbar zu verwirklichen, wenn es nur gelingen könnte, im Proletariat den "Willen zur Tat", zum Umsturz, zu wecken und es von den Ideen des Anarcho-Syndikalismus zu überzeugen. (34) Um dies zu erreichen, drängte der anarchistische Flügel der FAUD in der Tradition Gustav Landauers hauptsächlich auf eine "Revolutionierung der Köpfe", auf den Abbau verinnerlichter autoritärer Denk- und Charakterstrukturen in der Arbeiterschaft mittels verstärkter Propagandaanstrengungen. (35) Diese Strömung betrachtete den Sozialismus letzten Endes als "Kulturfrage" und forderte den sofortigen Aufbau einer Gegenkultur auf der Grundlage der "gegenseitigen Hilfe" und des solidarischen Zusammengehörigkeitsgefühls (Gedanken Kropotkins). (36) Der anarcho-syndikalistische Flügel dagegen betonte in Anlehnung an die französischen Syndikalisten die Konzentration auf den wirtschaftlichen Kampf, um so Anhänger für die revolutionäre anarcho-syndikalistische Gewerkschaftsorganisation zu gewinnen und deren Schlagkraft zu stärken. (37) Nicht auf dem Wege von Tarifverhandlungen und gesetzgeberischen Maßnahmen wollte man die Lage des Proletariats verbessern und damit gleich den staatsbejahenden Gewerkschaften zur Stabilisierung der ausbeuterischen Gesellschaftsordnung beitragen, sondern in Form der "direkten Aktion" (Sabotage, Streik, Boykott, passive Resistenz u.a.) wirtschaftliche Forderungen ohne Umwege durchsetzen. (38) Durch diese Mobilisierung des individuellen und kollektiven Widerstandes an der Basis hoffte man schließlich, im "sozialen Generalstreik" die Beseitigung der herrschenden Ordnung erzwingen zu können.

Schon im Aufbau ihrer eigenen Organisation wollten die Anarcho-Syndikalisten eine adäquate Grundlage für die künftige herrschaftslose Gesellschaft schaffen. In Abgrenzung zu Parteien und den übrigen Gewerkschaften suchten sie daher jede Zentralisierung, Hierarchisierung und Bürokratisierung zu vermeiden und an ihre Stelle die Organisationsprinzipien der Dezentralisation und der Selbstbestimmung der Basiseinheiten zu setzen. (39)

Die nach Berufen sich zusammenschließenden gewerkschaftlichen Ortsgruppen verfügten über vollständige Selbstverwaltung und vereinigten sich föderativ zu Industrieverbänden. In der künftigen Gesellschaft würden sie die Produktion organisieren. (40) An jedem Ort faßten daneben Arbeiterbörsen (AB) als "Mittelpunkt der lokalen gewerkschaftlichen Tätigkeit und der revolutionären Propaganda" die Gewerkschaftsgruppen zusammen. Sie sollten in der künftigen Wirtschaftsordnung den Konsum regeln. Die lokalen Arbeiterbörsen organisierten sich auf regionaler Ebene in Kreisarbeiterbörsen und Provinzialarbeiterbörsen (PAB). Auf überregionaler Ebene richtete die FAUD den alle 2 Jahre tagenden Kongreß ein, der über alle eingehenden Anträge entschied und eine Geschäftskommission (Gk) wählte, deren Tätigkeit er überwachte. Die Gk mit Sitz in Berlin hatte die Aufgabe, zwischen den Ortsgruppen zu vermitteln und mit Hilfe des Organs der FAUD "Der Syndikalist" die anarcho-syndikalistischen Gedanken zu verbreiten. Lediglich fünf Funktionäre wurden bezahlt.

Sowohl von der anarcho-syndikalistischen Theorie als auch von ihren Organisationsprinzipien her betrachtet, konnten die anarchistischen Jugendlichen in der FAUD eine Erwachsenenorganisation sehen, mit der eine konstruktive Zusammenarbeit für gemeinsame Ziele unter Wahrung der Autonomie der Jugendgruppen möglich sein sollte. Daß sich dennoch in der praktischen Umsetzung des Aufbaus einer anarchistischen Jugendföderation die Interessen der FAUD als teilweise schwer vereinbar mit den Bedürfnissen der Jugendlichen erwiesen, lag vor allem in dem spezifischen Verständnis der Jugendlichen von Anarchismus begründet, das in der Praxis erheblich von der zum Teil in der FAUD vertretenen Auffassung abwich.

Die anarchistischen Jugendlichen studierten zunächst nicht gründlich die anarchistischen und anarcho-syndikalistischen Theorien, sondern sahen vielmehr "in den Ideen des Anarchismus ihre Gefühle bestätigt". (41) Zwar wurden bisweilen Diskussionen über anarchistische Theoretiker geführt und theoretisch die Bedeutung des wirtschaftlichen Kampfes mit dem Ziel der Systemveränderung betont, vorrangig aber wollten die Jugendlichen die "Prinzipien des Anarchismus leben und dadurch am besten propagieren." (42) Für diese "Praxis des Anarchismus" hatten sie viele Elemente des Stils der bürgerlichen Jugendbewegung übernommen: lange Haare, eine offensiv gepflegte Nacktkultur, gemeinsame Fahrten und Feste u.v.m. (43) Mit anarchistischen Parolen und provokativen Aktionen, u.a. gegen die Kirche, gelang es ihnen, die bürgerlichen "Spießer" zu schockieren. Auf diese Weise und bei sporadischen Kundgebungen und Fahrten trugen sie ihre Überzeugungen zwar auch nach außen. Im Mittelpunkt ihres Interesses aber stand die individuelle und kollektive Weiterentwicklung der Gruppenmitglieder selbst. Die rein quantitative Erweiterung ihrer Bewegung erschien ihnen für den Aufbau einer neuen Gesellschaft weniger wichtig. "Besser ein guter Kern als eine faule Masse, mit der nichts anzufangen ist", meinten sie. (44)

Die anarchistischen Jugendlichen glaubten mit ihrer Praxis des Anarchismus der unmoralischen "geistigen und körperlichen Unkultur" der bürgerlichen Gesellschaft eine menschlichere Kultur entgegenzusetzen, die nach der erfolgreichen Revolution auf die Gesamtgesellschaft übertragen würde. (45) Durch ihre Aktivitäten und Überzeugungen zusammengeschweißt, betrachteten die Jugendlichen einen festen Organisationsrahmen, auch für ihre überregionalen Treffen, als überflüssig, ja schädlich für die freien Entfaltungsmöglichkeiten der Individuen und Gruppen. (46) Nach ihrem Selbstverständnis waren sie eine Jugendbewegung. "Wir brauchen keine Organisation und die damit verbundenen Organisationsgewaltigen noch lange nicht", war ihre Devise. (47) 

Diese dominierende Auffassung der anarchistischen Jugendlichen von der "Praxis des Anarchismus", ihre Organisationsfeindlichkeit und ihre nach wie vor unerschütterte Überzeugung, als Jugend eine besondere Rolle im revolutionären Prozeß zu spielen, kollidierten mit denjenigen Vorstellungen über eine anarcho-syndikalistische Jugendorganisation, die vor allem syndikalistisch orientierte Gk-Mitglieder und ihre jugendlichen Anhänger entwickelten. Sie strebten eine stärkere organisatorische Einbindung der Jugend in Form von Jugendsektionen in die FAUD an, die sich praktisch im wirtschaftlichen Kampf, vor allem für die Belange von Lehrlingen und Jungarbeitern engagieren sollten. (48)

Der Konflikt um die Zukunft der anarchistischen Jugendgruppen war vorprogrammiert und führte schon Anfang 1920 zum Bruch zwischen Friedrich und der Gk. Deren Verlangen, den Inhalt der von Friedrich herausgegebenen "Freien Jugend" zu kontrollieren und ihre Drohung, anderenfalls der Zeitschrift die bisher gewährte finanzielle Unterstützung zu entziehen, sowie ihr Aufruf an die Arbeiterbörsen im Dezember 1919, eigene anarcho-syndikalistische Jugendgruppen ins Leben zu rufen, führten zur Spaltung der anarchistischen Jugend und zur Herausbildung zweier konkurrierender Jugendorganisationen, der SAJD und der FJ. (49)

1.3. Die SAJD bis 1923/24

Die Mehrheit der anarchistischen Jugendgruppen entschied sich Anfang 1920 auf der Reichsjugendkonferenz der anarchistischen und syndikalistischen Jugend in Berlin für die Fortsetzung der Kooperation mit der FAUD. (50) Dies war vor allem dem überwiegend unproblematischen Verhältnis zwischen den Jugendlichen und den Basisorganisationen der FAUD auf örtlicher Ebene zu verdanken. (51) Die überwiegende Anzahl der Gruppen, vor allem in Sachsen, Thüringen und Rheinland-Westfalen, wollte aber ihre organisatorische Eigenständigkeit gegenüber der Erwachsenenorganisation nicht aufgeben und wehrte sich erfolgreich gegen die wiederholten hartnäckigen Anläufe der Gk und einiger Berliner und süddeutscher Gruppen, die Vorstellungen der Gk von einer anarcho-syndikalistischen Jugendorganisation durchzusetzen. (52) Diese Jugendlichen einigten sich im Sommer 1922 auf eine einheitliche Gruppenbezeichnung als "Syndikalistisch-Anarchistische Jugend" (SAJ) und bekannten sich offiziell zu den von der FAUD vertretenen Prinzipien des Anarcho-Syndikalismus. (53) 

Nach dieser eindeutigen Demonstration ihrer Zuordnung zur anarcho-syndikalistischen Bewegung wurde die SAJD auf dem 14. Kongreß der FAUD Ende 1922 als anarcho-syndikalistische Jugendorganisation anerkannt. (54) Entgegen den wieder einmal eingebrachten Vorstellungen der Gk pflichtete die Mehrheit der Delegierten der Argumentation der anwesenden Jugendvertreter bei: Den Anarcho-Syndikalisten als anti-autoritären Sozialisten müsse es im Gegensatz zu den autoritären darauf ankommen, "Menschen zu gewinnen und sich entwickeln zu lassen zu selbständigen, selbstbewußten Persönlichkeiten". (55) Die FAUD solle deshalb nicht darauf drängen, "unter allen Umständen eigene Jugendsektionen zu haben, die auf ihre Prinzipien schwören", sondern es müsse ihr genügen, "daß es eine Jugendorganisation gibt, die aus freier eigener Erkenntnis heraus die Prinzipien als die ihrigen erklärt und danach handelt". (56)

In Abgrenzung zum Konzept der Gk erklärten die Jugendvertreter darüber hinaus, daß sie den Schwerpunkt ihrer Aktivitäten nach wie vor auf die Arbeit für eine Bewußtseinsrevolution des Proletariats legen wollten und nicht auf den gewerkschaftlichen Kampf. (57) Sie definierten den Anarcho-Syndikalismus weiterhin in erster Linie als Kulturbewegung und stießen bei der Mehrheit der Delegierten angesichts des großen Gewichts des anarchistischen Flügels in der Erwachsenenorganisation selbst kaum auf Widerspruch. (58) 

Nach diesem Erfolg konnten sich innerhalb der SAJD allmählich diejenigen durchsetzen, die mittels der Institutionalisierung eines formalen Organisationsrahmens die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Gruppen festigen wollten. (59) So sahen die organisatorischen Leitsätze der SAJD, die auf einem Reichstreffen Pfingsten 1923 in Magdeburg den Ortsgruppen zur Beratung und Abstimmung vorgelegt wurden, einen föderativen Aufbau vor. Die Ortsgruppen und ihre noch einzurichtenden Informationsstellen sollten durch Bezirks- und eine Reichsinformationsstelle (die Bists und die Rist) verbunden werden. (60)

Im Jahre 1924 hatte die SAJD auf Grundlage der Magdeburger Leitsätze folgende Struktur: Nach Angaben der Rist waren ihr 120 Ortsgruppen mit ca. 3000 Mitgliedern angeschlossen, die sich in 9, allerdings organisatorisch sehr unterschiedlich stark ausgebaute Bezirke gliederten. Besonders aktiv waren die Bezirke Berlin, Rheinland-Westfalen und Sachsen-Thüringen. (61) Außerdem wurden die Einrichtung eines Reichskongresses als "bestimmende und vereinbarende Körperschaft" sowie Regelungen für den Kreis teilnahmeberechtigter Mitglieder und den Abstimmungsmodus für diese oberste Körperschaft vorgeschlagen. Die Rist als "oberstes und repräsentatives Organ der SAJD hatte nach diesem Entwurf koordinierende und propagandistische Aufgaben wahrzunehmen und für die monatliche Herausgabe des geplanten Organs der SAJD "Junge Anarchisten" (JA) zu sorgen, das durch Zwangsbeiträge der angeschlossenen Gruppen finanziert werden sollte. Die JA konnten nach längeren Anlaufschwierigkeiten im Oktober 1923 erstmals aufgelegt werden. Die fehlende Zahlungsmoral vieler Mitglieder hätte jedoch mehrfach das Erscheinen der Zeitschrift unmöglich gemacht, wäre nicht die FAUD mit einer stützenden Finanzspritze eingesprungen (62) - ein deutliches Indiz dafür, daß die Verbindungen der Rist zu den einzelnen Ortsgruppen auch nach 1924 überaus unbefriedigend waren. Von einem Redakteur der Rist meist im Einmannbetrieb am Feierabend gestaltet, spiegeln die "JA" eher die Diskussionen in der Rist wider; von den übrigen Mitgliedern wurden sie als theoretisches Organ für die Weiterbildung und Propaganda als selbstverständliche Serviceleistung der Rist konsumiert. (63) Ihre Auflage schwankte je nach Inhalt und eng gekoppelt an die Zahl der Mitglieder zwischen 2000 und 4000 Exemplaren. (64)

1.4. Die FJ bis 1923/24  

Ernst Friedrich und seine Anhänger hatten das Vorgehen der Gk entrüstet als autoritären Gängelungsversuch der antiautoritären Alten ("die förderalistisch denken und dabei doch die zentralistische Brille aufhaben") zurückgewiesen. (65) Diese Gruppen, für die "Jugend" auch die radikale Ablehnung jeder Bevormundung und jeder Herrschaft, also die zentralen Inhalte des Anarchismus verkörperte, bezeichneten sich daraufhin als Freie Jugend (FJ) und scharten sich um die von Friedrich in eigener Regie herausgegebene gleichnamige Zeitschrift. Sie betrachteten sich als "die letzten der Mohikaner" der revolutionären Arbeiterjugend, die sich nicht von irgendwelchen Alten an die Kandare nehmen lassen und weiter als Jugend "mit dem Teufel im Leibe gegen jede Autorität und Herrschaft" kämpfen wollten. (66) Die FJ hielt bis 1923 auch an den traditionellen Organisationsformen der anarchistischen Jugend fest. Um Kontakt untereinander zu halten, wurden regelmäßig zentrale Treffen, Bezirkstreffen und Treffahrten mehrerer Gruppen aus verschiedenen Regionen und zwischen Gruppen aus einer Stadt "zwecks Aussprache über gemeinsame Aktionen, Propaganda, über unsere Zeitung, usw. veranstaltet." (67) 

Die lose Organisationsstruktur der FJ macht genaue Angaben über ihre Zahl schwierig. 1921/22 gab es schätzungsweise 27 Gruppen mit insgesamt maximal 600 Mitgliedern, wobei die regionalen Schwerpunkte in Brandenburg, Sachsen, Rheinland und Westfalen lagen. (68) In Berlin, Dresden und Leipzig gab es jeweils mehrere Gruppen. (69)

Der Kontakt zwischen den Gruppen wurde hauptsächlich durch die Zeitschrift hergestellt. Durch diese Organisationsstruktur wurde die Berliner Gruppe als Herausgeberin der Zeitschrift wichtiger Motor vor allem für die ideologische Entwicklung der gesamten FJ. Aus diesem Grunde verdient die Berliner Gruppe und das Milieu, in dem sie sich bewegte und dessen lebendiger Bestandteil sie war, besondere Beachtung.

Anfänglich bildete die Wohnkommune Friedrichs (installiert in einem ursprünglich der FSJ gehörenden Jugendheim!) mit der ihr angeschlossenen Arbeiterkunstausstellung und den häufig stattfindenden Rezitationsabenden das Hauptquartier der FJ. (70) Nach dem Auseinanderfallen der Kommune kaufte Friedrich von Spendengeldern, die zur Finanzierung des bekannten Buches "Krieg dem Kriege" dienen sollten, ein einstöckiges Haus in Alt-Berlin. In unmittelbarer Nachbarschaft von "gewerbetreibenden Damen" und "allerhand Außenseitern der Gesellschaft" sowie zum Polizeipräsidium richtete die FJ nach mühevollen Renovierungsarbeiten 1923 ein "Internationales Haus" und 1924 das "Antikriegsmuseum" mit angeschlossener Buchhandlung ein. (71) Hier befanden sich auch die Wohnung Friedrichs und einiger Gesinnungsgenossen sowie Verlag und Druckerei der "FJ". Das Antikriegsmuseum war fortan Treffpunkt der FJ und ihrer Sympathisanten sowie Anziehungspunkt für Besucher, deren Spektrum von allen Arten von Lebensreformern über expressionistische Maler, im Exil lebende russische Anarchisten bis zu Kleinbürgern und älteren Arbeitern reichte, die die zahlreichen Diskussionsabende und Vorträge der FJ besuchten. (72)

Die Mitglieder der Berliner FJ profitierten von dem regen politischen und kulturellen Leben in der Stadt während der 20er Jahre. Sie hatten Kontakt mit verschiedenen Künstlern und besuchten die Veranstaltungen linksradikaler politischer Gruppierungen. Diese zahlreichen Anregungen bereicherten Inhalt und Gestaltung der "FJ", auf deren Herstellung und Vertrieb die Berliner Gruppe viel Energie verwandte. Dies hing nicht zuletzt damit zusammen, daß die Finanzierung der Zeitschrift anders als bei der SAJD bewußt nicht durch Pflichtbeiträge abgesichert war und vor allem durch Einnahmen aus dem Straßenverkauf bestritten werden mußte. (73) Den Hauptanteil der Arbeit leistete vor allem in den ersten Jahren Ernst Friedrich, der dafür als verantwortlicher Redakteur, wenn auch sehr spärlich, bezahlt wurde.

Entsprechend auffälliger und ansprechender im Vergleich zur Zeitschrift der SAJD wurde das Layout mit Karikaturen, Zeichnungen und Fotos aufgelockert. Eine Verkaufszahl von 1470 Exemplaren allein in Berlin wurde als Erfolg gewertet, die Sondernummer "1914 - 1924" erreichte sogar die beachtliche Auflage von 50.000 - die "FJ" muß also bisweilen einen Käuferkreis erreicht haben, der weit über das engere Umfeld der FJ hinausging. (74)

Das Jahr 1923/24 stellte für die Entwicklung beider Gruppen einen entscheidenden Einschnitt dar. Die Tendenz der oben beschriebenen intensiven Konzentration auf das Gruppenleben hing stark mit den wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen zusammen, unter denen die anarchistischen Jugendlichen agierten. Die allgemeine materielle Unsicherheit der Nachkriegsjahre und der Inflationszeit sowie die ständigen Krisen, die die junge Weimarer Republik erschütterten, hielten ihre Erwartung lebendig, daß die verhaßte Ordnung sehr bald zusammenbrechen und nach einer erfolgreichen Revolution ihre "Praxis des Anarchismus" das gesellschaftliche Leben bestimmen würde. (75) - Wozu also sollte man sich um persönliche materielle Existenzsicherung bemühen und dafür die zukunftsträchtige "Praxis des Anarchismus" vernachlässigen, zumal man als Jugendlicher und Anarchist sowieso von der allgemeinen Jugendarbeitslosigkeit der frühen 20er Jahre betroffen war und als "bekennender Anarchist" auf "Schwarzen Listen" der Firmen stand? (76) Diese Stimmung prägte das Lebensgefühl und das Gruppenleben sowohl der SAJD als auch der FJ trotz der Differenzen in bezug auf eine Zusammenarbeit mit der FAUD und hinsichtlich einer Institutionalisierung der Gruppenzusammenhänge. Auch deshalb blieben die Übergänge zwischen FJ- und SAJD-Sympathisanten während dieser Jahre fließend. Erst auf dem Hintergrund der Konsolidierung der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse ab 1924 entwickelten sich die beiden Gruppen immer weiter auseinander.

Die revolutionäre Stimmung der unmittelbaren Nachkriegsjahre, die in der Inflationszeit noch einmal einen Höhepunkt erreicht hatte, war verflogen. Die immer bekämpfte neue Gesellschaftsordnung erwies sich als lebensfähiger und dauerhafter als erwartet. Die anarcho-syndikalistischen und linkskommunistischen Gruppen waren von der KPD, die zur Massenorganisation geworden war, isoliert und hatten einen Großteil ihrer Mitglieder (die FAUD 2/3) verloren. (77) Auch die anarchistischen und anarcho-syndikalistischen Jugendgruppen wurden geschwächt. Der Rist der SAJD waren noch im Dezember 1924 angeblich 120 Ortsgruppen angeschlossen. (78) Ihre Zahl schmolz bis Oktober 1925 auf nur noch 36 Gruppen zusammen. (79) Die FJ profitierte kurzzeitig von den internen Auseinandersetzungen in der SAJD, die zum Anschluß einiger anarcho-syndikalistischer Jugendgruppen an die FJ führten. Neue Gruppen konnten dagegen kaum aufgebaut werden. (80) 

Ernüchtert mußten die Jugendlichen feststellen, daß ihre bisher verfolgte Strategie zur Revolutionierung der Gesellschaft wirkungslos geblieben war. (81) Hinzu kam, daß sich die nachwachsenden neuen Mitglieder zumindest der SAJD vor völlig andere Probleme gestellt sahen als die Aktiven vor 1924. Die meisten der neuen Gruppenmitglieder hatten Arbeit, viele Lehrstellen und wurden mit den Härten der Arbeitswelt, gerade für Jugendliche, konfrontiert. (82) Diese einschneidenden Veränderungen und der weiterbestehende Willle zur Gesellschaftstransformation nach anarchistischen Vorstellungen lösten bei SAJD und FJ ab 1923/24 Umdenkungsprozesse aus, die ihrer Programmatik, Organisation und Propaganda ein jeweils unterschiedliches neues Gepräge gaben. 

II. Die theoretisch-programmatische Entwicklung von SAJD und FJ ab 1924 

2.1. Die SAJD  

Auf die weitere programmatische Entwicklung der SAJD hatte ihr enges Verhältnis zur anarcho-syndikalistischen Erwachsenenorganisation, zu deren Prinzipien sie sich 1922 bekannt hatte, entscheidenden Einfluß. Die FAUD hatte bislang neben der Thematisierung kulturrevolutionärer Bestrebungen die direkte revolutionäre Umwälzung der sozio-ökonomischen Verhältnisse propagiert und sich theoretisch gegen die Beteiligung der Anarcho-Syndikalisten an ökonomischen Tageskämpfen der Arbeiterschaft zur Erreichung von Teilzielen gestellt. Nun gewannen diejenigen Kräfte an Gewicht, die ein Engagement in solchen Auseinandersetzungen für sinnvoll und geeignet hielten, um eine breitere Basis für die Ziele des Anarcho-Syndikalismus zu gewinnen. Diese anarcho-syndikalistische Richtung in der FAUD konnte sich 1925 schließlich gegen den anarchistischen Flügel durchsetzen, der in der Arbeit für eine Bewußtseinsrevolution des Proletariats den einzig gangbaren Weg sah, der nicht zwangsläufig im Reformismus zu enden
drohte. (83)

Ein ähnlicher Diskussionsprozeß ist in der SAJD zu beobachten. Noch Mitte 1924 wurde in den "JA" der "Kulturkampf" zur wesentlichen Aufgabe der anarcho-syndikalistischen Jugend erklärt, mit der Warnung vor der kritiklosen Übernahme bürgerlicher Kulturelemente aber implizit schon die spielerischen, von der Wandervogelbewegung inspirierten Formen des Gruppenlebens in Frage gestellt und eine "Kampfkultur" für die revolutionäre Umwälzung der Gesellschaft gefordert. (84) Ab 1925 nahmen dann Vertreter des anarcho-syndikalistischen Flügels in der SAJD in einer Flut von Artikeln gegen die Konzentration auf den "Kulturkampf" Stellung. Sie sahen in ihm die Hauptursache für den in den Gruppen angeblich verbreiteten "Indifferentismus" und das "Fehlen jeden Sinnes für die praktische und reale Tätigkeit im Klassenkampfe". (85) Nicht die Absonderung zur Suche nach "neuen Lebensformen" werde die Revolution vorantreiben, sondern die Beteiligung am "proletarischen Klassenkampf", das "Eingreifen in den Lauf des politischen Geschehens der Völker". Nur so könne die Jugend ihrer eigentlichen, schon von der FSJ formulierten Aufgabe, nämlich "unbesiegbare Kerntruppe der Revolution" zu sein, gerecht werden. (86) in Rückbesinnung auf die eigene Klassenlage forderte der syndikalistische Flügel eine Distanzierung von der bürgerlichen Jugendbewegung und eine Einordnung in die Kampfgemeinschaft des Proletariats. Das Konzept Wynekens, wonach die Jugend als "Quell des Edlen, Freien, Geistigen" ganz der kulturellen Erneuerung leben solle, gehe völlig von der Lebensrealität der bürgerlichen Jugend aus, die noch nicht zum Broterwerb gezwungen sei. Bei den gegenwärtigen Nöten der Arbeiterjugend könnten solche Vorstellungen nicht verwirklicht werden. Um die proletarische Jugend für die soziale Revolution zu mobilisieren, habe die Propaganda der SAJD daher bei der Ausbeutung der jugendlichen Arbeiter im Produktionsprozeß anzusetzen. (87)

Selbst das Postulat einer eigenständigen Rolle der Jugend für den revolutionären Prozeß, so meinten sie, sei auf diesem Hintergrund zurückzustellen: das "Interesse aller Ausgebeuteten" erfordere engste Zusammenarbeit mit den Alten. In der Erkenntnis, daß ohne eine auch zahlenmäßig starke anarcho-syndikalistische Bewegung die soziale Revolution nicht verwirklicht werden könne, wurde gefordert, die bisher vorherrschende Neigung zur Absonderung in den eigenen Gruppen aufzugeben, sich in den wirtschaftlichen Tagesauseinandersetzungen zu engagieren und dort anarcho-syndikalistische Ideengehalte zu vermitteln. "Heran an die Massen!" lautete das Motto, das den künftigen Kurs kennzeichnen sollte. Diese vom syndikalistischen Flügel favorisierte rigorose Umorientierung der SAJD auf den wirtschaftlichen Kampf und die damit verbundene Geringschätzung des "Geredes von Kultur", die völlige Abkehr von der bisherigen Gruppenpraxis war aber bei der Mehrheit der anarcho-syndikalistischen Jugendlichen nicht durchsetzungsfähig. (88) Zwar betonte nun auch der anarchistische Flügel der SAJD den zentralen Stellenwert des wirtschaftlichen Kampfes, aber auch die kulturrevolutionären Aktivitäten des Anarcho-Syndikalismus dürften nicht fallengelassen werden. "Kulturkampf ist Klassenkampf" meinten sie, denn ein durch bürgerliche Kultur und Ideologie irregeleitetes Proletariat könne den Aufbau einer "Kultur des Sozialismus" nicht leisten. Der hierfür notwendige "Wille zur Neuschaffung" könne nur Produkt "geistig revolutionierter Menschen" sein und entspringe erst der Erfahrung eigener kultureller Betätigung und der Praktizierung solidarischer Beziehungen in den anarcho-syndikalistischen Organisationen.

Parallel zu diesem Ende 1925 grundsätzlich abgeschlossenen Klärungsprozeß wurde der neue Kurs der SAJD in programmatischen Erklärungen festgeschrieben. Der 5. Reichskongreß der SAJD im Oktober 1925 verabschiedete analog zum programmatischen Richtungswechsel in der FAUD in Anwesenheit einiger Gk-Mitglieder Resolutionen, die den Auftrag auch der SAJD zum Engagement in den wirtschaftspolitischen Tagesauseinandersetzungen, vor allem für die Belange des Jungproletariats, proklamierten. (89) Die Aufgaben der anarcho-syndikalistischen Jugend für eine proletarische Kulturrevolution wurden in einer Resolution zur "Bildungs- und Erziehungsarbeit" beschrieben: die "freie Selbsterziehung" und Bildung der Gruppenmitglieder in Ergänzung zur mangelhaften Volksschulbildung und darüber hinaus die Betreuung von antiautoritären Kindergruppen, in denen die Kinder ausdrücklich nicht "für eine Partei oder sonstige Bewegung" gewonnen werden, sondern durch "Selbsterziehung [...] zu Menschen heranreifen [sollten], die den Ehrentitel Mensch verdienen". (90)

Anfang 1926 wurde das neue Selbstverständnis der SAJD, Erziehungsgemeinschaft und die anarcho-syndikalistische Klassenkampforganisation der Jugend zu sein, in einer Prinzipienerklärung zusammengefaßt. (91) Die Existenz dieser gesonderten Erklärung der Jugend, die zwar den Willen zur engen Zusammenarbeit mit der FAUD betonte, aber deren Theorie in eigenständigen Formulierungen wiedergab, deutet darauf hin, daß die SAJD zu diesem Zeitpunkt noch nicht bereit war, die traditionellen Ansprüche der anarchistischen Jugend auf eine gewisse Sonderstellung innerhalb der revolutionären Bewegung aufzugeben. - Die Führung im Kampf um die soziale Revolution aber wurde der anarcho-syndikalistichen Erwachsenenorganisation überlassen. Die Jugend beschränkte sich nun selbst und in Einklang mit den Vorstellungen der FAUD darauf, das Jungproletariat zu mobilisieren und in ihren Gruppen diejenige Generation heranzubilden, die den herrschaftslosen Sozialismus verwirklichen sollte.

2.2. Die FJ

Ähnlich wie in der SAJD setzte sich ab 1923 auch innerhalb der FJ immer stärker die Einsicht durch, daß man mit dem bisher praktizierten eher spielerischen Gruppenleben, "mit Klampfenspiel, Gesang und Tanz, dieser heiligen Dreieinigkeit des Wandervogels [...] wohl eher eine angenehme Unterhaltung, aber keine soziale Revolution" schaffen könne. (92) Zur Überwindung der bürgerlichen Kultur müsse eine Kultur des Kampfes aufgebaut werden. Wenn nun dazu aufgerufen wurde, endlich "zur Tat" zu kommen, um die herrschende Ordnung auf allen Ebenen samt ihrer Ideologie zu bekämpfen, so fehlte der FJ im Gegensatz zur SAJD zunächst eine Konzeption, an die sie sich anlehnen konnte und wollte. Nach den enttäuschenden Erfahrungen mit den "antiautoritären Autoritäten" der FAUD war für die FJ eine Orientierung an deren Theorie und Praxis ausgeschlossen. Die FJ entwickelte vor allem in Auseinandersetzung mit den Theoretikern der linkskommunistischen Allgemeinen Arbeiter-Union (Einheitsorganisation) (AAUE) eine eigene Strategie zur Revolutionierung der Gesellschaft.

Die AAUE war im Oktober 1921 von Vertretern des Einheitsorganisationsgedankens der linkskommunistischen Kommunistischen Arbeiter Partei Deutschlands (KAPD) und der ihr angeschlossenen Allgemeinen Arbeiterunion (AAU) begründet worden. (93) Mitglieder der Berliner FJ hatten Kontakt zu ihren führenden Theoretikern Franz Pfempfert, Oskar Kanehl, James Broh und Otto Rühle, die Pirnaer FJ vor allem zu Rühle und der aktiven örtlichen AAUE. (94) 

Die von der AAUE vertretenen Grundanschauungen kamen den Vorstellungen der anarchistischen Jugendlichen in vieler Hinsicht entgegen. Wie die FAUD begriff sich die AAUE als antiautoritär, staatsfeindlich und war gegen jede "Parteidiktatur". (95) Sie befürwortete die Kampfformen der direkten Aktion und das Prinzip eines föderalistischen Organisationsaufbaus. (96) Sie hatte die "Selbstbewußtseinsentwicklung des Proletariats" als wichtige Voraussetzung zur Verwirklichung einer neuen Gesellschaftsordnung zum Programmpunkt erhoben. Eine Beteiligung an staatsbejahenden Organisationen und die Organisationsform der Partei lehnte sie ab. Ihrer Überzeugung nach war im damaligen Stadium der gesellschaftlichen Entwicklung, das sie als revolutionär einschätzte, politischer und ökonomischer Kampf nicht mehr zu trennen. Ausgangspunkt für den revolutionären Kampf und den künftigen Gesellschaftsaufbau sollten die Betriebsorganisationen (BO) sein, auf deren Grundlage ein Rätesystem auf wirtschaftlicher Basis aufbauen sollte.

In der BO erblickte die FJ ab 1924 eine vielversprechende Alternative zum Berufsorganisationsmodell der Anarcho-Syndikalisten, da sie eine "naturgemäße", weil schon vorhandene Form der Organisation darstelle, die nicht erst quasi künstlich (wie Parteien und Gewerkschaften) geschaffen werden müsse. (97) Im Betrieb würden außerdem durch die alltägliche Präsenz des Klassengegensatzes die Kampfaktivitäten wachgehalten, und hier liege der optimale Ansatzpunkt für die Kontrolle der Produktion durch die Arbeiterklasse, weil sie hier die Produkionsmittel direkt in der Hand habe. Das Selbstbewußtsein des Proletariats, auch tatsächlich die Produktion und die Gesellschaft auf der Basis der BO gestalten zu können, wollte die FJ durch ihre Propaganda fördern.

Die FJ öffnete sich in Auseinandersetzung mit der AAUE für marxistische Theorien, die sie bislang pauschal als autoritär verurteilt hatte. Von Rühles Auffassung inspiriert, wonach die Marxsche Theorie als Instrument der Gesellschaftsanalyse durch eine antiautoritäre revolutionäre Strategie ergänzt werden müsse, nahm die FJ die "Synthese Marx-Bakunin" vor. (98) Auf diese Weise war es ihrer Meinung nach möglich, die große Schwäche des Anarchismus, das Fehlen einer fundierten ökonomischen und politischen Theorie, auszugleichen, ohne den zentralen Gedanken des Anarchismus, die Betonung des entscheidenden Stellenwertes des subjektiven Faktors für den revolutionären Prozeß, zu verraten. (99) Diese Sichtweise machte die FJ empfänglich für die theoretischen Positionen, die Otto Rühle in der Folgezeit entwickelte.

Rühle forderte 1925 eine theoretische und praktische Umorientierung der AAUE. Unter den veränderten politischen und gesellschaftlichen Bedingungen könne die Organisation nur erfolgreich auf die proletarische Revolution hinarbeiten, wenn sie (in Weiterführung des Programmpunktes der "Selbstbewußtseinsentwicklung des Proletariats") ihre marxistische Theorie durch die Individualpsychologie Alfred Adlers ergänze. (100) Denn das Fortbestehen autoritärer Charakterstrukturen im Proletariat, produziert durch eine auf "Privateigentum und Privatwirtschaft" basierende Gesellschaft, die das natürliche Sicherheitsstreben der Menschen zum Machtstreben pervertiere, vergifte alle zwischenmenschlichen Beziehungen und mache den erfolgreichen Kampf für eine freiheitliche Gesellschaft mit solidarischen Beziehungen von vornherein aussichtslos. Der Abbau des "autoritären Prinzips" im Proletariat und die Konzentration auf "anti-(oder besser un-)autoritäre Erziehung" sei in der aktuellen Periode zur Vorbereitung der Gesellschaftstransformation unabdingbar. Diese Konzeption Rühles, vor allem auch die von ihm konstatierte "Ergängzungsbedürftigkeit" des Marxismus, stieß auf die Ablehnung Pfemferts, Kanehls und Brohs und führte zum Bruch Rühles mit der AAUE. 

In diesem Ansatz fand die FJ dagegen die Bestätigung für ihren schon früher propagierten Kampf gegen den "Knechtsinn" im Proletariat. (101) Auf dieser theoretischen Basis konnte sie nun die traditionellen Aktivitäten der anarchistischen Jugend für die Bewußtseinsrevolution im Proletariat fortsetzen. Gestützt auf das Urteil ihres geistigen Promotors Rühle sah sie ihre Gruppe als prädestinierte Vorkämpferin für die herrschaftslose Gesellschaft: In ihrer konsequenten Abwehr aller Bevormundungsversuche der Erwachsenenorganisationen hatte sie im Gegensatz zu allen anderen proletarischen Jugendgruppen ihre unerschütterliche antiautoritäre Haltung bewiesen und das Erbe der Jugendbewegung, den Willen, als "selbständiger Repräsentant" für eine "freie, eigene Jugendkultur" zu kämpfen, am entschiedensten gewahrt. (102) In ihrer Gruppe, dieser "Interessengemeinschaft der Unterdrückten" mit ihren nicht-hierarchischen Strukturen könne der proletarische Jugendliche seine aus seiner Klassenzugehörigkeit resultierenden "Minderwertigkeitsgefühle" abbauen und "Klassen- und Selbstbewußtsein" entwickeln. (103) Die auch in der FJ immer noch beobachtbaren schädlichen Auswirkungen des "Geltungsstrebens" sollten durch Selbsterziehung zur "Gemeinschaftsfähigkeit" allmählich überwunden werden. (104) 

Damit aber die FJ ihrem eigenen Anspruch gerecht werden konnte, mußte sie auch die Umgangsformen in der eigenen Gruppe selbstkritisch unter die Lupe nehmen - auch hier waren schädliche Auswirkungen des "Geltungsstrebens" zu beobachten, mußte die "Gemeinschaftsfähigkeit" noch erlernt werden. (105) Durch die Intensivierung des Gruppenlebens und den Aufbau einer Alternative zur "bürgerlichen Gemeinschaftsorganisation Familie" sollte verhindert werden, daß die älteren Mitglieder nach dem Ausscheiden aus der Jugendgruppe doch wieder im trügerischen "Abgrund Familienglück" endeten oder als "ewige Jugendbewegler" durch ihre Dominanz in den Gruppen die geforderte Selbstbewußtseinsentwicklung der Jüngeren blockierten. (106) Anders nämlich als die alternden Jugendlichen der SAJD kam für sie keine Erwachsenenorganisation als weiterführendes Betätigungsfeld in Frage, weil einzig die FJ die von ihnen entwickelte Strategie verfolgte und den Anspruch einer eigenständigen, besonderen politischen Kraft aufrecht erhielt.

Auf diesem Hintergrund ist auch die vorgenommene Neubestimmung ihres Begriffs von "Anarchistsein" zu sehen. Hatten sie anfangs ihr Selbstbewußtsein als revolutionäre Avantgarde einer sozialen Revolution aus der Tatsache ihrer Jugendlichkeit bezogen, die sie mit "Anarchistsein" gleichgesetzt hatten, so ließ sich diese Definition mit fortschreitendem Alter immer weniger durchhalten. Aber auch die theoretische Entwicklung der FJ, die von einem eher gefühlsmäßigen Bekenntnis zu den Ideen des Anarchismus zu einer theoretisch fundierten Weltanschauung und Strategie geführt hatte, legte andere Maßstäbe für die Beurteilung der Qualität eines antiautoritären Revolutionärs nahe: Die eigene, als einzig richtig betrachtete revolutionäre Konzeption rückte zum entscheidenden Kriterium auf. Es kam nun darauf an, "jung an Geist" zu sein, indem man am Abbau aller autoritären Charakterstrukturen, an der Herstellung solidarischer Beziehungen auf allen Ebenen arbeitete, die Verbindung von marxistischer Gesellschaftsanalyse und "Bakunistischer Taktik" zum Ansatz der Gesellschaftstransformation von der sozio-ökonomischen Ebene her nahm und für die emanzipatorische Organisationsform der BO warb. (107)

Ihre revolutionäre Strategie faßte die FJ 1927 in einer programmatischen Erklärung, die jedoch keinen offiziell verbindlichen Charakter für ihre Mitglieder hatte, zusammen. Hier bestimmte sie den Standort, den ihre Mitglieder als "Anarchisten", nicht mehr als Jugend, in den Kämpfen des Proletariats einnehmen wollten. (108) Sie betonte, daß sie keinen Machtanspruch habe, ihr gehe es nicht um die "Werbung zahlender Mitglieder", nicht "für" das Proletariat, sondern in erster Linie "für sich selbst" wollte sie kämpfen und "durch ihr Beispiel wirken". Ihr Führungsanspruch war pädagogischer Art: "als Propagandisten der wahren Erkenntnis" wollte sie dafür arbeiten, daß die Arbeiterschaft ihre Erfahrungen in die Einsicht in die Notwendigkeit einer sozialen Revolution umsetzte.

III. Die organisatorische Entwicklung von SAJD und FJ ab 1924 

3.1. Die SAJD

Obwohl die SAJD schon ab 1923 mit dem Aufbau institutionalisierter Organisationsstrukturen begonnen und sich auf eine Zusammenarbeit mit der FAUD festgelegt hatte, herrschte zwischen den verschiedenen Gruppen doch Uneinigkeit darüber, wieweit man mit dem Ausbau der Organisation gehen sollte und wie eng man sich an die Erwachsenenorganisation binden müßte. Die internen Diskussionen wurden noch zusätzlich dadurch kompliziert, daß auch innerhalb der FAUD die Autonomie der Jugendorganisation weiterhin umstritten blieb. Schon der Entwurf der Magdeburger Leitsätze (s.o. S. 479 ) widersprach dem Organisationsverständnis der ostthüringer Gruppen, die meinten: "Wir sind einheitlichen Willens und das ist Organisation!" (109) Verbindliche Mehrheitsentscheidungen und per Statut fixierte organisatorische Regelungen behinderten ihrer Ansicht nach die Entfaltung der Initiative der Individuen und liefen zwangsläufig auf "Zentralisation" und "Bonzentum" hinaus. Die Ostthüringer wollten keinen Millimeter von ihrem ungebrochenen Avantgardismus abrücken. Selbst die theoretische und politische Führung in der revolutionären Bewegung sollte auf keinen Fall der Erwachsenenorganisation überlassen werden. (110) Die Jugendgruppen dürften sich nicht "an die Alten klammern", sondern müßten "als Jugend über diese hinausgehen."

Gegen solche Positionen ging der anarcho-syndikalistische Flügel ab 1925 in die Offensive: Provokativ verkündeten seine Vertreter für die Zukunft der SAJD die Alternative "Entweder Organisation oder leblose Horde!". Organisation sei "die Seele jeden Erfolges", denn ohne eine Übersicht über die Mitglieder, ohne klar geregelte Pflichten und Rechte für alle und ohne eine gesicherte finanzielle Grundlage werde die SAJD nicht die nötige Schlagkraft gewinnen können. Anarchie sei nicht zu verwechseln mit "Zügellosigkeit" und "Verantwortungslosigkeit". (111) 

Diese Strömung drängte darüber hinaus auf eine satzungsmäßjg fixierte organisatorische Einbindung in die Erwachsenenorganisation auf Grundlage der Programmatik der Anarcho-Syndikalisten. Die SAJD dürfe keinesfalls zu einer Konkurrenzorganisation der FAUD werden, indem sie eigenständige Ziele verfolge, sondern habe vielmehr zu Stärkung der Gesamtbewegung für deren Nachwuchs zu sorgen. (112) 

Der anarchistische Flügel wandte sich zwar nicht gegen jede Institutionalisierung der Zusammenarbeit etwa in Form der Reichskongresse. Aber solche "Radikalmittel" wie Pflichtbeiträge und die Verbindlichkeit der Kongreßbeschlüsse, wie sie die Syndikalisten forderten, gingen ihm zu weit. (113) Statt auf den Ausbau des Organisationsgerüstes müsse man sich auf die geduldige Erziehung der Mitglieder zur Einsicht in die Notwendigkeit der Organisation konzentrieren, denn ohne "geistige Bindung" verkomme diese zur "Staffage". Eine völlige Aufgabe der Autonomie der Jugendorganisation widersprach ihrer Überzeugung, daß die Jugend nach wie vor die spezifische Aufgabe habe, für die "Erringung neuer Kulturideale" zu arbeiten und einzig die organisatorische Autonomie der SAJD die Heranbildung eines selbstbewußten anti-autoritären Nachwuchses für die FAUD gewährleisten könne. (114)

Aufgrund dieser teils unüberbrückbaren Differenzen kehrten schon im Sommer 1924 die ostthüringer Gruppen der SAJD enttäuscht den Rücken und schlossen sich der triumphierenden FJ an. (115) In den übrigen Gruppen setzten sich dagegen tendenziell die Befürworter einer Straffung der Organisationsstrukturen durch. Mit nie gekannter Gründlichkeit bereitete die SAJD ihren 5. Reichskongreß durch Urabstimmung, Einsetzung einer Mandatsprüfungskommission, Konstituierung einer Kongreß- und Schriftleitung sowie zahlreiche Treffen auf Orts- und Bezirksebene zur Beratung der vorgelegten Anträge im Herbst 1925 in Erfurt vor. (116) In Erfurt beschloß man die Einführung monatlicher Pflichtbeiträge, den obligatorischen Bezug der "JA" durch die Gruppen, den Ausbau der Rist und ein Ausschlußverfahren gegen Personen, die den Grundsätzen der SAJD zuwider handelten. (117) Die Festlegung der Verbindlichkeit der Reichskongreßbeschlüsse, die Einführung einer Altersbegrenzung für die Mitgliedschaft in der Jugendorganisation sowie eine Verpflichtung der Älteren, sich auch in der FAUD zu organisieren, konnten aber nicht durchgesetzt werden. Die gravierenden Meinungsunterschiede waren noch nicht aus dem Weg geräumt. 

Gingen dem anarcho-syndikalistischen Flügel die Erfurter Beschlüsse noch nicht weit genug, so beurteilte der anarchistische Flügel diese als gefährliche, "rudimentäre Erscheinungen der zentralen Parteien" und votierte weiter für das Prinzip der Freiwilligkeit. (118) Die Fronten liefen quer durch die Berliner Rist und führten schließlich zum Eklat. Durch eine Enthüllung der "FJ" kam die skandalöse Tatsache ans Licht, daß ein besonders eifriger Verfechter des anarcho-syndikalistischen Kurses innerhalb der Rist von der Gk der FAUD eine Monatsunterstützung und Reisespesen erhalten hatte, "dafür, daß er die SAJD völlig an den Wagen der FAUD anhängt." (119) Daraufhin wurden er und seine Anhänger aus der RIST ausgeschlossen. (120)

Während der Diskussionen um das Für und Wider dieses Schrittes verlor die verbliebene Rist kurzzeitig fast alle Verbindungen zu den Ortsgruppen. Erst Ende des Jahres 1926 glätteten sich die Wogen. Die grundlegenden Meinungsverschiedenheiten ließen sich jedoch auch auf dem 6. Reichskongreß in Offenbach nicht ausräumen. (121) Trotz massiver Proteste konnte die Verbindlichkeit der Reichskongreßbeschlüsse wieder einmal nicht durchgesetzt werden. Daraufhin entschlossen sich unzufriedene, stark syndikalistisch geprägte Gruppen aus dem Rheinland und Westfalen im Februar 1927, zur Gründung einer Anarcho-Syndikalistischen Jugendföderation (ASJF) nach ihren Vorstellungen aufzurufen. (122) ihr vorgelegtes Organisationsregulativ lehnte sich an einen Entwurf der PAB Groß-Thüringen an, die die im Herbst 1926 entstandene Konfusion in der SAJD hatte nutzen wollen, um nun endlich doch eine engstens mit der FAUD verbundene Jugendorganisation zu schaffen. (123) Nach ihrem Konzept mußte sich jedes Mitglied der ASJF über 18 Jahre an eine Berufsorganisation der FAUD anschließen, Jugendvertreter sollten den Arbeiterbörsen, den Geschäftsleitungen der PABs und der Reichsföderation der AB stimmberechtigt angehören. 

Programmatisch hatte sich die ASJF "rückhaltlos" zur FAUD zu bekennen. Daß die von der PAB-Groß-Thüringen und von der Gk protegierte ASJF nicht auf ungeteilte Sympathien in der FAUD stieß (viele OGs plädierten nach wie vor für "Freiheit und Autonomie" der Jugend), erleichterte eine Verständigung zwischen den beiden nun konkurrierenden Jugendorganisationen. (124) Auf dem 7. Reichskongreß in Halle Weihnachten 1928 wurde durch Kompromißlösungen, die durch die Abwesenheit der hartnäckigen Anarchisten möglich war, die erneute Integration der anarcho-syndikalistischen Jugend erreicht. (125) Schon vor dem Eintritt in die Tagesordnung erklärte der Kongreß seine Beschlüsse für alle Mitglieder als bindend. Die SAJD verzichtete endgültig auf die eigene Prinzipienerklärung und übernahm dafür die der FAUD. Zwar schrieb sie ihren älteren Mitgliedern nicht die parallele Organisation in der FAUD verpflichtend vor, wollte aber in Zukunft darauf einwirken, daß sie sich deren Föderationen anschlössen. Die OGs wurden angewiesen, Delegierte in die AB und PAB und FAUD zu entsenden, "wo sie am Auf- und Ausbau derselben tatkräftig mitzuwirken haben, unter besonderer Berücksichtigung der Fragen der Jugend". - Die Beschlüsse des 7. Reichskongresses wurden in den "JA" als vielversprechender Ansatz für die Vereinheitlichung und Effektivierung der künftigen Propagandaarbeit gefeiert.

Ihre organisatorische Autonomie hatte die SAJD trotz fortgesetzter Bedrohung mit Unterstützung der Mehrheit der FAUD wahren können. Gleichzeitig aber wurde unter dem Druck des syndikalistischen Flügels eine wesentlich engere Zusammenarbeit zwischen Jugend- und Erwachsenenorganisation institutionalisiert und damit gewisse Kontrollmöglichkeiten der FAUD über die SAJD eröffnet. Durch die Übernahme der Prinzipienerklärung der FAUD war die politische Loyalität der SAJD gegenüber dem Kurs der FAUD zumindest theoretisch festgeschrieben.

3.2. Die FJ

Anders als die SAJD hatte die FJ bis 1923/24 weder Ansätze zur Institutionalisierung formal geregelter Organisationsstrukturen aufgebaut noch war sie bereit gewesen, sich dem Führungsanspruch einer Erwachsenenorganisation, nicht einmal auf theoretisch-programmatischer Ebene, unterzuordnen. Auch ihre fortschreitende theoretische Weiterentwicklung nach 1923/24 führte nicht zu einer Abkehr von diesen Grundpositionen, sondern untermauerte sie im Gegenteil noch durch neue theoretische Überlegungen.

Da die FJ davon ausging, daß nicht Parteien oder Gewerkschaften, vielmehr die unorganisierten Massen den Ausschlag für den Sieg der sozialen Revolution geben würden, kam es ihr letztlich nicht auf den Mitgliederzuwachs in den eigenen Gruppen an, sondern vielmehr auf eine schlagkräftige Propaganda. (126) Für diesen Zweck aber, so meinten ihre Mitglieder, sei ein formaler Organisationsrahmen nicht notwendig und auch verfehlt, weil einzig das Organisationsmodell der BOs und des auf ihnen aufgebauten Rätesystems als "naturgemäße" und geeignete antiautoritäre Form zum Aufbau des herrschaftslosen Sozialismus sei. (127) Jeder Organisationsapparat zum bloßen Zwecke der Agitation berge die Gefahr, zum "Machtinstrument" zu werden. Für die Aufgaben der FJ genüge es daher, die traditionellen Formen der Kooperation, die gelegentlichen Treffen zum Informationsaustausch und zur Diskussion je nach Bedarf sowie die Zeitschrift als stetiges Bindeglied beizubehalten. (128) 

Allein der Bezirk Ostsachsen, der eng mit der AAUE zusammenarbeitete, forderte den organisatorischen Ausbau der FJ nach dem Organisationsmodell des Rätesystems, um den Zusammenhalt der einzelnen Gruppen auch für die Zukunft zu sichern. (129) Die ostsächsischen Gruppen fanden keine Nachahmer für ihre Initiative, die Propagandaarbeit wenigstens auf Bezirksebene durch die Einrichtung von Arbeitsgemeinschaften zu koordinieren und dadurch auch Friedrich seine zahlreichen Vortragsreisen zu erleichtern. (130 Erst recht nicht akzeptabel erschien den meisten Gruppen die von Ostsachsen vorgeschlagene Einrichtung einer Rist für die FJ, da sie jede Zentralisierung ablehnte. (131)

Die einzige zentrale Einrichtung, die sich die FJ zu geben bereit war, die 1926 in Pirna eingerichtete Zentralstelle zur Koordination der Inhaftiertenunterstützung politisch verfolgter FJ-Mitglieder, erhielt lediglich die eingeschränkte Aufgabe, Informationen zwischen unterstützungsbedürftigen und unterstützungswilligen Gruppen zu vermitteln. (132) Mit den finanziellen Transaktionen sollte sie nichts zu tun haben, um überflüssigen bürokratischen Aufwand zu vermeiden und die Initiative der einzelnen Gruppen nicht unnötig zu beschneiden ("Die Reichsinformationsstelle soll nur informieren und nichts kassieren"). (133)

Weiterhin stellten hauptsächlich die Zeitschriften die Verbindungen zwischen den einzelnen Gruppen her. Der Gefahr, daß Friedrich als professioneller Herausgeber (als "Geschäftssozialist", so die SAJD) mit seinen "Angestellten" (Bezeichnung der "JA") abgehoben von den anderen Mitgliedern publizierte, versuchte die FJ durch Beratungen über die Gestaltung der Zeitschriften auf ihrem Reichstreffen entgegenzutreten. (134) Auf diesem, in der "FJ" angekündigten Treffen verzichtete die FJ bewußt auf formalisierte Regelungen, wie sie die "neugebackenen Parlamentarier" der SAJD nötig zu haben schienen. (135) Sie als "Anarchisten" bräuchten keine Zwangs- und Redebeschränkungen oder gar Versammlungsleiter und wollten auch keine Handlungsanweisungen für die Gruppen geben. (136) Die Zusammenkünfte sollten dem Informationsaustausch und Beratungen über die Propaganda dienen, in der "FJ" vorher bekanntgegebene Themenvorschläge lieferten die Grundlage für Diskussionen über theoretische Fragen. (137) 

Nach dem Scheitern der Einrichtung einer Rist der FJ lockerten sich die überregionalen Zusammenhänge zwischen den Gruppen immer mehr. Ende 1926 stellte die "FJ" ihr Erscheinen ein, nach 1927 finden sich keine Berichte mehr über reichsweite Treffen. Die Aktivitäten konzentrierten sich immer mehr auf die lokale Propaganda, für die die von der Berliner FJ herausgegebene "Schwarze Fahne" hervorragende Bedeutung hatte. Nicht zuletzt die Entwicklung der für den Gesamtzusammenhang der FJ so wichtigen Berliner Gruppe war für den Zerfall der überregionalen Organisationsstruktur verantwortlich. Sie schrumpfte zu einem kleinen Kreis theoretisch Interessierter, publizistisch Engagierter zusammen, für die eine Weiterentwicklung auf diesem Gebiet wichtiger war als der Erhalt der Organisation um ihrer selbst willen. (138)

Im Gegensatz und in Abgrenzung zur SAJD hielt die FJ auch nach 1923/24 an ihrem distanzierten Verhältnis zu den revolutionären Erwachsenenorganisationen fest. Die ablehnende Haltung gegenüber der FAUD, die auf dem Hintergrund des unbedingten Autonomiepostulats der anarchistischen Jugend entstanden war, wurde nun mit der Argumentation für das Organisationsprinzip der BO im Nachhinein auch als politisch-strategisch weitsichtig interpretiert. (139) Das Berufsorganisationsprinzip der FAUD sei aufgrund wirtschaftlicher Strukturveränderungen (Herausbildung riesiger Betriebe und Trusts) gegenüber der Organisationsform der BO veraltet und ungeeignet als Ausgangsbasis für eine soziale Revolution, zumal die FAUD "verbonzt" und zur "bürokratischen Organisation" erstarrt sei.

Gegen eine enge Verbindung mit der AAUE hatte die FJ einzuwenden, daß diese zwar das richtige antiautoritäre Organisationsprinzip vertrete, ihre Mitglieder aber selbst noch in autoritären Charakterstrukturen befangen seien. (140) Denn auch mit ihnen hatte die FJ 1925 die Erfahrung machen müssen, daß auch sie nicht bereit waren, eine zwar kooperationswillige, aber organisatorisch nicht integrierbare Jugendorganisation anzuerkennen. Vielmehr lehnte die AAUE jede Sonderbewegung von Jugendlichen und Frauen als "Überbleibsel der autoritären Kulturepoche männlicher Vorherrschaft" prinzipiell ab. (141) 

Solch ein "intolerantes" und "borniertes" Verhalten glaubte die FJ auch in der gesamten revolutionären antiautoritären Bewegung beobachten zu können. (142) Die Konkurrenz und Zwietracht zwischen ihren Splittergruppen, die die Bewegung schwächten, resultierten nach individualpsychologischen Kategorien aus dem noch nicht überwundenen "autoritären Prinzip" im Charakter der Revolutionäre. Ihr unstillbares "Geltungsstreben" führe dazu, daß die antiautoritären Organisationen, "deren politische Besonderheiten eigentlich gleich null sind, [...] ihre eingebildeten Besonderheiten mit einer dogmatischen Verbissenheit verteidigen". Dieses Verhalten verringere die Geschlossenheit und Stärke der Bewegung, deren Schwäche wiederum das Geltungsstreben ihrer Mitglieder nähre. Ein Teufelskreis, der erst durch die Überwindung des autoritären Prinzips auch unter den Revolutionären selbst und durch die Herstellung einer wirklich solidarischen Kampfgemeinschaft durchbrochen werden könne. Für diese Aufgabe sah sich die FJ als Teil der revolutionären Bewegung aufgrund ihrer antiautoritären Theorie und Praxis berufen, nicht nur im Proletariat, sondern gerade auch in und zwischen den Revolutionären durch den Abbau autoritärer Verhaltensweisen für die soziale Revolution zu wirken.

An dieser Stelle wäre zu fragen, ob die FJ mit ihrem ungehemmten Avantgardismus und ihrer schulmeisterlichen Haltung gegenüber dem Proletariat und anderen antiautoritären Organisationen nicht selbst einem "Geltungsstreben" aufgesessen ist, das aus der Einflußlosigkeit ihrer eigenen Gruppe herrührte und mit zur Zersplitterung der Bewegung beitrug.

IV. Die Propaganda von SAJD und FJ

Beide Gruppen, SAJD und FJ, setzten sich nach 1923/24 die Aufgabe, ihre propagandistischen Aktivitäten zu verstärken. Die jeweils spezifischen Ansatzpunkte und Formen der Propaganda verdeutlichten noch einmal ihre unterschiedliche theoretisch-programmatische Entwicklung.

Parallel zu ihrem zunehmenden Engagement in den wirtschaftlichen Tageskämpfen zur Gewinnung des Jungproletariats veränderte die SAJD ihre Zeitschrift, um sie zu einem wirkungsvolleren Propagandainstrument für einen neuen Kurs zu machen. Der noch im August 1925 neu von der "Jungen Menschheit" übernommene Titelkopf der "JA" wurde schon nach dem Erscheinen der 3. Nummer wieder geändert. Die von der Wandervogel- und Lebensreformbewegung inspirierte Idylle (über einer von der Industrialisierung unberührten Landschaft haben sich entspannte nackte Jugendliche niedergelassen und betrachten die aufgehende Sonne) widersprach nun dem Lebensgefühl der meisten anarcho-syndikalistischen Jugendlichen, die meinten: "Wir sind keine nackten Engel und machen keine Klimmzüge an Sonne und Mond". (143) Das neue Bild spiegelt ihre veränderte Selbstsicht wider: Mit Werkzeug und Fackeln ausgerüstete Jugendliche, umgeben von Industrieanlagen, streben mit kämpferischen Mienen gemeinsam vorwärts. 

Auch der bisherige Stil, der in den Augen seiner Kritiker nur mit "Empörungsschreien" und sentimentalen Gedankengängen des "Menschseins" und "Freiseins" an die Gefühle appelliert hatte, wurde als anachronistisch verworfen und sollte durch "nüchternste Gedankenarbeit", Analysen und Argumente ersetzt werden, um das Jungsproletariat von der Richtigkeit der anarcho-syndikalistischen Strategie zu überzeugen. (144) Konkrete alltägliche Probleme der Jugendlichen und Arbeiter müßten in den Artikeln aufgegriffen und vom Standpunkt des Anarcho-Syndikalismus kommentiert werden. (145) Gemäß der Einwände des anarchistischen Flügels bemühten sich die "JA" fortan, zwar in erster Linie den "kompromißlosen Klassenstandpunkt" zu betonen, behielten aber die anscheinend unverzichtbaren Appelle an die "Gefühle der Rebellion" bei. (146)

In ihren Beiträgen machte die SAJD Front gegen Mißstände in der Arbeitswelt der Jugendlichen, gegen die "tariflichen Hungerlöhne", den "Raubbau an Leben und Gesundheit der Jugend". (147) Der repressive Charakter des Staates und seine direkte und indirekte Beteiligung an der Ausbeutung der Jugend sollten aufgedeckt werden. Das Arbeitsdienstpflichtgesetz stelle "direkte Freiheitsberaubung" dar. (148) Angebliche Jugendschutzgesetze wie das "Gesetz zur Bewahrung der Jugend vor Schmutz- und Schundschriften" (149) dienten lediglich dazu, eine Aufklärung der Jugend über die Ursachen ihrer Ausbeutung zu verhindern. (150) Ebenso habe das gesamte Schulsystem gekoppelt mit der Schulpflicht als "starke Stütze des Staates" herrschaftsverschleiernde und antirevolutionäre Funktion. (151) Aber auch die nichtstaatliche, vordergründig betrachtet bessere Ausbildung der Lehrlinge in der Großindustrie, die die Jugend in die "Wunder der Technik" einführen solle, sei letztlich darauf ausgerichtet, daß der jugendliche Arbeiter sich den vermeintlich objektiv notwendigen Abläufen des Produktionsprozesses unterordne und vermittels intensiver Freizeitgestaltung unter der Kuratel der Unternehmen den Kapitalisten "nicht mehr als Feind, der seine junge Kraft ausbeutet" betrachte, sondern als "den Mitarbeiter, der mit ihm an gleichen Zielen schafft." (152) 

Die "Jugendpflegeorganisationen" der etablierten Gewerkschaftsverbände wurden als systemstabilisierend angeprangert. Ihre eifrig betriebene berufliche Fortbildung, die Inhalte ihrer politischen Bildung und ihre Form der Pflege von Bräuchen der Jugendbewegung liefen darauf hinaus, die Jugend zu verbürgerlichen und die ursprünglich kulturrevolutionären Potentiale der Jugendbewegung in harmlose Freizeitbeschäftigungen zu kanalisieren. (153)

Im Gegensatz dazu wollte die SAJD der Bildungsarbeit in den eigenen Gruppen eindeutig klassenkämpferischen Charakter geben. (154) Ihre Überzeugungen versuchten die anarcho-syndikalistischen Jugendlichen durch die Verteilung ihrer Zeitschriften, Handzettel und Broschüren vor Betrieben und Schulen sowie durch öffentliche Veranstaltungen publik zu machen. (155) Vor allem aber vom persönlichen offensiven Auftreten am eigenen Arbeitsplatz und in der eigenen Schulklasse versprachen sie sich Erfolge. In Betrieben konnten sie gelegentlich Arbeitsniederlegungen gegen Schikanen der Unternehmer auslösen, in Berufs- und Fortbildungsschulen riefen sie zu Protestversammlungen gegen die üblichen Prügel-, Arrest- und Geldstrafen auf und wehrten sich gegen die penetranten antigewerschaftlichen Indoktrinationsversuche reaktionärer Lehrer. (156)

Wie die SAJD veränderte auch die FJ nach 1923/24 die Gestaltung ihrer Zeitschrift, die das zentrale Instrument ihrer Agitation darstellte. Im Gegensatz zu den "JA" wandte sich die "FJ" kaum noch schwerpunktmäßig an Jugendliche, sondern wurde mit der fortschreitenden theoretischen Entwicklung auch zunehmend an Erwachsene verkauft. (157) Antimilitaristische und antirepublikanische Propaganda sowie die Darstellung der rezipierten theoretischen Konzeptionen verdrängten immer stärker solche Artikel, die sich mit Fragen der Jugendbewegung, etwa der Jugendautonomie, befaßten.

Um den Absatz unter den Älteren zu erleichtern, brachte die FJ neben der "FJ", die weiterhin vor allem Informations- und Diskussionsforum ihrer Gruppen bleiben sollte, ab 1925 eine völlig neue Zeitschrift heraus. (158) Die "Schwarze Fahne" ("SF"), die meist wöchentlich erschien und ein auffällig großes Format hatte (DinA 3), war von vornherein für ein breites Publikum angelegt.

In der "SF" sollte nicht "Parteikritik geübt werden [...], sondern sie greift ihren Stoff aus dem täglichen Leben, bringt Wirkungen des Systems, sucht aber zugleich leicht verständlich auf ihre Ursachen zurückzuführen". (159) Diesem Ansatz entsprechend nahm die "SF" Stellung zu aktuellen gesellschaftspolitischen Ereignissen und Diskussionen und kommentierte sie aus der Sicht der FJ.

Um ihre Vorstellungen möglichst wirkungsvoll zu transportieren, prägte die FJ einen besonderen Stil für die Aufmachung der "SF". Sie spezialisierte sich darauf, mit Hilfe von provokativen Fotos und Karikaturen sowie ins Auge springenden Schlagzeilen auf der Titelseite und in satirisch-polemischer Manier den Staat, staatliche oder staatstragende Institutionen und Persönlichkeiten zu attackieren, um auf diese Weise jegliche Loyalität des Proletariats gegenüber diesen Autoritäten zu zerstören. Besondere Zielscheiben waren die Machenschaften militaristischer, monarchistischer und klerikaler Kreise. Unter Schlagzeilen wie "Der Kronprinz verprügelte 80jährige Frau" versuchte die FJ, die fortwährende Verehrung der kaiserlichen Familie ad absurdum zu führen. (160) Unter der Rubrik "Menschen a.D." sammelte sie Meldungen über "Verbrechen von Polizeibeamten und Reichswehrsoldaten", die nicht dem Schutz der Bürger dienten, sondern als "Mörder, Räuber und Sittlichkeitsverbrecher" unter dem Schutze der Uniform ihren Schandtaten freien Lauf lassen konnten. (161) In hämischen Berichten über "Perversitäten am Altar Gottes" und "Nackten Gottesdienst" griff die "SF" mit Vorliebe die moralische Integrität der Kirche an, um deren nach anarchistischer Auffassung besonders fortschrittshemmende Autorität zu untergraben. (162)

Auch den politischen Aktivitäten der Arbeiterparteien konnte die FJ nichts Positives abgewinnen. Im Gegenteil: Die Initiative von SPD und KPD zur Fürstenenteignung 1926 beispielsweise kommentierte die "SF" als Ausdruck "fortgesetzten Betruges durch die Parteibonzen", als wieder einmal gelungene Inszenierung für den "politischen Zirkus" der Weimarer Republlik, die nur dazu diene, die krassen Mißstände der Gegenwart zu übertönen und vom eigentlichen Ziel einer wirklich sozialen Revolution abzulenken. (163) "Enteignet die Fürsten an der Ruhr!" lautete die Alternative der FJ. (164)

Daß die Enthüllungen der "SF" zumindest Aufsehen erregten, zeigen die hohen Absatzzahlen mancher Ausgaben (10-20.000), zahlreiche Verbote und Beschlagnahmungen der "SF" und Verurteilungen ihrer Redakteure zu Geld- und Gefängnisstrafen ("Staatspension") wegen "öffentlicher Beschimpfung der verfassungsmäßig festgestellten republikanischen Staatsform" oder "Verletzung des religiösen Gefühls". (165) Diese Repressalien wiederum konnten von der FJ in Bloßstellungen der "Klassenjustiz" und der trotz theoretisch garantierter freier Meinungsäußerung faktisch herrschenden Zensur umgemünzt werden und trugen zur Absatzsteigerung ihres offensichtlich gefährlichen und skandalträchtigen Blattes bei. (166)

Neben ihren publizistischen Aktivitäten lud die FJ regelmäßig zu Vortrags- und Diskussionsabenden ins Antikriegsmuseum ein. Individualpsychologische Themen (z.B. "Sexuelle Verirrungen"), grundsätzliche politische Fragen ("Der Staat, seine Entstehung und Überwindung"), aktuelle Informationen ("Das Zuchthaus Sonnenberg"), oft von bekannteren Gastreferenten eingeleitet, standen auf dem Programm, gelegentlich auch Rezitationsabende oder kabarettistische Leckerbissen. (167) Am 27. Januar 1928 beispielsweise wurde eine "Geburtstagsfeier" für den deutschen Ex-Kaiser inszeniert, um mit Rezitationen, Musik und einem Kaspertheaterstück "Des Kaisers neue Kleider" die treuen Anhänger der Monarchie ins Lächerliche zu ziehen und sich an einer gelungenen Provokation zu freuen. (168)

V. Schlußbemerkungen

In der Entwicklung der Propaganda der anarcho-syndikalistischen und der anarchistischen Jugend spiegeln sich die Umdenkungsprozesse wider, die die Konsolidierung der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse in der Weimarer Republik ab 1923/24 in beiden Gruppen auslöste. Beide nahmen Abschied von dem bislang vorherrschenden, von der Wandervogelbewegung geprägten Gruppenleben, das ihnen als "Praxis des Anarchismus" gegolten hatte. Das ursprünglich eher gefühlsmäßig begründete Bekenntnis zum Anarchismus wurde theoretisch untermauert und gefestigt. Beide Gruppen betrachteten nun nicht mehr die Jugend als die prädestinierte Trägerin der angestrebten sozialen Revolution, sondern die Arbeiterklasse, der sie sich jetzt in erster Linie zuordneten. Wenn sie auch nach wie vor einer Bewußtseinsrevolution des Proletariats zentrale Bedeutung beimaßen, so betonten beide Gruppen doch wesentlich stärker als in den ersten Jahren die entscheidende Rolle der Eroberung der Macht auf ökonomischem Gebiet für eine erfolgreiche soziale Revolution.

Beide Gruppen erhielten in Abgrenzung zu anderen proletarischen Jugendorganisationen ihre Autonomie aufrecht. Bedingt durch ihre Zusammenarbeit mit der FAUD, orientierte sich die SAJD jedoch zunehmend am Kurs der anarcho-syndikalistischen Erwachsenenorganisation und machte sich de facto zu deren Nachwuchsorganisation. Sie konzentrierte sich ab 1924 auf die anarcho-syndikalistische Agitation der proletarischen Jugend in Betrieben und Schulen und straffte zu diesem Zweck ihre Organisationsstrukturen.

Die FJ dagegen erhielt den traditionellen Anspruch der anarchistischen Jugend aufrecht, als antiautoritäre Jugend eine eigenständige und besonders wichtige Rolle für den revolutionären Prozeß zu spielen, indem sie ihren Führungsanspruch nun aus der Überzeugung heraus begründete, die einzig richtige, an linkskommunistische antiautoritäre Theoretiker angelehnte Strategie für eine grundsätzliche gesellschaftliche Umwälzung zu vertreten.

Ihre vornehmlich publizistischen Anstrengungen zum Abbau der Autoritätsgläubigkeit und zum Aufbau solidarischer Beziehungen innerhallb des Proletariats glaubte die FJ auch ohne einen formalen Organisationsrahmen leisten zu können. Ihre interregionalen Zusammenhänge fielen im Gegensatz zu denen der SAJD schon nach 1927 auseinander.

Bei dem Versuch einer abschließenden Beurteilung der Entwicklung der beiden hier untersuchten anarchistischen bzw. anarcho-syndikalistischen Jugendgruppen hat sich herausgestellt, daß die von mir gewählte Begrenzung des Untersuchungszeitraums bis zum Ende der Konsilidierungsphase der Weimarer Republik im Jahre 1928 einen wichtigen Aspekt ausblendet, der vor allem die Mitglieder der FJ in ein anderes Licht rückt. Ein Teil der theoretisch führenden Berliner FJ, die nach den bisher vorliegenden Ergebnissen als konsequentere Erbin der Traditionen der anarchistischen Jugendbewegung gelten könnte, schloß sich Ende der 20er/Anfang der 30er Jahre trotz vieler Vorbehalte vorübergehend der KPD an, einer Partei, deren Theorie und Praxis sie als Anarchisten immer vehement bekämpft hatten. (169) Die Eingliederung in eine revolutionäre proletarische Massenorganisation schien ihnen nunmehr der einzige Weg zu sein, aus der bisherigen selbstgewählten Isolation und der damit verbundenen praktischen Bedeutungslosigkeit herauszukommen und sich in einer machtvollen Partei im Widerstand gegen den Nationalsozialismus zu engagieren. Auf diese Weise holten diese Mitglieder der FJ gewissermaßen eine Entwicklung nach, die die anarcho-syndikalistische Jugend schon wesentlich früher vollzogen hatte: die Aufgabe des politischen Führungsanspruchs der eigenen Gruppe zugunsten der Einordnung in eine revolutionäre proletarische Erwachsenen-Organisation und die Einsicht in die Notwendigkeit einer schlagkräftigen Organisation.

In diesem Prozeß rückten sie aber darüber hinaus praktisch von den lange Zeit so konsequent verfochtenen antiautoritären Grundprinzipien ab, während die SAJD in Zusammenarbeit mit der FAUD dem Anarcho-Syndikalismus engstens verbunden geblieben war.

Anarchistische und anarcho-syndikalistische Jugendgruppen, soweit sie ihre Zusammenhänge noch aufrechterhalten konnten, und viele ihrer ehemaligen Mitglieder leisteten in Deutschland, teilweise im Exil, Widerstand gegen das nationalsozialistische Regime. (170)

Ihre subversiven Aktivitäten, die meist in der Einschleusung und Verbreitung von Propagandamaterial bestanden, brachten vielen, die sich dem Zugriff der Gestapo nicht rechtzeitig entziehen konnten, hohe Gefängnis- und Zuchthausstrafen mit anschließender Konzentrationslagerhaft ein, die zum Teil erst 1945 endete, nicht wenige starben an den direkten Folgen von Folter und Haft oder wurden ermordet.

Nach dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen Herrschaft fand die anarchistische und anarcho-syndikalistische Jugendbewegung in Deutschland keine organisatorische Fortsetzung mehr.

Anmerkung und Fußnoten:

*) So der Titel eines Diskussionsbeitrages in der Zeitschrift "Junge Anarchisten" der Syndikalistisch-Anarchistischen Jugend Deutschlands, Jg.2 (1925), H.9., S. 2-3.

1.) Pionierarbeit auf diesem Gebiet leisteten: Hans Manfred Bock, Syndikalismus und Linkskommunismus von 1918-1923, Meisenheim/Glan 1969; ders., Geschichte des "linken Radikalismus" in Deutschland. Ein Versuch, Frankfurt/M. 1976, und Angela Vogel, Der deutsche Anarcho-Syndikalismus. Genese und Theorie einer vergessenen Bewegung, Berlin 1977.
2.) Ulrich Linse, Die anarchistische und anarcho-syndikalistiche Jugendbewegung. Zur Geschichte und Ideologie der anarchistischen, syndikalistischen und unionistischen Kinder- und Jugendorganisationen, Frankfurt/M. 1976.
3.) A.a.O., S.13.
4.) Zwischenbericht der Enquete-Kommission "Jugendprotest im demokratischen Staat". Hrsg. vom Deutschen Bundestag, Drucksache 9/411, Bonn 1981; Jörg Bopp, Trauer-Power. Zur Jugendrevolte 1981, in: Kursbuch 65. Der große Bruch - Revolte 81, Berlin 1981, S. 165; N.N., Vom Autonomen zum Automaten. Gefühl und Härte, in: radikal. Zeitung für Brigaden nach Europa, Jg.8 (1983), Nr. 123, S. 12.
5.) Große Freiheit. Zeitschrift für den Müllhaufen der Geschichte, Nr. 75 (1985).
6.) Vgl. Rotraud Tilsner-Gröll, Die Jugendbildungsarbeit in den freien Gewerkschaften 1919-1933, Frankfurt/M. 1982, S.lOff.
7.) A.a.O., S.25-32.
8.) Ebd.
9.) Die Bezeichnung "Anarchistische Jugendbewegung" wird solange als Sammelbezeichnung sowohl für diejenigen Gruppen benutzt, die sich später der SAJD anschlossen, als auch für diejenigen, die sich der Freien Jugend zurechneten, bis sich die anarchistische Jugend in die beiden genannten Gruppierungen spaltete.
10.) Walter Z. Laqueur, Die deutsche Jugendbewegung. Eine historische Studie, Köln 1962, S.82; Rotraud Tilsner-Gröll, Die Jugendbildungsarbeit ..., S.36.
11.) Geschichte der deutschen Arbeiterjugendbewegung 1904-1945, Dortmund 1973, S. 127.
12.) Ulrich Linse, Die anarchistische und anarcho-syndikalistische Jugendbewegung ..., S. 17.
13.) Geschichte der deutschen Arbeiterjugendbewegung ..., S.186.
14.) Vgl. Ulrich Linse, Die Jugendkulturbewegung, in: Das wilhelminische Bildungsbürgertum. Zur Sozialgeschichte seiner Ideen. Hrsg. von Klaus Vondung, Göttingen 1976, S. 124.
15.) A.a.O., S.130.
16.) Vgl. Walter Z. Laqueur, Die deutsche Jugendbewegung ..., S.115ff.
17.) Ulrich Linse, Lebensformen der bürgerlichen und proletarischen Jugendbewegung, in: Jahrbuch des Archivs der deutschen Jugendbewegung, Bd. 10, 1978, S.39.
18.) Geschichte der Arbeiterjugendbewegung ..., S.274.
19.) A.a.O., S.200.
20.) Hans Manfred Bock, Syndikalismus ..., S.87-98.
21.) A.a.O., S.87ff.
22.) Ulrich Linse, Die anarchistische und anarcho-syndikalistische Jugendbewegung ..., S. 17-20.
23.) Ebd.
24.) Henry Jacoby, Von des Kaisers Schule zu Hitlers Zuchthaus. Geschichte einer Jugend links außen in der Weimarer Republik, Frankfurt/M. 1980, S.71.
25.) Ulrich Linse, Die anarchistische und anarcho-syndikalistische Jugendbewegung ...    S.25.
26.) Die Junge Garde. Zentralorgan der Sozialistischen Jugend Deutschlands, ab Jg.2. (1919), Nr. 1/2 Zentralorgan der Freien Sozialistischen Jugend Deutschlands, Jg.2. (1919), Nr.6 und Nr. 10.
27.) Ulrich Linse, Die anarchistische und anarcho-syndikalistische Jugendbewegung ..., S.25.
28.) Ebd.
29.) A.a.O., S.ll.
30.) A.a.O., S.25.
31.) Zu den Wurzeln des deutschen Anarcho-Syndikalismus sowie zu seiner Entwicklung nach 1918 siehe Hans Manfred Bock, Syndikalismus ..., S.5-39 und S. 153-157.
32.) A.a.O., S. 162.
33.) "Prinzipienerklärung des Syndikalismus", angenommen im Dezember 1919, in: a.a.O., S.363-367.
34.) Ebd.
35.) Gustav Landauer, Aufruf zum Sozialismus, Berlin 1920, S.4; Hans Manfred Bock, Syndikalismus ..., S.23. Die Bezeichnung der beiden Strömungen innerhalb der FAUD, die hier charakterisiert sind, ist von Angela Vogel, Der deutsche Anarcho-Syndikalismus ..., S.202f., übernommen.
36.) "Prinzipienerklärung ... S.365f.
37.) Hans Manfred Bock, Syndikalismus ..., S. 19 und "Prinzipienerklärung ... S.363-367.
38.) Arnold Roller, Die direkte Aktion, New York, o.J.
39.) Vgl. Angela Vogel, Der deutsche Anarcho-Syndikalismus ..., S. 176-182.
40.) "Prinzipienerklärung . . S.364 und Hans Manfred Bock, Syndikalismus ..., S. 161 ff.
41.) Henry Jacoby, Von des Kaisers Schule ..., S.40.
42.) Freie Jugend (künftig zitiert: FJ). Jugendschrift für herrschaftslosen Sozialismus, seit Jg.1. (1919/20), H. 10 zusätzllich Organ der Föderation der revolutionären Jugend deutscher Sprache, seit Jg.2. (1920) Blatt der jungen Anarchisten, Schriftleitung: Ernst Friedrich, Berlin und Wien 1919-1926, Jg.l, (1919/20), Nr. 11; Der Syndikalist (künftig zitiert: S). Organ für Sozialrevolutionäre Gewerkschaften Deutschlands, ab 1920 Organ der FAUD (S), Berlin 1918-1933, Jg.3, (1920), Nr.45; Ulrich Klan, Der Anarcho-Syndikalismus im rheinisch-bergischen Raum zwischen 1918 und 1945 als Kulturbewegung, unveröffentlichte Staatsexamensarbeit an der Gesamthochschule Wuppertal, Wuppertal 1984, S.77f.
43.) Ulrich Klan, Der Anarcho-Syndikalismus ..., S.81f. und S.88; Henry Jacoby, Von des Kaisers Schule ..., S.37f.
44.) Ulrich Klan, Der Anarcho-Syndikalismus ..., S.77f.
45.) FJ, Jg.l (1919/20), Nr.ll.
46.) Henry Jacoby, Von des Kaisers Schule ..., S.43.
47.) S, Jg.4 (1921), Nr.9.
48.) S, Jg.4 (1921), Nr.51 und Nr.52.
49.) Ulrich Linse, Die anarchistische und anarcho-syndikalistische Jugendbewegung ..., S.29.
50.) Ebd.
51.) Ulrich Klan, Der Anarcho-Syndikalismus ..., S. 87.
52.) Ulrich Linse, Die anarchistische und anarcho-syndikalistische Jugendbewegung ..., S.40.
53.) A.a.O., S.37.
54.) S, Jg.4 (1921), Nr.51 und Nr.52.
55.) S, Jg.5 (1922), Nr. 10.
56.) Ebd.
57.) S, Jg.4 (1921), Nr.51 und 52.
58.) Ebd.
59.) S, Jg.4 (1921), Nr.52.
60.) S, Jg.5 (1922), Nr. 18.
61.) Junge Anarchisten (künftig zitiert: JA). Organ der Syndikalistisch-Anarchistischen Jugend Deutschlands, wechselnde Erscheinungsorte 1923-1931, Jg. 1, (1923/24), Nr.6 und Jg.2, (1925), Nr.2.
62.) JA, Jg.1 (1923/24), Nr.5.
63.) Ulrich Linse, Die anarchistische und anarcho-syndikalistische Jugendbewegung ..., S.47-49.
64.) A.a.O., S.47.
65.) FJ, Jg.3. (1921), Nr.3.
66.) Ebd.
67.) FJ, Jg.2 (1920), Nr.17; Jg.3, (1921), Nr.3 und Nr.4; Jg.4 (1922), Nr.13.
68.) Ulrich Linse, die anarchistische und anarcho-syndikalistische Jugendbewegung ..., S.62.
69.) FJ, Jg.3 (1921), Nr.3.
70.) Henry Jacoby, Von des Kaisers Schule ..., S.44.
71.) A.a.O., S.45f. und S.48f.
72.) A.a.O., S.54f. und S.58.
73.) Ulrich Linse, Die anarchistische und anarcho-syndikalistische Jugendbewegung ..., S.71.
74.) FJ, Jg.4 (1922), Nr.6 und Jg.7 (1925), Nr.5.
75.) Henry Jacoby, Von des Kaisers Schule ..., S.46.
76.) Ebd. und Ulrich Klan, Der Anarcho-Syndikalismus ..., S.75.
77.) Hans Manfred Bock, Syndikalismus ..., S.319.
78.) JA, Jg.2. (1925), Nr.11.
79.) JA, Jg.2. (1925), Nr.12.
80.) FJ, Jg.6. (1924), Nr.9 und Jg.7. (1925), Nr. 1/2.
81.) Henry Jacoby, Von des Kaisers Schule ..., S. 117.
82.) Zur Situation der jugendlichen Arbeiter und Lehrlinge siehe Rotraud Tilsner-Gröll, Die Jugendbildungsarbeit ... S.62-79; zu den Mitgliedern der SAJD siehe Ulrich Klan, Der Anarcho-Syndikalismus ..., S.114.
83.) Zu den Diskussionen innerhalb der FAUD vgl. Angela Vogel, Der deutsche Anarcho-Syndikalismus ..., S. 189-211.
84.) JA, Jg .1. (1923/24), Nr.7.
85.) JA, Jg.2. (1925), Nr.2.
86.) JA, Jg.2. (1925), Nr.4/5 und Jg.2. (1925, Nr. 10.
87.) JA, Jg.2. (1925), Nr.11.
88.) JA, Jg.2. (1925), Nr.10.
89.) JA, Jg.2. (1925), Nr.2 und Jg.2. (1925), Nr. 10.
90.) JA, Jg.2. (1925), Nr.9.
91.) JA, Jg.3. (1926), Nr.2.
92.) FJ, Jg.5. (1925), Nr.3/4 und Jg.5. (1923), Nr.5/6.
93.) Zur Entstehung und Entwicklung der AAUE siehe Hans Manfred Bock, Syndikalismus ... S.188-224.
94.) Vgl. Henry Jacoby, Von des Kaisers Schule ..., S.79-104; Kurzbiographie Otto Rühles in: Hans Manfred Bock, Syndikalismus ..., S.440.
95.) Diese Gemeinsamkeiten konstatierte Franz Pfemfert auf dem Gründungskongreß der "Internationalen Arbeiter-Assoziation" (IAA) der Syndikalisten im Dezember 1922 in Berlin; vgl. Hans Manfred Bock, Syndikalismus ..., S.222.
96.) Zur Programmatik der AAUE siehe a.a.O., S.214ff und S.405.
97.) FJ, Jg.7. (1925), Nr.5.
98.) FJ, Jg.7. (1925), Nr.15; Jg.8. (1926), Nr.15; Henry Jacoby, Von des Kaisers Schule ..., S.117.
99.) Die Schwarze Fahne (künftig zitiert: SF), Berlin und Wien 1925-1929, Jg.2. (1926), Nr.22 und Jg.4. (1928), Nr.2.
100.) FJ, Jg.7. (1925), Nr.15; vgl. auch Hans Manfred Bock, Geschichte des "linken Radikalismus" ...,
101.) FJ, Jg.5. (1923), Nr.3/4.
102.) FJ, Jg.7. (1925), Nr.8 und Jg.8. (926), Nr. 13.
103.) Diese Analyse des Minderwertigkeitsgefühls der proletarischen Jugend lehnt sich an an Otto Rühle, Die Seele des proletarischen Kindes, Dresden 1925.
104.) FJ, Jg.7. (1925), Nr. 15 und Jg.8. (1926), Nr.6.
105.) Ebd.
106.) FJ, Jg.7. (1925), Nr. 15.
107.) Ebd. und SF, Jg.2. (1926), Nr.4.
108.) Gruppe "Freie Jugend" (Junge Anarchisten) Groß-Berlin (Hrsg.), Was wollen die Anarchisten?, Berlin o.J. [1927].
109.) FJ, Jg.7. (1925), Nr.9.
110.) FJ, Jg.7. (1925), Nr.9.
111.) JA, Jg.2. (1925), Nr.11.
112.) Ebd.
113.) JA, Jg.2. (1925), Nr.4/5.
114.) JA, Jg.4. (1927), Nr. 1-3.
115.) FJ, Jg.6. (1924), Nr.9.
116.) JA, Jg.2. (1925), Nr.9-11.
117.) JA, Jg.2. (1925), Nr. 10.
118.) JA, Jg.2. (1925), Nr. 12.
119.) FJ, Jg.8. (1926), Nr.2.
120.) Ulrich Linse, Die anarchistische und anarcho-syndikalistische Jugendbewegung S.81.
121.) S, Jg.9. (1926), Nr.8.
122.) S, Jg.9. (1926), Nr. 12.
123.) S, Jg.9. (1926), Nr. 17.
124.) S, Jg.9. (1926), Nr. 19.
125.) JA, Jg.6. (1929), Nr.1.
126.)  FJ, Jg.8. (1926), Nr.2 und SF, Jg.2. (1926), Nr.31.
127.)  FJ, Jg.7. (1925), Nr.5.
128.) Ebd.
129.) FJ, Jg.9. (1926), Nr.11.
130.) FJ, Jg.7. (1925), Nr. 18; Jg.8. (1926), Nr.2; Jg.8. (1926), Nr.4; Jg.8. (1926), Nr.11.
131.) FJ, Jg.8. (1926), Nr.4; Jg.8. (1926), Nr.ll, Jg.8. (1926), Nr.12.
132.) FJ, Jg.8. (1926), Nr.2 und Jg.8. (1926), Nr.9.
133.) FJ, Jg.8. (1926), Nr.9.     
134.) JA, Jg.2. (1925), Nr.9; Jg.2. (1925), Nr.11; FJ, Jg.7. (1925), Nr. 1/2; Jg.8. (1926), Nr.2 und Jg.8. (1926), Nr.13.
135.) FJ, Jg.8. (1926), Nr.6.     
136.) FJ, Jg.6. (1924), Nr.11 und Jg.8. (1926), Nr.2.     
137.) FJ, Jg.6. (1924), Nr.11.     
138.) Ulrich Linse, Die anarchistische und anarcho-syndikalistische Jugendbewegung ..., S.73.
139.) FJ, Jg.6. (1924), Nr.8.     
140.) SF, Jg.1. (1925), Nr. 11 und FJ, Jg.8. (1926), Nr.2.
141.) Aus den "Richtlinien der AAUE" von 1927, zitiert nach Ulrich Linse, Die anarchistische und anarcho-syndikalistische Jugendbewegung ..., S.80.
142.) SF, Jg.4. (1928), Nr.2; zum Zustand der antiautoritären Bewegung nach 1924 siehe Hans Manfred Bock, Syndikalismus ..., S.319ff.
IWK 4/86
143.) JA, Jg.2. (1925), Nr.8 und Jg.2. (1925), Nr.11.
144.) JA, Jg.2. (1925), Nr.9-10.
145.) JA, Jg.2. (1925), Nr.11.
146.) JA, Jg.3. (1926), Nr.1.
147.) JA, Jg.4. (1927), Nr.8.
148.) JA, Jg.4. (1927), Nr.3.
149.) Verabschiedet am 18.12.1926.
150.) JA, Jg.4. (1927), Nr.3.
151.) Ebd.
152.) JA, Jg.4. (1927), Nr.5.
153.) Ebd.
154.) JA, Jg.4. (1927), Nr.3.
155.) JA, Jg.4. (1927), Nr.4 und Jg.5. (1928), Nr.3.
156.) JA, Jg.4. (1927), Nr.4.
157.) FJ, Jg.7. (1925), Nr.1/2.
158.) Ulrich Linse, Die anarchistische und anarcho-syndikalistische Jugendbewegung ..., S.71.
159.) FJ, Jg.8. (1926), Nr. 13.
160.) SF, Jg.l. (1925), Nr.2 und Jg.2. (1926), Nr.7.
161.) So z.B. SF, Jg.2. (1926), Nr. 15.
162.) SF, Jg.2. (1926), Nr.5; Jg.3. (1927), Nr.5/6 u.a.m.
163.) SF, Jg.2. (1926), Nr. 10.
164.) SF, Jg.2. (1926), Nr.22.
165.) SF, Jg.1. (1925), Nr.9-10 und Jg.3. (1927), Nr.21.
166.) Ebd.
167.) SF, Jg.3. (1927), Nr.32ff.
168.) SF, Jg.4. (1928), Nr.2.
169.) Henry Jacoby, Von des Kaisers Schule ... S.162f.
170.) Ulrich Linse, Die anarchistische und anarcho-syndikalistische Jugendbewegung ... S.74f. und S.97; Ulrich Klan, Der Anarcho-Syndikalismus ..., S.137f.; Henry Jacoby, Von des Kaisers Schule ..., S.174f.

Aus: IWK - Internationale wissenschaftliche Korrespondenz zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, 22. Jg., Heft 34, Dezember 1986. Digitalisiert von www.anarchismus.at mit freundlicher Genehmigung der Autorin.


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