Manuel Pérez - Vier Monate auf dem faschistischen Mallorca
Tatsachenbericht eines spanischen Kameraden
Der folgende Bericht stammt aus der Feder eines spanischen Anarchisten, der den Faschismus kennengelernt hat. Manuel Perez sollte am 18. Juli 1936 in einem Meeting zu Palma sprechen. Er war zu diesem Zwecke von Barcelona, wo er seit kurzer Zeit in Solidaridad Obrera arbeitete, nach Mallorca gefahren. Das Meeting fand nicht statt. Es kam der Putsch, der infolge des feigen Verrats der Volksfrontbehörden mit dem Sieg der Faschisten endete. Danach hielt sich Perez, einer der bei der Polizei bestgehassten Propagandisten der CNT, noch vier volle Monate auf Mallorca auf, illegal, ohne erkannt und verhaftet zu werden. Dann unternahm er zusammen mit 10 Genossen auf einem kleinen Segelboot eine abenteuerliche Flucht. Durch einen Sturm wurden sie an die Küsten Mallorcas zurückgeworfen, fuhren wieder aus und gelangten endlich nach Menorca, wo sie vom Volke und den Soldaten begeistert begrüsst wurden. Die erste Tat des Genossen Perez in Menorca war, die bürgerliche Tageszeitung Voz de Menorca für die CNT zu beschlagnahmen und sie in ein syndikalistisches Organ zu verwandeln. Später brachte ihn ein Kriegsschiff nach Barcelona.
Manuel Perez ist eine der sympatischsten Gestalten der spanischen anarchistischen Bewegung. Tischler von Beruf kämpfte er von Jugend auf für die Sache der Konföderation! Jahre brachte er im Exil zu. 1931 reorganisierte er die Bewegung im Baskenland. Arbeitslos, verliess er die Region und ging nach den kanarischen Inseln, wo er eine völlig neue Regionalföderation aufbaute. Man rief ihn, um seine Gaben besser auszunützen, als Redakteur von Solidaridad Obrera nach Barcelona. Ihre Einfachheit und Herzlichkeit geben der propagandistischen Arbeit unseres Genossen Perez eine besondere Note und bewirkten es, dass er einer der beliebtesten der CNT ist.
Vor den Augen der Arbeiter und aller rechtdenkenden Menschen will ich mit grausamer Wirklichkeit die schrecklichen Tragödien schildern, die das Volk von Mallorca seit dem 19. Juli 1936 unter den wütenden faschistischen Elementen erlebt. Meine Ausführungen werden ernst sein, ohne literarische Einkleidungen, in der Sprache des Arbeiters geschrieben, dem der Kapitalismus die Türen der Kultur verschlossen hat, um ihm oft die Türen des Kerkers zu öffnen... Eines kann ich ehrlich behaupten: was ich in diesem Bericht auch darlege entspricht durchaus den Tatsachen. Er soll zeigen, was aus Spanien werden würde, wenn es zum Siege dieses verfluchten Regimes käme, welches sich Faschismus nennt...
Oft habe ich mit Tränen in den Augen diejenigen beneidet, die mit dem Gewehr in der Hand gegen den Faschismus kämpfen. Denn sein Leben einzusetzen für die Freiheit ist leicht im Vergleich zu dem, was es bedeutet, wie ein gehetztes wildes Tier zu leben und nicht zu wissen, ob man nicht schon am nächsten Tage als zerstückelte Leiche auf dem Wege zum Friedhof gefunden wird.
Als ich mich 1934 in Santa Cruz de Tenerife befand, konnte ich feststellen — und es ist eine Schande, die die Männer trifft, die Spanien seit dem 14. April regiert haben — dass die kanarischen Inseln mehr eine Art deutscher Kolonie waren als spanischer Besitz. In Artikeln der "Solidaridad Obrera" ist gezeigt worden, dass Santa Cruz de Tenerife, Las Palmas, Santa Cruz de la Palma und alle Inseln, die zu diesem Archipel gehören, in der Macht des deutschen Imperialismus waren. Auf welche Weise hatte sich Deutschland der Kanarischen Inseln bemächtigen könne? Genau so, wie es es mit der Insel Madeira versucht hat... Auf der Insel Madeira errichteten die Deutschen ein Tuberkulose Sanatorium für deutsche Staatsbürger, die dort wohnten. Aber der eigentliche Sinn dieser Gründung war, die Insel zu erobern und einen Schiffahrtsstützpunkt zu etablieren. Da Portugal frühzeitig Protest erhob, konnten die Deutschen ihren Plan nicht vollständig ausführen. Nun handelte es sich darum, die ganzen kanarischen Inseln zu erobern, weil man sehr daran interessiert war, einen Schiffahrtsstützpunkt im Atlantik zu haben...
Im Jahre 1934 gab es unzweifelhafte Beweise, dass die Insel Kanarias eine deutsche Insel war. Es existierte in Santa Cruz de Tenerife nicht ein Hotel, nicht ein Turistenzentrum, das einem Spanier oder einem Inseleinwohner gehörte. Alles war Eigentum der Deutschen. Die Metallwerkstätten, die Transportunternehmen, die Schiffahrt, die Industrie, der Handel, das wirtschaftliche Leben war unter der absoluten Kontrolle Deutschlands... Mehr noch: der deutsche Generalkonsul in Santa Cruz de Tenerife Jakob Adlers war der grösste Grundbesitzer in Orotava, kurz, Kanarias war eine deutsche Kolonie... für Hitler.
Die spanischen Militärs gingen in ihrem Zynismus so weit, dass sie als Bauern verkleidet in den Strassen von Tenerife mit dem Hakenkreuz auf der Brust spazieren gingen. Am Ende der Woche erschien eine faschistische Zeitung, die in Hamburg herausgegeben wurde, auf der ersten Seite das Bild Hitlers brachte und den Faschismus verteidigte. Sie erklärte den Faschismus für die einzige Regierungsform, die Spanien retten könne... Dies alles wurde in der "Solidaridad Obrera" veröffentlicht und es wurde auf die Schande hingewiesen, die es für Spanien bedeutete, dass eine seiner Regionen sich in der Hand von Ausländern befand...
Da ich diese Kampagne geführt und bewiesen hatte, dass man sich einen Teil unseres Territorium aneignete, wurde ich von Santa Cruz de Tenerife ausgewiesen. Das zeigt, dass man diejenigen auswies, die sich für die Interessen Spaniens einsetzten, während man jene beschützte, die sich einen Teil unseres Landes angeeignet hatten...
Es ist jetzt nicht die Zeit für Beschuldigungen. Nur das muss gesagt werden, dass das Volk der Levante nicht weiss, dass der Gobernador von Kanarias ein valencianer Politiker war, ein Schüler von Blasco Ibáñez. Er triumphiert aus denselben Gründen, aus denen er in anderen Städten Spaniens triumphiert hat. Die Männer der Republik haben bedauerlicherweise viel Zeit zur Verteidigung von Sonderinteressen und ehrgeiziger Bestrebungen verloren. Anstatt auf Seite der Arbeiter zu stehen, die die einzige positive Kraft in Spanien sind, beschäftigten sie sich mit Parteipolitik. Ein kleinmütiger, feiger Gobernador ist für den Triumph des Faschismus auf Palma de Mallorca verantwortlich.
Als im Morgengrauen des 19. Juli Männer der Arbeiterorganisationen CNT und UGT, welche die grosse Gefahr erkannten, die über Spanien schwebte, sich beim Gobernador versammelten und Waffen verlangten, um zu verhindert, dass die Faschisten auf sie losgingen, antwortete dieser hochmütig: "Ich habe Kräfte genug, um die Ordnung zu garantieren, und ich gebe niemandem Waffen"...
Vor dem lebhaften Protest der Arbeiter, die ihn auf die Gefahr aufmerksam machten, in der sich die Insel befand, und darauf, dass sogar in einigen Punkten Spaniens der Faschismus sich schon eingenistet habe, entgegnete der Gobernador mit folgenden Worten: "Der General Goded besuchte mich gestern abend, er sagte mir unter Ehrenwort, dass er bedingungslos auf Seite der legal konstituierten Regierung sei"... Es gehört eine gewisse Naivität dazu, zu glauben, dass Goded, der nicht einmal Republikaner war, einer Linksregierung treu sein könnte oder gar, dass er sich der Sache der Freiheit annehmen würde. Der Gobernador ging in seinem selbstmörderischen Fanatismus so weit, den Militanten der Arbeiterbewegung den Besitz einer Pistole zu verweigern, mit der sie einem Angriff hätten abwehren können... Ich wage nicht zu behaupten, dass der Gobernador mit den aufständischen Militärs unter einer Decke gestanden hat, aber ich stelle fest, dass er der einzig Verantwortliche für den Triumph des Faschismus auf Palma de Mallorca ist.
Wie wir es vorausgesehen hatten, beteiligte sich General Goded am Militärputsch. Um 8 Uhr morgens zog das Militär auf die Strasse und erklärte den Kriegszustand. Gleichzeitig durchkreuzten eine Anzahl faschistischer Autos die Strassen. Die Insassen schossen auf die unbewaffnete Bevölkerung mit dem Rufe: "Arriba España"...
Nachdem sie die wichtigsten Zentren ohne Wiederstand besetzt hatten, unternahmen sie einen Angriff auf die Arbeiterorganisationen und auf die Lokale der linksgerichteten politischen Gruppen. Nichts entkam dem wilden Wüten der faschistischen Horden. Nachdem sie alles vernichtet hatten, Möbel, Bilder, Werkzeuge etc. machten sie es ebenso, wie es in der heiligen Inquisition Sitte war, und errichteten Freudenfeuer mit den Büchern, die sie in den Bibliotheken gefunden hatten... Dann begann die Jagd auf den Menschen und damit eine Reihe von Verbrechen, wie sie in der Geschichte der Menschheit einzig dastehen. Nur in den Dörfern Pollensa und Manacor stiessen die Faschisten auf Wiederstand von Seiten der Zolltruppe, die nach heroischen Kampfe durch die Feinde besiegt wurden...
Ohne Waffen, durch die Schnelligkeit des Putsches überrascht und nur wenig erfahren im sozialen Kampf, blieb den Arbeitern von Palma nur ein Mittel zur Verteidigung: sie erklärten den Generalstreik zur Paralisierung jeglicher Aktion... Dieser Generalstreik war eine Heldentat, wenn man bedenkt, in welcher Lage sich die Proletarier von Mallorca befanden. Nach 22 Tagen mussten sie sich der Grausamkeit des Feindes ergeben. Die faschistischen Gewalthaber befahlen ihren Agenten, von Haus zu Haus zu gehen und die Proletarier zur Arbeit zu zwingen. Um ihren Anordnungen Nachdruck zu verleihen, erschossen sie 5 Kameraden, die sich weigerten, die Arbeit für dieses System des Schreckens und der Barbarei aufzunehmen.
Bezweifelt ihr, wenn ich euch sage, dass auf Palma de Mallorca in 4 Monaten 5.250 Arbeiter erschossen wurden? Ich will es Euch erklären. Die Faschisten besetzten das Volkshaus und richteten es als Generalquartier der Falange Española unter dem Namen "Haus Primo de Rivera" ein. In den ersten Tagen der Revolution begnügte man sich damit, bekannte Führer der Arbeiterorganisationen zu verhaften. Dann führte man sie zum Generalquartier, wo sie geschlagen und beschimpft wurden, worauf man sie zwang, Rizinusöl zu trinken...
Dann wurden sie in das Gefängnis geworfen oder auf Schiffe gebracht, die im Hafen lagen. Nach kurzer Zeit genügten auch diese Gefängnisse nicht mehr, denn die Zahl der Gefangenen ging schon in die Tausende... In den ersten Tagen des August landete auf Mallorca eine seltsame Gestalt, die den Namen Graf Rossi trug. Ich weiss nicht, ob er ein wirklicher Graf ist, auch nicht, ob er Rossi heisst, aber eines kann ich sagen, er ist der wahre Typ eines Strassenräubers. Wenn man ihn betrachtet, hat man den Eindruck, einen Räuberhauptmann vor sich zu sehen, wie er in alten Volkserzählungen geschildert wird. Graf Rossi sagte den Faschisten, dass ihre Handlungsweise unwirksam sei, und dass die Gefängnisse dem faschistischen Regime viel Geld kosteten; auch dürfte man keine Opfer bringen, um Feinde zu erhalten. Das beste sei, meinte Rossi, sie zu vertilgen. Damit verschwinde die Gefahr, und der Staat sei von einer schweren Last befreit. Wir werden von diesem dunklen Herrn noch ausführlicher sprechen. Bis zum 18. November, dem Tage, an dem ich aus der faschistischen Hölle von Mallorca fliehen konnte, waren in der Hauptstadt der Balearen auf Befehl von Graf Rossi 3.250 Arbeiter erschossen worden. Das geschah allein in Palma de Mallorca. Wenn wir von Soller, von Alcudia, Campos, Manacor, Pollensa, etc. sprechen würden, würde die Zahl der Ermordeten sich auf 5.250 erhöhen. Wie wurden diese Verbrechen begangen? Es ist brutal, mit welch wütender Grausamkeit man gegen eine wehrlose Bevölkerung vorging, die aus Mangel an Waffen nicht einen einzigen Schuss gegen diese Elenden abgeben konnte.
Eine kalte, feige Rache war es, die Aufschluss darüber gibt, wie der spanische Faschismus wirklich aussieht, der die Grausamkeiten bei weitem übertrifft, die in anderen faschistischen Ländern, wie Italien, Deutschland, Cuba, Chile, Peru usw. begangen wurden. Es gab ein Auto, welches das Todesauto genannt wurde. Dieses Auto fuhr im Morgengrauen aus und kam bis zu den Arbeitervororten von Palma. Die feigen Mörder wussten, dass sie dort nur mit Flüchen und Blicken des Hasses und der Verzweiflung empfangen wurden. Die Arbeiter wurden aus ihren Wohnungen geholt und zum Generalquartier der Falange geschleppt. Dort wurden sie misshandelt und gezwungen Aribba Espana zu rufen. Dann bediente man sich der italienischen Methode und gab ihnen Rizinusöl ein. Danach wurden die Gefangenen zwei und zwei aneinander gebunden und wieder auf das Auto geladen. Nun gings mit abgeblendeten Lichtern der Landstrasse zu, die zum Friedhof führt. Dort angekommen, hiess man sie aussteigen und erschoss sie feige von hinten. Nach der Ermordung riss man den Leichen die Augen aus und verstümmelte sie mit Bajonett und Gewehrkolben bis zur Unkenntlichkeit.
Manche behaupten, dass man diese Torturen schon vor der Erschiessung der Gefangenen ausführte. Das konnte ich nicht nachprüfen, aber ich kann versichern, dass die Leichen schrecklich verstümmelt (... Zeile fehlt, Anm.)
Eines Tages wagte ich es, eine Familie, deren Sohn ermordet worden war, bis zum Friedhof zu begleiten. Ich sah auf der Erde 14 Leichen liegen, unerkennbare Fleischklumpen. Sie waren nackt, mit Erde beschmutzt, die Augen waren aus den Höhlen gequollen und die Gesichter von Bajonettstichen zerfetzt. Einer der Toten hielt noch eine Handvoll Gras in der verkrampften Faust. In den Gefängnissen von Palma de Mallorca, in der Festung, auf den Schiffen im Hafen und in einem neuen Gefängnis, das man aus Platzmangel baute, befinden sich mehr als 6.000 Gefangene. Unter ihnen 250 Angehörige der Guardia Civil und Zolltruppe und ungefähr 100 katalonische Soldaten.
Nachdem man die Männer erledigt hatte, ging man zur Verfolgung der Frauen über
Als die meisten Männer, die für den Faschismus ein Hindernis sein konnten, ermordet oder verhaftet waren, begannen die Meuchelmörder von Palma de Mallorca mit einer wütenden Verfolgung der Frauen... Das Arbeiterviertel wurde der Schauplatz wahrhaft vandalischer Taten. In diesem Stadtteil errichteten die Falangisten ihr Hauptquartier. An seiner Spitze stand ein gewisser Reverter, der sich besonders durch Grausamkeit auszeichnete. Jede Nacht verhaftete man 30 bis 40 freiheitlich gesonnene Frauen und brachte sie in dieses Hauptquartier... Dort schnitt man ihnen das Haar ab und zwang sie, Rizinusöl zu trinken... Dann lud man sie auf ein Lastauto und fuhr mit ihnen durch die Stadt zur Belustigung der faschistischen Hyänen... Nach Beendigung dieser gemeinen Tat schrieb man Wohnung und Namen der Misshandelten auf und verschwand.
Auf den Terror folgte Hunger und wirtschaftlicher Ruin
Die besten Handelsbeziehungen Mallorcas waren in Levante und Katalonien... Aus diesen Regionen wurden die wichtigsten Rohprodukte eingeführt, zu gleicher Zeit waren sie auch die Hauptabsatzgebiete für Fertigprodukte... Durch den faschistischen Sieg auf Mallorca und die Abriegelung der Insel vom übrigen Spanien setzte auf Mallorca eine Arbeitskrise ein, die das Proletariat in Hungersnot und zur Verzweiflung trieb. Nach kurzer Zeit waren die wichtigsten Lebensmittel erschöpft. Reis, Mehl, Kaffee, Zucker, Öl, Medikamante und viele andere lebensnotwendige Dinge. Die Stadtverwaltung organisierte Volksküchen, in denen die Arbeitslosen wahre Armensuppen zu essen bekamen... Viele der Unglücklichen mussten dorthin gehen, um nicht Hungers zu sterben...
Den öffentlichen Dienst ausgenommen, stockte jede Arbeit, wodurch die Proletarier ins grösste Elend gerieten.
Das Raubsystem der Regierung
Um die nötigen Mittel zur Kriegsführung zu bekommen, erliess der Militär-Kommandant von Mallorca ein Gesetz, welches die Einwohner von Palma de Mallorca zwang, alle Wertsachen, Gold, Silber und ausländisches Papiergeld innerhalb 72 Stunden abzuliefern, unter Androhung von Bestrafung durch das Kriegsgericht...
Um diese Räubereien zu decken und ihnen eine legale Form zu geben, berichtete man in den Zeitungen: "Zahlreiche Spenden sind eingegangen, welche die Liebe zur nationalen Sache und den grossen Patriotismus der Bevölkerung beweisen." Vor Ablauf der 72 Stunden trafen die aufständischen Militärs die nötigen Vorsichtsmassregeln, damit niemand seine Wertsachen auf die Seite bringen konnte. Zuerst begab man sich in die Leihäuser und beschlagnahmte alles, was irgend Wert besass, dann besuchte man die Banken... Den Bankdirektoren wurde der Befehl gegeben, an niemand Geld auszuzahlen, der nicht eine besondere Erlaubnis vom Militär-Kommandanten hatte...
Zum Schluss unternahmen faschistische Gruppen Haussuchungen, wobei alle Wertgegenstände beschlagnahmt wurden... Jeder, der die Sachen nicht freiwillig abgeliefert hatte, kam ins Gefängnis. Viele Familien wurden so um ihren Notgroschen gebracht... In den Zeitungen erzählte man Geschichten von freiwilligen Spenden für die nationale Bewegung... Dieser offene Raub rief einen tiefen Hass der Bevölkerung gegen die faschistischen Militärs hervor, selbst unter jenen Volksschichten, die zuerst die Rebellen unterstützt hatten.
Eine Kameradin, die als Köchin bei einer sehr bekannten Bourgoisfamilie arbeitete, hörte bei einem Gespräch ihres Arbeitgebers mit einem Freunde folgendes: Diese Leute haben uns belogen und missbraucht. Man sagte uns, die Roten rauben, plündern, morden und säen überall nur Unheil. Jetzt zeigt sich das Gegenteil. Die Männer des Gesetzes und des Vaterlandes haben unser Gold und Silber gestohlen und die Bankkonten gesperrt. Nicht einmal das nötige Geld zum Lebensunterhalt können wir von den Banken abheben. Besser wäre es, wir hätten uns nicht in dieses Abenteuer gestürzt, denn wenn die Republik auch von den Linken regiert wurde, waren doch unsere Rechte geschützt...
Stempelung des Papiergeldes
Als die berühmte Regierung von Burgos das Gesetz zur Abstempelung des Papiergeldes erliess, gab der Militär-Kommandant von Palma eine Bekanntmachung heraus, in welcher die Einwohner Palmas aufgefordert werden, ihr Geld innerhalb von 8 Tagen stempeln zu lassen...
Dieses war wieder ein schönes Mittel für die Gaunereien der Faschisten Mallorcas. Nach Ablauf der 8tägigen Frist sollte das nichtgestempelte Geld wertlos werden. Die Leute, die noch etwas Geld besassen, trugen es zur Kontrolle. Dort dachte man nicht im geringsten daran, ihnen das Geld zu stempeln. Das Geld wurde zurückgehalten mit der Erklärung, dass man es nach 8 Tagen abholen könne... Als die Leute nach einer Woche ihr Geld wieder abholen wollten, zahlte man ihnen nur 75 Proz. davon aus, die restlichen 25 Proz. wurden für die nationale Bewegung zurückgehalten...
Wer zum Beispiel 2000 Peseten eingezahlt hatte, bekam 1500 Peseten mit dem Stempel "Arriba España" zurück und dazu eine Quittung mit dem Wortlaut: Wir bestätigen den Empfang von 500 Peseten als Spende für die nationale Bewegung und Rettung Spaniens...
Die Expedition von Bayo
Anfang August verbreitete sich auf Palma die Nachricht, dass die Inseln Cabrera, Ibiza und Fermentera von den republikanischen Truppen besetzt worden seien, die einen Angriff auf Palma de Mallorca vorbereiteten...
Eine grosse Panik verbreitete sich unter den Faschisten von Mallorca, die durch die Niederlagen in Barcelona, Madrid und Levante schon genügend demoralisiert waren... Einige Tage später berichtete der Militär-Kommandant Coronel Garcia Ruiz im Radio von Mallorca, dass die Roten (wie sie uns nennen) mit Erfolg in Porto Cristo gelandet wären. Seine Stimme verriet grosse Erregung und fantastische Angst...
Die Arbeiterklasse nahm diese Nachricht mit grosser Freude auf und glaubte schon, die Stunde der Befreiung vom faschistischen Terror sei gekommen... Ich befand mich 80 km. von Porto Cristo entfernt, trotzdem enthalte ich mich jeden Urteils. Alle, die die Insel kennen, werden zugeben, dass es unseren Truppen möglich gewesen wäre, Palma in weniger als 10 Tagen zu erobern.
Lassen wir die Tatsachen sprechen: Manacor war zur Zeit ohne Bewachung. Die Faschisten vermuteten nicht, dass von dieser Seite ein Angriff erfolgen könnte... Manacor ist einer der wichtigsten Orte der Insel. Die Arbeiter waren zum grössten Teil links gerichtet. Es wäre ein Leichtes gewesen, von dort aus anzugreifen. Die wenigen Faschisten würden sich ohne den geringsten Wiederstand ergeben haben... Als unsere Truppen ausgeschifft wurden, existierte in Palma nicht ein Flugzeug. Der Beweis... Die legalen Wasserflugzeuge bombardierten während 10 Tagen täglich die Stadt und säten Panik unter den Rebellen...
Während dieser Zeit machten unsere Truppen kleine Operationen und besetzten unwichtige Dörfer wie San-Servera und San-Carrie. Warum griff man nicht Manacor an, das nur 10 km. von Porto Cristo entfernt liegt?
Ich will nicht darüber diskutieren. Das eine aber ist gewiss, die Faschisten haben diese Zeit gut ausgenutzt. Sie mobilisierten neue Truppen, bauten Befestigungen und liessen sich von Italien Bomben-und Jagdflugzeuge schicken, die die Verteidigung der Insel gegen unsere Truppen sicherten. Trotzdem gelang es den Faschisten nicht, die Moral in ihren Reihen zu heben. Die neu Mobilisierten waren zum grössten Teil Familienväter, die nur ungern zur Front marschierten und jederzeit bereit waren, in einem günstigen Moment zu den legalen Truppen überzulaufen...
Die italienische Okupation
Ich will nicht von dem italienischen Einfluss auf den Balearen, sondern von der Besetzung des Archipels durch die Italiener sprechen. Ob wir es wollen oder nicht, Palma de Mallorca, Cabrera, Ibiza und Fermentera sind heute Kolonien des mussolinischen Imperiums. Machen wir uns klar, wie die Besetzung vor sich ging. Seit dem faschistischen Putsch erschien wöchentlich ein italienisches Wasserflugzeug, das den Postverkehr zwischen Genua und Palma versah. In diesem Flugzeug reiste verschiedene Male der Sohn des berühmten Schiebers und Gangsters Juan March, der Hauptschuldige des spanischen Bürgerkrieges. Juan March versorgte die Rebellen mit Kriegsmaterial, und er war es auch, der mit Hilfe des Marques de Sayas die dunkle Figur des Grafen Rossi für die Sache der spanischen Faschisten zu gewinnen wusste...
Zehn Tage nach der Ausschiffung der Kolonne Bayo erschien dieses Flugzeug wieder und mit ihm drei schwere Wasserflugzeuge für die Faschisten. Etwas später stattete dieses berühmte Flugzeug wieder einen Besuch ab und zwar in Begleitung von 6 dreimotorigen Bombern, 3 italienischen Jagdflug zeugen, 40 Piloten und gleicher Anzahl Mechaniker... Gleichzeitig kam in Palma de Mallorca ein italienisches Handelsschiff an, beschützt von einem leichten Kreuzer derselben Nationalität. Das Handelsschiff entlud im Hafen grosse Mengen Kriegsmaterial. Aber Italien beschränkte sich nicht nur auf Sendungen von Kriegsmaterial, es tat mehr... In Mallorca errichteten die Italiener unter Kontrolle von Militärtechnikern eine Waffenfabrik. Dort produziert man Granaten und Fliegerbomben von 100-150 kg, welche zur Ermordung von spanischen Kindern und Frauen verwendet werden... Seit dem Militärputsch bewachen dauernd drei italienische Kreuzer den Hafen von Palma de Mallorca. Die Bewachung beschränkt sich natürlich nicht nur auf den Hafen, man bewacht auch die Küste, warnt die Piratenschiffe und schützt den Waffenschmuggel. Um diesen Interventionsplan zu vervollständigen, gab Graf Rossi die Richtlinien für die Militärmacht der Rebellen... Er ernannte den Italiener Marcotti zum Kommandanten der Luftwaffe. Täglich gehen italienische Marinesoldaten in Gruppen mit den Senoritas der Falange durch die Strassen der Stadt spazieren. Man grüsst sich mit dem Faschistengruss, singt fröhlich die Giovenezza und die berühmte Hymne der Schwarzhemden... Wie zum Spott trugen die Faschisten, die marokkanischen Legionäre und viele Soldaten italienischfaschistische Abzeichen. In den Schaufenstern der grossen Geschäfte gab es Bilder von Mussolini und Rossi, eingerahmt mit den Farben der spanischen und italienischen Fahne. Mit einem Wort: Palma glich vollkommen Addis Abeba, der Hauptstadt des Exkaiserreiches Abessinien...
Propaganda des Grafen Rossi
Wenn es eine Parade gab, ritt Graf Rossi immer an der Spitze. Er sprach jede Woche im Radio von Mallorca, besuchte die grosse Theatervorstellung und hielt flammende Reden, in welchen er seinen Abscheu gegen das katalonische Volk Ausdruck gab. Danach unternahm er eine faschistische Propagandareise von Dorf zu Dorf. In einer Versammlung im Dorfe Soller sagte er folgendes: Italien und Spanien sind Brüder der Rasse, der Ideen und der Religion. Die Kultur, die Zivilisation und die Entwicklung der latainischen Rasse sichern die Ausrottung des letzten Marxisten. Wenn es nötig ist, töten wir Väter, Mütter und Kinder, um diese verfluchte Brut zu vernichten...
Rossi bedroht Frankreich
In einer anderen Versammlung, in dem Dorfe Manacor, machte er folgendes Geständnis, das für die Bewohner von Mallorca ausserordentlich wichtig ist: "Wir haben Ibiza wiedererobert, wir werden Mahon erobern und zum Schluss Katalonien angreifen. Wenn Katalonien einmal erobert ist, setzen wir das faschistische Regime in ganz Spanien ein". "Dann", fuhr Graf Rossi triumphierend fort, bilden wir Deutschland, Italien und Spanien, einen eisernen Ring um das demokratische Frankreich. Und wir werden das antike römische Kaiserreich der lateinischen Rasse wiedererrichten". Die Welt kann sich den Tatsachen, die auf Mallorca geschehen sind, nicht verschliessen. Denn die Staaten Frankreich, England und USA hatten ihre Vertreter in Palma, die sich in voller Freiheit befanden und die Manöver der italienischen Faschisten besser beobachten konnten als ich. Was haben diese Repräsentanten auf Mallorca getan angesichts der Verunglimpfung aller Grundsätze der Kultur und des internationalen Rechts?
Frankreich ist das Land der Demokratie. Frankreich machte die Revolution von 1789, die mit der Erstürmung der Bastille begann. Frankreich machte die Revolution von 1848 und später im Jahre 1871 die Pariser Komune die durch Thiers im Blut erstickt wurde. Frankreich steht und stand schon vor dem 19. Juli unter einer Regierung, an deren Spitze sich der Repräsentant der französischen Arbeiter Leon Blum befindet. Dieses Frankreich hat die spanische Arbeiterschaft nicht so unterstützt, wie es seine Pflicht war. Vom internationalen Gesichtspunkt aus und zur Verteidigung der eigenen Interessen müsste Frankreich verstehen, dass der Sieg des spanischen Faschismus den Todesstoss für die französische Unabhängigkeit bedeutet.
Was könnte Frankreich machen, wenn ein faschistisches Deutschland, Italien und Spanien es zunichte machen würden?
Der grosse Irrtum Frankreichs und Englands
Frankreich und England haben sich nicht auf unsere Seite gestellt. Diese Inkonsequenz zeigten einige Länder früher bereits im Völkerbund, als Mussolini sich in das abessinische Abenteuer stürzte, als Deutschland die kanarischen Inseln besetzte und Italien auf Palma de Mallorca intervenierte. Die Italiener wollen, dass England und Frankreich die legitime Eroberung Abessiniens anerkennen. Die Form, in der sie Frankreich und England zur Anerkennung des neuen Imperiums zwingen, ist sehr gefährlich für jene.
Italien und England wissen, dass Gibraltar, Malta und der Suez-Kanal nichts mehr für Britannien bedeuten, wenn die Balearen im Besitz Italiens sind. Frankreich weiss auch, wie gefährlich die Insel Menorca in den Händen der Italiener für die Verbindung Frankreichs mit seinen afrikanischen Kolonien ist.
Die inkonsequente Haltung Englands und Frankreichs haben die faschistischen Länder Deutschland und Italien zu neuen Eroberungsmanövern ermutigt...
Die Haltung des französichen Konsuls auf Palma de Mallorca
Auf Palma de Mallorca ereignete sich ein Übergriff gegen alle diplomatischen Geflogenheiten und internationalen Rechte. Der französiche Konsul von Palma de Mallorca spendete für die spanisch-faschistische Bewegung 250 Pts. Einige Tage später lud er die faschistischen Behörden zu einem Festessen auf das französische Kriegschiff Colbert ein. Die mallorcanische Presse machte viel Aufsehen von dieser Tatsache, welche eine Anerkennung der aufständischen Militärs durch Frankreich bedeute. Die Spende machte kein französischer Bürger, der seine Sympathie für die faschistische Bewegung zeigen wollte, sondern der französische Konsul von Mallorca...
So berichtete die Presse...
Ein andere Tatsache beweisst deutlich die Parteilichkeit des französischen Konsuls. Einige Male kamen linksgerichtete Elemente, deren Leben in Gefahr war, zum französischen Konsul und baten um Schutz. Der Konsul lehnte dieses Ansuchen mit der Begründung ab, dass die Neutralität seines Landes ihm verbiete, fremde Staatsbürger aufzunehmen. Dieser selbe Konsul veranlasste aber die Freilassung von 20 mallorquinischen Gefangenen, die in einem Gefängnis der legalen Regierung auf Menorca waren...
Wo bleibt die Neutralität Frankreichs und Englands? Man erlaubt die Ermordung der Unsrigen und begünstigt die Freilassung der Faschisten...
Die Wiedereroberung von Ibiza
Kurz nachdem unsere Truppen die Insel Mallorca verlassen hatten, gab das faschistische Generalquartier mit grossem Lärm bekannt, dass es Vorbereitungen treffe, Ibiza zurückzuerobern...
In Palma de Mallorca waren drei Handelsschiffe: "Ciudad de Palma", "Jaime I", und "Mallorca". Die Faschisten benutzten diese Schiffe zum Truppentransport. Sie fuhren in der Nacht mit abgeblendeten Lichtern und in Begleitung von drei italienischen Kriegsschiffen nach Ibiza. Die spanischen Faschisten und Legionäre eroberten die Insel gemeinsam mit den italienischen Marinesoldaten unter der Leitung des Grafen Rossi.
Ich erinnere an einen Artikel in der faschistischen Zeitung "La ultima Hera", in dem es heisst: "Unsere tapferen Truppen haben mit Hilfe der Marine die schöne Insel Ibiza den roten Barbaren entrissen", unterschrieben mit "Graf Rossi". Der Beweis für die italienische Intervention kann nicht besser erbracht werden...
Was sagen die Bischöfe?
Es ist in ganz Mallorca bekannt, dass die Verteilung der Waffen unter den Faschisten in Kirchen und Klöstern stattfand. Die Kirchen waren die Sammelplätze der Faschisten, auf den Kirchtürmen hatte man Maschinengewehre aufgestellt. Das Volkshaus benutzten die Faschisten als Generalquartier. Jeden Morgen las der Bischof von Palma dort die Messe und segnete die Mörder. Am Schlusse einer dieser Messen sprach der Bischof im Radio von Mallorca; er sagte unter anderem: "Zur Ehre Gottes und zur Verteidigung der katholischen Religion müssen wir die Marxisten ausrotten, ohne Rücksicht und Sentimentalität, denn die Marxisten sind weder Christen noch Spanier..."
Faschistische Barbarei und Generosität unserer Milizionäre
Die Faschisten schreiben in ihren Zeitungen immer von Greueltaten in dem von uns besetzten Gebiet.
Die Zeitung "Corree de Mallorca" schrieb, in Barcelona hätte man Kinder ermordet und Nonnen vergewaltigt und unsere Hauptbeschäftigung sei Rauben und Plündern. Das Benehmen unserer Milizionäre während ihres Aufenthaltes auf Mallorca beweist die Unwahrheit dieser Behauptungen. Am Tage nach der Landung unserer Truppen in Porto Christo erschienen 7 Nonnen dieses Dorfes bei den Faschisten in Palma. Auf Befragen, wie sie den Roten entwischt seien, sagten sie folgendes: "Als die Roten gelandet waren, fragten sie uns, ob wir zur Pflege der Verwundeten in den Krankenhäusern da bleiben oder ob wir nach Palma de Mallorca zurück wollten. Wir äusserten den Wunsch, nach Palma de Mallorca zu gehen, worauf man uns sofort frei liess. Vor unserer Abreise bot man uns noch Kaffee an...". In gleicher Weise behandelte man die Bauern, doch viele von ihnen gingen beim Rückzug unserer Miliz mit nach Mahon.
Der Unterschied der Behandlung
Der Militär-Kommandant von Palma sagte zu seinen Soldaten, als sie zur Front marschierten: "Wenn ihr siegreich zurückkommt, dürft ihr keine Verwundeten und Gefangenen mitbringen. Erledigt alle Roten, die euch in die Händen fallen..." Dieser Befehl wurde treu erfüllt. 39 Milizionäre, die am Tage vor dem Rückzuge unserer Truppen gefangen genommen wurden, erschoss man an der Friedhofsmauer in Manacor. Das Kommando bei der Erschiessung gab ein Pfaffe des Ortes. Dieser Pfaffe tat sich besonders hervor in der Verfolgung von Arbeitern und in der Ermordung von Frauen und Greisen.
Schlimmer wie die Hyänen
Ein Fall zeigt die Grausamkeiten der Faschisten besonders krass. In Porto Christo blieb ein 19 jähriger Milizionär zurück, der eine Beinverletzung hatte. Als er sah, dass es ihm unmöglich war, zu fliehen, bat er einen faschistischen Soldaten, ihn zum Offizier zu bringen. Der Soldat führte diesen verwundeten Milizionär zu einem Kapitän der Infanterie, der junge Milizionär sagte zum Kapitän: "Ich bin verwundet und hoffe, dass man mich nach den Regeln des Kriegsgesetzes behandelt und als Gefangenen nach einem Hospital bringen wird". Der Kapitän antwortete mit einem höhnischen Lachen, rief einen Legionär und sagte zu diesem: "Bewirte diesen Milizionär, er gehört Dir"... Der Legionär näherte sich unserem Kameraden und schoss ihm drei Kugeln in den Kopf. Nachdem der Legionär diese Mission erfüllt hatte, wandte er sich zum Gehen. Plötzlich sagte er: "Ich habe noch etwas vergessen". Er ging zu seinem Opfer zurück und öffnete ihm den Mund. Darauf fragte der Kapitän: "Warum öffnest Du dem Mann den Mund?" Der Legionär antwortete: "Viele dieser roten Hunde haben Goldzähne, und da er mir gehört, will ich mal nachsehen, ob noch etwas Brauchbares an ihm ist"...
Noch ein anderer Fall zeigt die faschistische Barbarei. Auf der Insel Cabrera gab es kaum Bewohner, nur einige Fischer und eine Frau mit ihrer Tochter wohnten dort. Als unsere Milizionäre diese Insel besetzt hatten, respektierte man diese Leute, soviel man konnte. Als die Faschisten Cabrera zurückeroberten, erzählten die Frauen, dass sie von den, Milizionären sehr gut behandelt worden waren. Der faschistische Kommandant hörte sich das mit an und wollte dann die Frauen zwingen, ein Dokument zu unterschreiben, nach welchem sie von den Roten misshandelt worden und das Mädchen von einem Milizionär vergewaltigt worden war. Als sie sich weigerten, das zu tun gab der faschistische Kommandant den Befehl, sie zu erschiessen. Der Vater dieses Mädchens befindet sich in Mahon und kann zu jeder Zeit die Wahrheit dieser Angaben bestätigen, die den Unterschied zwischen den faschistischen Hyänen und unseren Milizionären dartun.
Die Beschlagnahme des Dampfers "Ciudadela" und die Bombardierung von Rosas
Während der letzten Tage meines Aufenthaltes in Palma de Mallorca ereigneten sich wieder zwei Tatsachen, die die Grausamkeit der Faschisten und ihre Allianz mit der internationalen Reaktion beweisen. Ich meine die Beschlagnahme des Dampers "Ciudadela" und die Bombardierung der Stadt Rosas. Graf Rossi erklärte in einer Versammlung, dass die Italiener die Absicht hätten, zusammen mit den spanischen Faschisten an der Küste von Katalonien zu landen. Einige Tage vor dem Bombardement versuchten die Faschisten, für den Angriff auf Barcelona Freiwillige zu werben.
Einen Tag vor dem Bombardement verliessen zwei Boote Mallorca, ohne das jemand wusste, wohin. Am anderen Tage meldete das Radio von Barcelona die Bombardierung Rosas, und die Zeitungen von Mallorca schrieben mit grossen Buchstaben: Unsere nationalen Kräfte haben unter dem Schutz unserer Flugzeuge die katalonische Küste bombardiert. Die Faschisten hatten die Absicht, in Rosas zu landen, aber die Schnelligkeit und Energie der Arbeiterorganisationen vereitelte diesen Plan. Am selben Tage kam der Kreuzer "Canarias" nach Palma zurück. und wenige Stunden später folgten die Truppentransportschiffe.
"Ciudadela"
Nach offizieller Meldung soll der Kreuzer Canarias den Dampfer "Ciudadela" gekapert haben. Aber in Mallorca geht das Gerücht, dass der Dampfer "Ciuadela" von einem italienischen Boot mit Hilfe der faschistischen Flugzeuge gekapert wurde. Die faschistische Presse publizierte folgende Notiz: Ein Kriegsschiff der nationalen Kräfte kaperte den Dampfer "Ciudadela", welcher sich auf der Fahrt von Mahon nach Valencia befand. Am Bord des Dampfers waren 8 Offiziere, 20.000 Peseten in Metall und eine grosse Quantität Lebensmittel. Dieses Schiff wurde zum Hafen von Soller gebracht, die Besatzung wurde verhaftet und wird vor ein Kriegsgericht gestellt. Nach einigen Tagen erfuhren wir, dass die gesamte Besatzung mit Ausnahme von zwei Frauen und einem kleinen Kind, welche in das Gefängis gesteckt wurden, füsiliert worden ist. Wenn es wirklich die "Canarias" war, die die "Ciudadela" kaperte, so müssen wir uns fragen, wer ihr die Nachricht von der Ausfahrt der "Ciudadela" aus Mahon gegeben hat. Das können nur die italienischen Boote, die die Küste bewachen, gewesen sein.
Unsere Flucht von Mallorca
Die Leiden, welche wir während unseres Aufenthaltes in Mallorca erduldeten, sind von geringem Interesse. Ich will nur von der Flucht erzählen, und wie wir der faschistischen Hölle entrannen. Auch möchte ich den Unterschied zeigen zwischen der Insel Menorca und der faschistischen Hölle Mallorca.
Auf einem kleinen, 5m langen Boot verliessen wir elf Mann am 18. November in aller Frühe Mallorca. Am anderen Morgen gegen vier Uhr kamen wir auf der Insel Cabrera, die heute im Besitz der Faschisten ist, an. Da es wegen der Entdeckungsgefahr durch faschistische Flugzeuge am Tage gefährlich war, weiter zu fahrem, landeten wir auf einer kleinen unbewohnten Insel und warteten dort. Das Geräusch eines Flugzeuges. Ohne unsere Sicherheitsmassnahme wären wir sicherlich entdeckt und erledigt worden. Am Abend setzten wir unsere Flucht nach Menorca fort. Um 10 Uhr setzte ein starker Sturm ein, der es unmöglich machte, die Richtung zu halten und der uns abtrieb. Um 6 Uhr morgens stellten wir enttäuscht fest, dass wir wieder auf Mallorca und zwar 6 km von Felanix gelandet waren. Wir gaben trotzdem die Hoffnung nicht auf und verliessen sofort wieder das Land mit der Richtung auf Mahon.
Zum Glück für uns war das Wetter schlecht, so dass die Faschisten keine Patrouillenflüge machen konnten. Dieser Umstand schützte uns vor Entdeckung. Voller Hoffnung setzten wir unsere Reise fort. Lieber wollten wir ertrinken, als in die Hände der Feinde fallen. Endlich, nach 72 stündiger Fahrt, erreichten wir am 21. November um 4 Uhr morgens Menorca.
Um 5 Uhr landeten wir in Mahon und wurden von unseren Kameraden stürmisch begrüsst. In diesen Minuten des freudigen Wiedersehens erlebten wir im Geiste noch einmal die vier Monate der schmerzvollen Tragödie auf Mallorca.
Das heroische Menorca
Einen Monat blieb ich in Mahon. Ich finde nicht genügend Worte für die Tapferkeit seiner Bewohner. Sie gaben das beste Beispiel für alle Freiheitskämpfer. Viele Männer in der Retaguardia könnten von den Arbeitern Mahons lernen. Dort hat sich jeder der höchsten Aufgabe zur Verfügung gestellt. Man arbeitete ohne Pause für den Krieg und die Revolution. Spontan mobilisierten sich alle Männer über 18 Jahre. Samstags und Sonntags war militärische Instruktion, an den anderen Tagen wurde gearbeitet. Diese Männer waren Arbeiter und sie (leisteten, Anm.) freiwillige Befestigungsarbeiten.
Mahon ist uneinnehmbar. Die befestigte Mole, die 24—, 31— und 38 cm-Geschütze und der Mut der Bevölkerung werden jeden Angriff auf Menorca zurückschlagen. Ich sagte einmal auf einem Meeting: "Menorca ist die Freiheitswacht im Mittelmeer"... Voll Hochachtung müssen wir feststellen, dass Menorca als einzige der 13 Inseln, die zu Spanien gehören, die faschistischen Horden mit Erfolg vertrieben und die Fahne der Freiheit und Gerechtigkeit zum Triumph geführt hat. Das Proletariat von Spanien wird diese heroische Tat seiner Kameraden von Menorca nicht vergessen.
Epilog
Kameraden, ich habe versucht, die Verbrechen des internationalen Faschismus auf der Insel Mallorca mit einfachen Worten zu schildern. Diese Schilderung lässt erkennen, wie Spanien aussehen würde, wenn dieses verfluchte Regime dort siegte. Das Leben unter dem Faschismus bedeutet einen Rückfall in die Zeit der Inquisition. Faschismus ist Schrecken, Hunger, Tyranei und Unterdrückung aller Freiheiten. Der Faschismus ist eine Gefahr für die Kultur und bedeutet einen langsamen und grausamen Tod in Konzentrationslagern. Es gilt zu siegen, koste es was es wolle. Wir müssen Wert darauf legen, alle unsere Kräfte zu sammeln, alle Parteizwistigkeiten beiseite zu schieben, um wie ein Mann den Feind zu besiegen und auf den Ruinen des zerstörten Spanien die Soziale Revolution zu verwirklichen.
Ein besonders wachsames Auge müssen wir auf diejenigen haben, die in dieser historischen Stunde versuchen, die Einigkeit des Proletariats zu stören. Diese versteckten Feinde in der Etappe muss man mit derselben Energie bekämpfen wie die Faschisten.
Valencia, im Januar 1937 Manuel Pérez
Aus: Die Soziale Revolution Nr. 10, 11, 12 (1937). Digitalisiert von der Anarchistischen Bibliothek und Archiv Wien. Nachbearbeitet (Scanungenauigkeiten entfernt, ae zu ä, That zu Tat usw.) von www.anarchismus.at.