Hans Schafranek / Werner Wögerbauer - »Nosotros, agentes provocadores«. Anmerkungen zur Geschichte der »Amigos de Durruti«

Während der Maikämpfe 1937 in Barcelona trat als militantester Flügel des proletarischen Widerstandes die Gruppe »Los Amigos de Durruti« (Die Freunde Durrutis) auf. Die kurzlebige Geschichte dieser linksradikalen Strömung im katalanischen Anarchismus sowie eine ansatzweise Rekonstruktion ihres politischen Stellenwerts und ihrer ideologischen Entwicklung stehen im Zentrum der vorliegenden Studie.

Ursprünglich rekrutierten sich die »Amigos de Durruti« aus Angehörigen der anarchistischen Milizkolonnen, vor allem der »Columna Durruti« (Kolonne Durruti). Sofort nach der Niederschlagung des faschistischen Aufstandes in Katalonien waren diese Milizen an die Aragonfront gezogen, wo sie entscheidend zur Ausdehnung der Kollektivierungsmaßnahmen beitrugen. Binnen weniger Wochen hatten sich im Juli und August 1936 nicht weniger als 150.000 Anarchisten zu den Arbeitermilizen gemeldet, wovon jedoch nur ein kleiner Bruchteil tatsächlich aufgenommen wurde. Nachdem das überwältigende Gros der spanischen Armee zu den Franco-Putschisten übergelaufen war, bildeten die schlecht ausgerüsteten, mit sozialrevolutionärem Elan erfüllten Partei- und Gewerkschaftsmilizen die einzige Streitmacht, die sich dem Faschismus entgegenwarf.

Zwar hatte die kurzlebige Regierung Giral (19.Juli-4. September 1936) bereits Ende Juli 1936 mit dem Mobilisierungsdekret und der Einberufung mehrerer Reservistenjahrgänge versucht, den Aufbau einer »regulären« Armee zu forcieren. Doch dieser Ansatz, den zwischen dem faschistischen Staatsstreich und der sozialen Revolution zerbröckelnden Staatsapparat auf militärischer Ebene wiederherzustellen, war fürs erste gescheitert. Selbst die stalinistische PCE (Partido Comunista de Espana / Kommunistische Partei Spaniens), wie die PSUC (Partit Socialista Unificat de Catalunya / Sozialistische Einheitspartei Kataloniens) entschiedenste Verfechterin des Aufbaus einer konventionellen Armee mit zentralem Kommando, »eiserner« Disziplin und straffer Hierarchisierung, mußte sich kurze Zeit zumindest äußerlich der revolutionären Entwicklung anpassen und gründete die »Milicias Antifascistas Obreras y Campesinas« (MAOC / Antifaschistische Arbeiter- und Bauernmilizen). Freilich stellten diese Verbände, ungeachtet ihres Namens, von Anfang an nichts anderes dar als den Kern des sogenannten »5. Regiments«, das wiederum die Grundlage für die Errichtung der republikanischen »Volksarmee« bildete.

Den »kurzen Sommer der Anarchie« (H.M. Enzensberger) zu schildern und die einzelnen Etappen der Wiederherstellung der bürgerlichen Staatsmacht zu analysieren, würde den Rahmen dieser Untersuchung sprengen. Halten wir lediglich fest, daß mit der Auflösung des »Zentralkomitees der antifaschistischen Milizen« (Ende September 1936) in Katalonien wesentliche Elemente der Doppelherrschaft beseitigt wurden. Gleichzeitig mit der Zurückdrängung der revolutionären Komitees erfolgte auch die faktische Preisgabe jener Konzeption, die Krieg und Sozialrevolutionäre Umwälzungsprozesse als unauflösliche Einheit ansah. Dies wirkte sich ummittelbar auf die Milizkolonnen an der Front aus, deren ökonomische Autarkie untergraben wurde und die einer systematisierten politischen Erpressung von Seiten der Sowjetunion ausgeliefert waren, dem einzigen Land, das in größerem Umfang Waffen lieferte. Am 21. Oktober 1936 wurde ein Dekret erlassen, das die Eingliederung der Milizen in die regulären Streitkräfte vorsah. Damit begann die »Militarisierung« der Milizverbände, als Vorstufe ihrer Integration in die »Volksarmee«; ein militärischer und politischer Transformationsprozeß, der theoretisch im Januar 1937 abgeschlossen war, sich aber in Wirklichkeit bis zum Juni 1937 hinzog. Daß diese De-facto-Liquidierung der Milizen überhaupt vollzogen werden konnte, lag gewiß zum Teil in den allgemeinen Bedingungen des Niedergangs der revolutionären Entwicklung begründet. Daß aber der politische Charakter jener militärischen Zäsuren zu einem erheblichen Teil verschleiert werden konnte, war nur möglich durch die Einbindung der anarchistischen Führungsgruppen in das mystifizierte Konzept einer »antifaschistischen Einheit«. Die programmatische Auseinandersetzung um die grundlegend verschiedenartigen Zielsetzungen von Anarcho-Syndikalisten und Stalinisten wurden so zu einem Streit um die militärisch effizienteste Taktik umgebogen. [1] Daraus ergab sich eine paradoxe Annäherung, die sich aus ganz unterschiedlichen Quellen nährte; Kategorien wie »militärische Effizienz«, »Disziplin« usw. wurden in der Kriegspropaganda der PCE und der PSUC bewußt klassenneutral gefaßt. Ihre Durchsetzung unter der Ägide der PCE war jedoch, in Verbindung mit anderen Entwicklungssträngen, ein Meilenstein auf dem Weg zur Errichtung eines zentralisierten » starken« Staates, der parallel mit dem Anspruch auf Wiederherstellung des Gewaltmonopols daranging, alle Ansätze proletarischer Klassenautonomie zu zerschlagen. Auf der Gegenseite konnte die Führung der CNT (Confederación Nacional del Trabajo / Nationalbund der Arbeit) der zum ideologischen Reflex gewordenen Kampfansage an die »Disziplinlosigkeit« der anarchistischen Milizen nichts entgegensetzen und machte sich selbst zum aktiven Träger einer »Disziplinierung« (in doppeltem Sinne) ihrer bewaffneten Formationen. Es war dies das logische Resultat einer tiefgreifenden Verstrickung in die »Burgfriedenspolitik«, die mit der Tolerierung der katalanischen Generalität begonnen und mit dem Eintritt von vier CNT-Ministern in die Zentralregierung (4. November 1936) ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht hatte. Die politische Hilflosigkeit, mit der sich die libertäre Führung die Diskussion um das ideologisch verzerrte Begriffspaar »Disziplin« versus »Disziplinlosigkeit« aufzwingen ließ, wurzelte sicherlich auch darin, daß ein Mangel an militärischer Disziplin in den Reihen des Anarchismus seit jeher als Zeichen einer traditionell antimilitaristischen Mentalität galt. Als Ablehnung hierarchisierter Strukturen und utopischer Entwurf einer herrschaftsfreien Gesellschaft verkörperte diese immer schon ein antikapitalistisches Element. Aber das Desinteresse an der Ausübung der Macht - selbst wenn diese, wie etwa im Juli 1936, »auf der Straße lag« -ließ diese Macht als »symbolische« weiterbestehen und mußte späterhin in zuweilen grotesk anmutender Ohnmacht den Wiederaufbau und das Erstarken der staatlichen Institutionen hinnehmen.

So machte seit März 1937 die Zentralisierung der Polizeikräfte in einer einzigen staatlich kontrollierten Truppe wesentliche Fortschritte. Hand in Hand damit ging die Zurückdrängung der von den Anarchisten dominierten »Kontrollpatrouillen«. Die PSUC und die »Esquerra« zogen ihre Anhänger aus diesen bewaffneten Formationen zurück und diffamierten sie als »unkontrollierbare Elemente«. [2]

Die Entwaffnung der Arbeiterklasse ging nicht widerstandslos vor sich. In ganz Katalonien häuften sich die Zwischenfälle. Obwohl sie durch die erfolgreiche Infiltration der Polizei an den Schalthebeln des Unterdrückungsapparates saßen, genügte dies den Stalinisten nicht für die bevorstehende Konfrontation. Im März 1937 bemächtigte sich ein Offizier der Voroshilov-Kaserne im Auftrag der PSUC mittels eines gefälschten Befehls einer größeren Zahl von Panzern aus einem staatlichen Waffendepot. Die Untersuchung verlief im Sand. [3] Beispiele ähnlicher Provokationen sind in großer Zahl überliefert. [4] Victor Serge warnte die Führung der POUM (Partido Obrero de Unificación Marxista / Arbeiterpartei der marxistischen Einigung) von Brüssel aus: »Ein verantwortlicher PSUC-Funktionär war hier. Den belgischen Kommunisten hat er kaltblütig angekündigt, daß der NKWD sich anschickt, bei der erstbesten Gelegenheit fünftausend POUM-Aktivisten umzubringen. Zweifellos ist das eine Prahlerei, aber haltet sie dennoch nicht für bedeutungslos« [5] Im April 1937 besetzten Einheiten der »Carabineros«, einer paramilitärischen, dem Finanzminister der Zentralregierung, Negrin, unterstehenden Grenzpolizei, einen Großteil der Pyrenäengrenze. Eine größere militärische Konfrontation mit den Anarchisten, die bis dahin eine weitgehende Kontrolle über den Grenzverkehr ausgeübt hatten, wurde nur mit knapper Mühe verhindert. [6]

Indes wäre der Eindruck falsch, die Eindämmung der revolutionären Potenzen sei ein gradliniger und unaufhaltsamer Prozeß gewesen. Speziell in den anarchistischen Jugendorganisationen regte sich seit Anfang 1937 ein diffuser, aber erbitterter Widerstand gegen die Beteiligung der CNT an der Regierungskoalition. Gewiß, ein erheblicher Teil dieser Sektoren der anarchistischen Bewegung quittierte diese Anpassung ihrer Führung an die Volksfrontprogrammatik mit einem »Rückfall« in den traditionellen anarchistischen »Apolitizismus«. Doch die Verteidigung der anarchistischen »Orthodoxie« widerspiegelte in dieser Phase einer Kräfteumgruppierung zugleich die tiefe Kluft, die sich zwischen Teilen der militanten Basis und den zu Staatsfunktionären gewordenen »Führern« des Anarchismus aufgetan hatte. In dieses Vakuum versuchte die POUM hineinzustoßen. Sie griff diese Strömungen auf und versuchte ihnen mit dem einheitsfronttaktischen Konzept einer »Frente Obrero Revolucionario« (Revolutionäre Arbeiterfront) eine politische Richtung zu weisen. [7] Diese Bemühungen um eine Annäherung blieben nicht erfolglos. Mitte Februar 1937 wurde auf einer Großkundgebung vor 50.000 Teilnehmern in Barcelona die Bildung einer »revolutionären Jugendfront« zwischen der katalanischen »Juventud Libertaria« (Libertäre Jugend) und der POUM-Jugend »Juventud Comunista Iberica« (Iberische kommunistische Jugend) proklamiert. [8] Eine Reihe von anderen Organisationen schloß sich an. Zwar blieb dieses Bündnis, ein deutliches Gegengewicht zur stalinistischen »Allianz der antifaschistischen Jugend« (unter Einschluß konservativer bürgerlicher Organisationen), [9] das einzige Ergebnis einer formalisierten Zusammenarbeit zwischen den antistalinistischen Kräften, die mehr durch die gemeinsame Bedrohung zusammengeschweißt wurden als durch eine ideologische Annäherung. Doch daneben entstanden innerhalb der anarchistischen Bewegung starke linksoppositionelle Strömungen, die in ihrer vehementen Kritik des CNT-Kurses nicht beim Rekurs auf die Postulate der »reinen anarchistischen Lehre« stehenblieben. Als wichtigste Gruppierung sind hier die »Amigos de Durruti« zu nennen, deren Aktion und Programm die radikalste Kritik des »Ministerialismus« darstellten.

Der Widerstand gegen die Militarisierung in den anarchistischen Milizen war breit und vielfältig, obwohl er von den übergeordneten CNT-Instanzen keinerlei Deckung erhielt. Am hartnäckigsten zur Wehr setzte sich die 3.000 Mann zählende »Eiserne Kolonne«, die einen Abschnitt an der Teruel-Front hielt. Die Konflikte eskalierten bis zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen anarchistischen Milicianos und »Guardias de Asalto«, Angehörigen der paramilitärischen republikanischen Polizei. Im Zuge dieser Auseinandersetzungen wurden im März 1937 über 200 Anarchisten verhaftet. Um einer drohenden Auflösung und weiteren Repressalien zu entgehen, plädierte das Kriegskomitee der »Eisernen Kolonne« schließlich für die Militarisierung. Aus der »Eisernen Kolonne« wurde die 83. Brigade der regulären Armee. [10] Andere Einheiten gaben ihre Opposition nach weniger spektakulärem Widerstand auf, wobei häufig die Hoffnung mitschwang, die Integration in die »Volksarmee« werde wohl formelle Änderungen nach sich ziehen, die politische Substanz und die Kommandostruktur der einzelnen Verbände jedoch nahezu unangetastet lassen.

Besonders drastisch entwickelte sich die Situation an der Aragon-Front, wo neben den CNT-Kolonnen auch die Milizverbände der POUM konzentriert waren. Die Aragon-Front bzw. die an ihr stationierten Verbände, seit jeher der PCE ein Dorn im Auge, wurde systematisch von Waffen und Nachschub entblößt, während die Stalinisten zugleich eine haßerfüllte, monatelange Kampagne gegen die »Untätigkeit« und »Sabotage« der Anarchisten entfesselten. Das verlieh dem Kampf gegen die Militarisierungsdekrete der Regierung Caballero zusätzliche Brisanz.

Zum einen wollten sich die Milizionäre nicht mit einer Maßnahme abfinden, die in völligem Widerspruch zu ihrer libertären Schulung stand. Im Bericht eines Mitglieds des Kriegskomitees der »Columna Durruti« ist die Rede von langwierigen Diskussionen, in denen die Politik des Nationalkomitees und aller Komitees im Hinterland heftig kritisiert wurde. Die Militarisierung machte für ein Gutteil der Milizionäre alle revolutionären Hoffnungen zunichte. Das Ausmaß der Desillusionierung kann daran ermessen werden, daß es darob in der Folge zu vereinzelten Selbstmorden in den Kolonnen kam. [11]

Zum anderen war eine beträchtliche Anzahl von Milizionären nicht gewillt, sich als Kanonenfutter für eine Republik von Stalins Gnaden mißbrauchen zu lassen und weigerte sich kategorisch, das Prinzip einer Militarisierung zu akzeptieren, dies trotz der wiederholten Aufforderung der Regionalkomitees von CNT und FAI (Federatión Anarquista Iberica / Iberischer Anarchistischer Bund). [12] Am 16. Januar 1937 hatten Mitglieder der »Columna Durruti« eine Reihe von Gegenvorschlägen präsentiert, die zugleich die militärische Effizienz der Kolonne und ihre politische Autonomie garantieren sollten. [13]

Ein anderer Teil der Kolonne, vor allem das Kontingent, das an der Expedition nach Madrid teilgenommen hatte, mit Ricardo Sanz, dem Nachfolger Durrutis als Kommandant der Kolonne (und der späteren 26. Division) an der Spitze, trat für die Militarisierung ein. [14] Nach harten Auseinandersetzungen kam es schließlich bei einer Aussprache zwischen den Regionalkomitees und einer eigens nach Barcelona gesandten Kommission zu einer einvernehmlichen Lösung des Konflikts, derzufolge die Gegner der Militarisierung nach Ablauf einer Frist von vierzehn Tagen die Front verlassen und durch neue Kräfte ersetzt werden sollten. [15]

Anfang März 1937 verließen also rund 1.000 bei Gelsa stationierte Milizionäre die Front und zogen nach Barcelona. Ein Teil dieser Gruppe bildete den Kern der »Amigos de Durruti«, die sich wenig später als »Agrupacion« konstituierten. [16] Zum ersten Mal an die Öffentlichkeit trat die Gruppe mit einem Communique in der Zeitung der »Columna Durruti«, »Frente«, vom 8. März 1937. [17] Vorbedingung für eine Mitgliedschaft war, entweder der CNT oder der FAI anzugehören. De facto kam die Mehrheit der Mitglieder von der FAI. In einer Notiz über Gründung und Aktion der »Amigos de Durruti« berichtet der Politkommissar der POUM-Milizen, Jordi Arquer, daß die genannten Bedingungen zuweilen dazu führten, daß einzelne UGT-Mitglieder zur CNT überwechselten, um den »Amigos de Durruti« beitreten zu können. [18] Letztere erhielten in Barcelona rasch Zulauf, vor allem aus den Reihen der Kontrollpatrouillen, die damals gerade in die entscheidende Phase ihres Selbstbehauptungskampfs gegen den regulären Polizeiapparat eingetreten waren. [19]

Die Beziehungen zu den an der Front verbliebenen Milizionären wurden aufrecht erhalten. Eine der hervorstechendsten Persönlichkeiten der Gruppe, Francisco Carreño, verließ die Front erst nach den Maikämpfen, andere kehrten nach eben diesen Ereignissen an die Front zurück, um in den ehemaligen CNT-Kolonnen Schutz vor der Repression zu suchen. [20] Noch im Juli 1937 verwiesen die »Amigos de Durruti« auf ihre Verbindungen zu den Frontkämpfern: »... die Gruppierung 'Los Amigos de Durruti' besteht nahezu zur Gänze aus Genossen, die seit Juli (1936 - H. S./W.W.) an den Fronten gekämpft haben und kämpfen.« [21] Innerhalb weniger Wochen gelang es den »Amigos de Durruti«, in Teilen der gewerkschaftlichen Basis Fuß zu fassen. So erzielten sie einen erheblichen Einfluß auf die Gewerkschaft der Lebensmittelindustrie. Auch in einigen lokalen Föderationen außerhalb Barcelonas waren sie sehr aktiv, so etwa in den katalanischen Bergbauzentren von Suria, Sallent, Figols und Cardona, wo sie zuweilen über Mehrheiten verfügten. [22] Einen im einzelnen schwer bestimmbaren, allem Anschein nach aber nicht zu gering zu veranschlagenden Einfluß übten die »Amigos de Durruti« auf die katalanische »Juventud Libertaria« aus, mit 34.000 Mitgliedern die stärkste regionale Jugendorganisation der Anarchisten. [23] Dieser Einfluß läßt sich keineswegs im Sinne einer ideologischen Infiltration fassen, sondern umschloß und beförderte die politisch teils diffusen, jedoch äußerst militanten Radikalisierungsprozesse, die bereits einleitend erwähnt wurden. Trotz allem darf die zahlenmäßige Bedeutung der »Amigos de Durruti« nicht überschätzt werden. Die Angaben hierfür schwanken zwischen 400 und 5.000 Mitgliedern für Anfang Mai 1937. [24] Es ist allerdings wahrscheinlich, daß sie während und nach den Maikämpfen ihre Mitgliederzahl erhöhen konnten, freilich ohne daß dies in entscheidendes politisches Kapital umgemünzt werden konnte. Fast sämtliche Milizionäre, die von der »Columna Durruti« zur Unterstützung der Aufständischen nach Barcelona abgestellt worden waren (etwa 100), traten den »Amigos de Durruti« bei. [25] Nach dem Mai 1937 erwähnen diese in ihren Publikationen zahlreiche Beitritte und die Gründung neuer Zellen, sowohl in den CNT-Verbänden als auch in verschiedenen katalanischen Ortschaften, z.B. in Sans, Tarrasa und Sabadell.

Das Regionalkomitee der CNT schenkte ihnen zunächst keine oder nur geringe Beachtung, da man sie für einen der zahllosen Zirkel hielt, die ebenso schnell verschwanden wie sie aufgetaucht waren. [26] Erst Mitte April begannen die Leitungsinstanzen, die politische Tätigkeit der lästigen Opponenten in den eigenen Reihen durch bürokratisch-administrative Mittel zu sabotieren. [27]

Als Sekretär der »Amigos de Durruti« fungierte Felix Martinez. Politisch, intellektuell und als Organisator überragte ihn jedoch bei weitem Jaime Balius. Der als Folge einer Kinderlähmung körperbehinderte Balius, ein ehemaliger Medizinstudent bürgerlicher Herkunft, war in den zwanziger Jahren aus den Reihen der katalanischen Separatisten vom »Estat Catala« zum Anarchismus gestoßen. [28] Er bewies große geistige Beweglichkeit und »eine außerordentliche Begabung in der Behandlung von Menschen«, wie von Paul und Clara Thalmann hervorgehoben wird. [29] In den dreißiger Jahren verfaßte Balius eine Reihe von Schriften über die Klassenkämpfe in Spanien. [30] 1936 wurde er Direktor der CNT-Abendzeitung »La Noche«, die unter seiner Redaktion zu einem Forum oppositionell-anarchistischer Auffassungen wurde. Balius' Artikel fanden breite Beachtung; manche von ihnen wurden z.B. in der deutschsprachigen anarchistischen Zeitschrift »Die soziale Revolution«, vor allem aber in »La Batalla«, dem Zentralorgan der POUM nachgedruckt. [31]

Die anderen Repräsentanten der »Amigos de Durruti« gingen zum Großteil aus der ehemaligen Führung der »Columna Durruti« hervor. Dies gilt insbesondere für den Delegierten der 4. Agrupación in Gelsa, Pablo Ruiz, und für den argentinischen Anarchisten Francisco Carreno, Mitglied des Kriegskomitees der Kolonne. [32]

Die engen Beziehungen zur »Columna Durruti« und das Charisma des in Madrid gefallenen Anarchisten bieten zweifellos eine hinreichende Erklärung für die Namensgebung der »Amigos de Durruti«. Darüber hinaus hatte Durruti wiederholt seinen Unmut und sein Mißtrauen gegenüber den Leitungsinstanzen der CNT bekundet und die Notwendigkeit betont, parallel zum Bürgerkrieg den revolutionären Druck im Hinterland aufrechtzuerhalten: »Von ihnen (den Faschisten - H. S. / W. W.) sagen wir, sie werden nicht durchkommen, und zu euch (den Konterrevolutionären und Reformisten im republikanischen Lager - H. S. / W. W.) sagen wir, ihr werdet nicht durchkommen.« [33] Die ersten öffentlichen Stellungnahmen der »Amigos de Durruti« gehen in diese Richtung: Stigmatisierung der konterrevolutionären Entwicklung im Hinterland und der von der CNT/FAI-Leitung geführten Politik der Zugeständnisse und Kompromisse.

In den Spalten von »La Noche« finden sich immer häufiger die Warnungen Jaime Balius': »Anhand einer oberflächlichen Analyse der Ereignisse seit dem 19. Juli läßt sich feststellen, daß die Revolution unaufhörlich zurückgewichen ist. Vom Geist und von den Bestrebungen der ersten Tage ist nichts geblieben. Hingegen wohnen wir einer verhüllten Machteinsetzung der Konterrevolution bei, und zwar im wortwörtlichen Sinne.« [34] In einem Interview wendet sich Pablo Ruiz gegen den wachsenden Einfluß der politischen Parteien und der UGT (Union General de Trabajadores), die die Interessen des Kleinbürgertums verteidigen. Durch das Paktieren mit ihnen habe die CNT die »Hegemonie über die Revolution« verloren. [35] Angesichts dieser Entwicklung sehen die »Amigos de Durruti« ihre Aufgabe in einer aktiven Propaganda innerhalb der CNT, mit dem Ziel, deren revolutionäre Postulate neu zu beleben.

Am 14. April 1937 zeichnete Francisco Pellicer ein recht düsteres Bild der Lage in »diesem verrotteten Barcelona«; er brandmarkt die Renaissance einer privilegierten Kaste von Bürokraten, Spekulanten und Müßiggängern, die Verbürgerlichung der Kontrollkomitees, das Weiterbestehen von Prostitution und Bettelei, die schwierige finanzielle Lage der Familien und schlägt eine regelrechte revolutionäre Re-Moralisierung des Hinterlandes vor. [36] Am 18. April 1937 organisierten die »Amigos de Durruti« ein Meeting im Teatro Poliorama, an dem zirka 1.000 Personen teilnahmen und bei dem Francisco Pellicer, Pablo Ruiz, Jaime Balius und Francisco Carreno als Redner auftraten. [37] Sie erhielten enthusiastischen Applaus, als sie forderten, daß Krieg und Revolution nicht getrennt zu führen seien. Einhellig wandten sie sich gegen die Regierungskollaboration der CNT, die in ihrer Kapitulation vor dem Stalinismus schon viel zu weit gegangen sei. Die PCE-Politiker seien Agenten der Bourgeoisie. Überraschung löste - aus anarchistischem Mund - die Bemerkung aus, Lenins Revolutionsmethode in Rußland sei »korrekt« gewesen. Und unübersehbar war die Warnung an die erstarkende Konterrevolution im republikanischen Lager, wie der am selben Tag verfaßte Bericht eines »dissidenten« amerikanischen Trotzkisten zeigt: »They (die »Amigos de Durruti« - H. S./ W.W.) demand the cleaning of the CNT-union. They want complete socialisation of industry. They are alarmed at reaction showing its head more every day. If the rear does not improve, we will bring up the armed forces from the front and will again clean up. If necessary, we can be master of the Situation again in twenty-four hours. This brought the house in uproar. Although it is an exagerated Statement with excellent intention, it shows the sentiment ofthe workers' attending. One Speaker wanted to know why the National Guard (gemeint ist die Guardia Nacional Republicana, d. i. die unter neuem Namen wiederauferstandene Guardia Civil - H. S. / W. W.) was not sent to the front. Who was it going to be used in the rear ?« [38] Aus solchen Tönen sprach unbeugsame Kampfbereitschaft, aber auch eine gewisse Überschätzung der im April 1937 noch vorhandenen Möglichkeiten, das Rad der konterrevolutionären Entwicklung von Katalonien aus zurückzudrehen und mit einem Schlag die revolutionäre Situation des 19. Juli wiederherzustellen. Als politische Perspektive propagierten die »Amigos de Durruti« in der zweiten Aprilhälfte die Übernahme der Macht durch die Gewerkschaften, [39] eine Losung, die sie jedoch wenig später relativierten. Um diese Zeit dürften auch die ersten Kontakte mit POUM-Aktivisten und einzelnen Vertretern der winzigen trotzkistischen Gruppe zustande gekommen sein, insbesondere mit Moulin (Pseudonym des deutschen Trotzkisten Hans David Freund), der binnen weniger Tage einen intensiven Diskussionsprozeß mit den »Amigos de Durruti« initiierte. Es kam dabei zu einer gewissen ideologischen Annäherung, die am Vorabend der Maikämpfe einen etwas größeren Stellenwert erhielt, andererseits aber späterhin bei Freund und Feind zur Legendenbildung beitragen mußte. Das ausführlichste Zeugnis über die kurzfristige Kooperation stammt von Paul Thalmann, dessen Bericht in dieser Hinsicht unverdächtig sein dürfte: Als überzeugter Trotzkist nach Spanien gekommen, erlebte er gerade um diese Zeit eine innere Wandlung, die ihn zu anarchistischen Positionen führte. Thalmann resümierte Balius' Lageeinschätzung während dieser Tage folgendermaßen: »Die anarchistische Leitung hat versagt, durch ihre Beteiligung an der Volksfrontregierung den tragfähigen Boden revolutionär-anarchistischer Politik verlassen und ist zu einem Anhängsel der kommunistischen Strategie geworden. Einziger Ausweg: Wiederherstellung der Macht und Souveränität der Komitees, Verjagen der katalanischen Generalidad mit Companys an der Spitze, Austritt der Anarchisten aus der Regierung, Neubelebung und bessere Organisation der Milizarmee. Auf dieser Linie sollte in Katalonien und in Aragonien, im Gebiet von Valencia, wo starker anarchistischer Einfluß bestand, die Macht ergriffen, mit der Zentralregierung verhandelt und Kontakt mit allen revolutionären Richtungen aufgenommen werden, die sich in Spanien den Einmischungen der Kommunisten entgegenstellten. Nach Balius' fester Überzeugung ließen sich auf dieser Grundlage, von der katalanischen Bastion aus, dem ganzen Land neue, revolutionäre Impulse geben. In diesen Ideen war schon eindeutig das Denken von Moulin spürbar.« [40] Wohl hatte sich Pablo Ruiz in dem bereits erwähnten Interview vom 24. März 1937 im Namen der »Amigos de Durruti« klar von allen politischen Gruppen abgegrenzt, die »nicht nur nichts für die Revolution übrig haben, sondern überdies minoritär sind«. [41] Dies konnte entweder als Anspielung auf die POUM oder auf antistalinistische Strömungen im Umkreis von Largo Caballero verstanden werden, bedeutete aber zugleich, daß die »Amigos de Durruti«, zumindest anfänglich, ihr Betätigungsfeld auf die anarchosyndikalistische Gewerkschaftsorganisation beschränken wollten.

Die offensichtliche Öffnung auf Splittergruppen wie die der »Voz Leninista«, sei es auch nur auf der Ebene persönlicher Kontakte, dürfte Hand in Hand gegangen sein mit der Aufgabe einer orthodox-anarchistischen Sichtweise und einem beginnenden Interesse für das Problem der politischen Macht. So wie die von Pablo Ruiz gezogene Demarkationslinie gegenüber minoritären Gruppierungen (und auf wen traf dieses Verdikt besser zu als auf die trotzkistische Gruppe), hatten sich auch andere Demarkationslinien in den Wochen vor den Maikämpfen verflüchtigt, aufgrund einer Dynamik, an deren Entstehung die »Amigos de Durruti« ihren Anteil hatten. Ihre Beziehungen zur POUM sind in dieser Hinsicht beispielhaft. Von der physischen Auslöschung bedroht, schenkte diese Partei den manchmal ikonoklastischen Stellungnahmen Jaime Balius' und der »Amigos de Durruti« besondere Aufmerksamkeit. Balius war einer der wenigen im anarchistischen Lager, die entschieden gegen die Moskauer Schauprozesse Stellung nahmen, woraufhin sein heftiger Kommentar vom katalanischen Regionalkomitee der CNT desavouiert wurde. [42] Es ist dies vielleicht als erstes Indiz dafür zu werten, daß sich stellenweise das tiefe Mißtrauen der Anarchisten gegen den Marxismus schlechthin lockerte. Juan Andrade erklärte am 1. Mai 1937, daß die POUM völlig einverstanden sei mit dem Forderungskatalog, den ein Plakat der »Amigos de Durruti« in den Straßen Barcelonas verkündete. In diesem Acht-Punkte-Katalog wurde an erster Stelle die sofortige Bildung einer »Revolutionären Junta« aus Vertretern des Industrie- und Landproletariats sowie der Soldaten gefordert. Aber darüber hinaus hebt Andrade hervor, daß es in jenen Tagen zu einem »stillschweigenden Einverständnis« zwischen Basismitgliedern der POUM und der CNT gekommen sei. [43] Diese Haltung der anarchistischen Basis und der »Amigos de Durruti« hob sich scharf von der der offiziellen CNT ab, die in den Attacken von PCE und PSUC gegen die POUM nichts weiter als einen »Bruderzwist unter Marxisten« sah, in den sie nicht einzugreifen hatte.

Angesichts der extrem zugespitzten Situation - nach der Erschießung des UGT-Mitglieds Roldan Cortada durch Unbekannte hatten PSUC und UGT die Beerdigung zu einer gigantischen konterrevolutionären Massenmobilisation benutzt - waren alle Mai-Aufmärsche von der Generalidad untersagt worden. [44] Am 1. Mai verteilten die »Amigos de Durruti« ein gemeinsam mit Thalmann und Moulin verfaßtes Flugblatt im Industrievorort Sabadell. Im Laufe dieser Aktion wurden Moulin und ein amerikanischer Trotzkist kurzfristig festgenommen. [45] Der Inhalt dieser Flugschrift dürfte mit dem bereits genannten Forderungskatalog identisch gewesen sein.

Am Vormittag des 2. Mai, einem Sonntag, fand im Teatro Goya ein zweites Meeting der »Amigos de Durruti« statt, wobei Jaime Balius, Liberto Callejas und Francisco Carreno den 19. Juli und die Persönlichkeit Durrutis evozierten und auf eine Rückkehr der CNT zu einer revolutionären Linie drängten. [46] Auch diese Versammlung war außerordentlich gut besucht und wurde von den Teilnehmern mit »überschwenglichem Enthusiasmus« quittiert. Mit Bezug auf die durch zahlreiche Provokationen angespannte Lage sagten die »Amigos de Durruti« eine baldige Aggression gegen die Arbeiterklasse voraus, eine Aggression, die ihnen zufolge in den »offiziellen Gremien, wo die Vertreter der sogenannten antifaschistischen Kräfte sitzen«, [47] vorbereitet wurde.

Die lange Zeit durch eine Serie von Provokationen vorbereitete Generalabrechnung mit der POUM und dem revolutionären Flügel des Anarchismus wurde bekanntlich am 3. Mai 1937 mit dem unter stalinistischem Kommando durchgeführten Polizeiüberfall auf die »Telefonica« eingeleitet, womit den Anarchisten die Kontrolle über das Kommunikationsnetz gewaltsam entrissen wurde. Der spontane Massenaufstand, der durch diese Aktion ausgelöst wurde und zu viertägigen erbitterten Kämpfen zwischen CNT/FAI-Aktivisten, der anarchistischen Jugendorganisation, POUM-Arbeitern und den »Amigos de Durruti« auf der einen, den PSUC-kontrollierten Polizeieinheiten der Generalidad auf der anderen Seite führte, ist in Erlebnisberichten und historischen Analysen oftmals beschrieben worden [48] und braucht hier nicht nochmals geschildert zu werden.

Am Abend des 3. Mai ließ eine vom Exekutivkomitee der POUM initiierte Zusammenkunft mit den Regionalleitungen der CNT, FAI und der »Juventud Libertaria« jede Aussicht auf gemeinsame politische Zielsetzungen und Kampfperspektiven schwinden, da sich die anarchistischen Führer mit Ausnahme des JL-Sekretärs Alfredo Martinez darauf beschränkten, die Absetzung des Innenministers Aiguade und des PSUC-Mitglieds Rodriguez Salas zu fordern, der den Angriff auf die »Telefonica« geleitet hatte. [49] Die POUM stellte sich zwar unzweideutig an die Seite der kämpfenden Arbeiter, befand sich aber zugleich im Schlepptau der CNT-Führung und machte jede politische Perspektive, jedes in Erwägung gezogene offensive Vorgehen von deren Zustimmung abhängig. [50]

Während die überraschten Führungsinstanzen der CNT, FAI und letzten Endes auch der POUM im Verkehr mit den bürokratischen Apparaten den Widerstand der Barrikadenkämpfer in politisches Kleingeld umzuwechseln suchten, hielten die Arbeiter wenig von Verhandlungen und besetzten statt dessen bis zum Morgen des 4. Mai den größten Teil Barcelonas. Am Morgen des 4. Mai erfuhren die Milizionäre an der Aragonfront von den Ereignissen in Barcelona. Eine Delegation von ca. 100 Mann mit Francisco Carreno und Angel Marin an der Spitze, respektive als Vertreter des Kriegskomitees der »Columna Durruti« und der Frontgruppen der »Juventad Libertaria«, beteiligte sich an den Kämpfen im Zentrum. [51] Eine Ausweitung der Truppenbewegungen wurde durch Delegierte der Leitungsgremien von CNT und FAI verhindert. [52]

Am Abend des 4. Mai fand eine Zusammenkunft zwischen der POUM-Exekutive und einer Delegation der »Amigos de Durruti« statt, bei der man sich aber offensichtlich nicht auf konkrete Maßnahmen einigen konnte. [53] Das oppositionelle Lokalkomitee der POUM von Barcelona schlug die Schaffung eines provisorischen zentralen Verteidigungskomitees vor, welches aus einem Gremium von Delegierten der Barrikaden bestehen sollte; es blieb jedoch bei Ansätzen. [54]

Betrieb die POUM-Führung aufgrund des Drucks, dem sie von links und rechts ausgesetzt war, eine inkonsequente, schwankende Politik, so fiel die CNT-Führung ihrer eigenen Basis glatt in den Rücken, als die Kämpfe ihre stärkste Ausdehnung erfuhren. Seit dem 4. Mai blies das Regionalkomitee unaufhörlich zum Rückzug und forderte die Arbeiter auf, an ihre Arbeitsplätze zurückzukehren. Tags darauf wurden diese Appelle durch die Rundfunkansprachen von Federica Montseny (CNT-Gesundheitsministerin der Zentralregierung) und Garcia Oliver (CNT-Justizminister der Zentralregierung) verstärkt. Ihre Wirkung auf die Kombattanten war niederschmetternd: »Mit weinerlichen, bewegten Beschwörungen baten sie die Arbeiter, den verheerenden Bruderkrieg einzustellen, die Arbeit wieder aufzunehmen, es gelte, zuvörderst den Krieg gegen Franco zu gewinnen. Erst wollte ein Teil der anarchistischen Arbeiter nicht glauben, daß da ihre Führer sprachen, dann aber war ihre Erbitterung und Enttäuschung grenzenlos. Aus Wut, Scham und Empörung zerrissen zahlreiche Angehörige der FAI und der CNT ihre Mitgliedsbücher, warfen sie in die Feuer hinter den Barrikaden, über denen noch die Töpfe ihrer Suppe brodelten. Haufenweise verließen sie ihre Stellungen und nahmen ihre Waffen mit, um sie in Sicherheit zu bringen.« [55] Der Gegensatz zwischen der »historischen Führungsgarnitur« des spanischen Anarchismus und den radikalisierten, durch das ständige Zurückweichen erbitterten Sektoren des anarchistischen »Fußvolks« konnte größer nicht sein. Machte sich z. B. auch Diego Abad de Santillán die These vom tragischen Bruderkampf zu eigen, [56] so verteilten die »Amigos de Durruti« am 5. Mai auf den Barrikaden ein Flugblatt, aus dem zumindest indirekt hervorging, daß sie die reaktionäre Dynamik, die aus der Akzeptanz des antifaschistischen Einheitsmythos erwuchs, begriffen hatten. Ihre Forderungen kreisten nicht um die demokratische Schlinge des Antifaschismus, sie wiesen eine proletarisch-revolutionäre Stoßrichtung auf:

»CNT-FAI. Gruppierung 'Los Amigos de Durruti'

Arbeiter, fordert mit uns:
Revolutionäre Junta.
Erschießung der Schuldigen.
Entwaffnung aller bewaffneten Einheiten, die an der Aggression teilgenommen haben.
Sozialisierung der Wirtschaft.
Auflösung der politischen Parteien, die die Arbeiterklasse angegriffen haben.
Wir weichen nicht von der Straße. Die Revolution über alles.
Wir grüßen die Kameraden von der POUM, die sich mit uns auf der Straße verbrüdert haben.
ES LEBE DIE SOZIALE REVOLUTION!
NIEDER MIT DER KONTERREVOLUTION.'« [57]


Vier- bis fünftausend Exemplare dieses in der Nacht vom 4. auf den 5. Mai in einer kleinen Druckerei des Barrio Chino hergestellten Flugblattes wurden ab Mitternacht auf den Barrikaden verteilt, wo es von den anarchistischen Kombattanten zuweilen mit Mißtrauen, wenn nicht mit schroffer Ablehnung aufgenommen wurde, die einem politikfeindlichen Reflex entsprang. [58] Trotzdem entsprach die Intervention der »Amigos de Durruti« der Massenstimmung [59] und war kein von außen eingepflanzter Impuls.

Die Regionalleitungen von CNT und FAI reagierten auf die intransigente Haltung der » Amigos de Durruti« noch am selben Tag in einem Communique, das einer regelrechten Denunziation gleichkam und beängstigende Parallelen mit der sprachlich gleichgeschalteten Kominternpresse aufwies: »Wir geben unserem Befremden über einige in der Stadt zirkulierende Flugblätter Ausdruck, die von den sogenannten 'Amigos de Durruti' unterzeichnet sind und deren absolut untragbarer und völlig im Widerspruch zu den Entschlüssen der libertären Bewegung stehender Inhalt uns dazu zwingt, sie in aller Schärfe zu desavouieren. Als Regionalkomitees der CNT und FAI können wir nicht dulden, daß irgendjemand zweifelhafte Positionen oder gar die Manöver authentischer Provokateure unterstützt. Da wir alle in der bereits gebildeten Regierung der Generalidad vertreten sind, muß ein jeder deren Entscheidungen akzeptieren.« [60] Diese Verurteilung war nicht einstimmig erfolgt. »La Noche« vom 7. Mai veröffentlichte ein wenig plausibles Dementi eines am Vortag erschienenen Artikels; demnach hätten sich in der Casa CNT heftige Auseinandersetzungen mit mehreren Verletzten zugetragen, weil einige Mitglieder ihre Mißbilligung der von den Leitungsinstanzen gegebenen Weisungen öffentlich zum Ausdruck bringen wollten. [61] Wie weit in manchen Teilen der libertären Bewegung die Ablehnung der Leitung ging, zeigt auch ein Manifest aus den Maitagen, in dem die »Juventad Libertaria« von Gracia (Barcelona) zur Absetzung der Komitees und zur Weiterführung des Kampfes aufruft. [62] Bezeichnend ist auch, daß sich die CNT-Minister nur mit entsprechender Eskorte zu den Versammlungen ihrer eigenen Organisation wagten. [63]

Am Abend des 5. Mai hatten erstmals starke Demoralisierungserscheinungen unter den Aufständischen Platz gegriffen, die Barrikaden wurden zu einem großen Teil verlassen. Die am selben Tag gebildete provisorische Regierung, deren politische Autorität gleich Null war, wagte jedoch nicht, sie mit einem militärischen Großaufgebot zu besetzen. Und trotz der Schläge, die ihnen zugefügt worden waren, hatten viele anarchistische Arbeiter nichts von ihrem kämpferischen Elan und ihrer Widerstandsbereitschaft eingebüßt. Am 6. Mai wurden die Barrikaden teilweise erneut besetzt und die Kämpfe flammten wiederum in großer Heftigkeit auf. Selbst die CNT-Führung, die in einer wenig später erschienenen Broschüre den Kämpfen eine ausschließlich defensive Bedeutung beimaß und die Kampfbereitschaft ihrer Basis herunterzuspielen versuchte, mußte eingestehen, daß trotz der zahllosen Appelle zum Waffenstillstand und zur Wiederaufnahme der Arbeit die Aufständischen am 6. Mai immer noch auf den Barrikaden blieben und den Kampf weiterführten. [64] Gleichzeitig wurde versucht, das Eingreifen der »Amigos de Durruti« zu minimieren, wohl um die Vorwürfe der Gegenseite zu entkräften, der ganze Konflikt sei durch die Tätigkeit »unkontrollierter Elemente« innerhalb der CNT entstanden. [65] Als zahlenmäßig kleine Gruppe konnten die »Amigos de Durruti« natürlich selbständig keine entscheidende politische Wendung herbeiführen. Aber trotzkistische, syndikalistische und radikalanarchistische Darstellungen stimmen darin überein, daß die neuerliche Massenmobilisierung zu einem Gutteil auf ihr Konto ging. [66]

Nachdem die POUM etwas voreilig, aber durchaus »konsequent« (nämlich als reagierender Faktor im Schlepptau der CNT-Leitung) sich die Demobilisierungsaufforderung zu eigen gemacht hatte, versuchte sie nun das Steuer herumzureißen und gab telefonische Gegenanweisungen; [67] wohl eher, um gegenüber ihrer selbständig kämpfenden Basis das Gesicht zu wahren, als um klar artikulierter politischer Zielsetzungen wegen. Julian Gorkin, der internationale Sekretär der POUM, beschrieb das Dilemma, in dem sich seine Organisation befand: »Die Amigos de Durruti kamen an diesem Tag (6. Mai - H.S./W.W) zur Sitzung unseres ZK, um gemeinsam mit uns zu handeln. Die Juventudes Libertarias riefen eine Versammlung zusammen, auf der unsere Jugend, die Lokalleitungen der CNTund der FAI, die Amigos de Durruti vertreten waren und zu der man uns einlud. Wir sagten dort: Wenn man aus diesen Kräften ein revolutionäres Zentralkomitee schafft, kann man die Machtfrage stellen. Aber wir kamen nicht durch. Man folgte dem Vertreter des Regionalkomitees, Vazquez. Die CNT hat den Kampf verraten. Die Freunde Durrutis forderten eine Regierung aus CNT, FAI und POUM. Wir haben die CNT-Leitung aus taktischen Gründen nicht angegriffen. Ihre Massen erkennen den Verrat, aber sie halten zu ihrer Organisation.« [68] Am selben Tag, an dem in der optimistischen Weltsicht der »Batalla« die Provokation zurückgeschlagen wurde und das Proletariat einen »Teilsieg« errungen hatte, begannen die antifaschistischen Genickschußkommandos der PSUC-Stalinisten mit der praktischen Widerlegung der These vom »tragischen Bruderkampf«. Sie wählten ihre Opfer sorgfältig aus: Camillo Berneri, Francisco Barbieri, Alfredo Martinez und eine Reihe weiterer militanter Anarchisten wurden teils noch während der Kämpfe entführt und ermordet, [69] hunderte Aktivisten von CNT, FAI und POUM folgten in den nächsten Wochen. Die Barrikadenkämpfer, die den Appellen ihrer Organisationen folgten, riskierten das Schlimmste. So wurde etwa das Kontingent der »Columna Durruti« bei dem Versuch, wieder an die Front zurückzukehren, von Polizeieinheiten der Generalidad festgenommen und entwaffnet und verdankte schließlich ihr Überleben nur dem Zufall. [70]

Schon am 8. oder 9. Mai veröffentlichten die »Amigos de Durruti« ein Manifest, in dem sie die gegen sie erhobenen Anschuldigungen zurückwiesen und der Führung der libertären Bewegung vorwarfen, den bereits errungenen Sieg verschenkt zu haben. Die Haltung der CNT-Komitees während der Maitage wird als »Verrat« bezeichnet: »Wir kennen die TREINTISTEN des Regionalkomitees nur zu gut. Wir sind die 'Freunde Durrutis' und besitzen genügend moralische Autorität um diese Individuen zu desavouieren, die aus Unfähigkeit und Feigheit die Revolution und die Arbeiterklasse verraten haben. Wenn wir keinen Feind mehr vor uns haben, übergeben sie von neuem die Macht an Companys und das Kleinbürgertum, und zusätzlich noch, die Öffentliche Ordnung an die reaktionäre Regierung in Valencia und den Verteidigungsrat an den General Pozas. Der Verrat hat enormes Ausmaß. Die wesentlichen Garantien der Arbeiterklasse, Sicherheit und Verteidigung, werden unseren Feinden auf einem Tablett serviert.« [71] Im Widerspruch zur offiziellen These der CNT behaupten die »Amigos de Durruti«, daß der Arbeiteraufstand der vorangegangenen Tage nicht nur das Ziel gehabt habe, eine Provokation der Polizeikräfte zurückzuschlagen, ebensowenig, wie sich jener des 19. Juli 1936 darauf beschränkt habe, die Republik gegen den faschistischen Putsch zu verteidigen. Die Opfer der Arbeiterklasse wären nur dann sinnvoll gewesen, wenn diese zum Gegenangriff übergegangen wäre, mit dem Ziel, »die kleinbürgerliche Etappe der Revolution zu überwinden« und »eine hundertprozentige Arbeitervorherrschaft« einzurichten. Angesichts des Versagens der Führungsgremien sei die Bewegung am Mangel an Koordination und revolutionären Zielsetzungen gescheitert. Hinsichtlich der Zukunftsperspektiven legen die »Amigos de Durruti« jedoch einen vorsichtigen Optimismus an den Tag: Während der Maitage hätten die Arbeiter ihre Bewaffnung verstärkt; nun gelte es, dem Vormarsch der Konterrevolution gegenüber wachsam zu bleiben. [72] Die Interventionen der »Amigos de Durruti« während der Maitage und das Manifest standen am Beginn eines langwierigen Konflikts mit den CNT-Instanzen. Als sie von der Lokalen Föderation der Syndikate aufgefordert wurden, ihre im Manifest vorgebrachten Anschuldigungen zu rechtfertigen, verlangten die »Amigos de Durruti«, daß die Streitfrage vor den Asambleas, d.h. an der gewerkschaftlichen Basis ausgetragen werde. Dementgegen beschloß wenig später ein Plenum von Orts- und Bezirkskomitees den Ausschluß der »Amigos de Durruti« aus der CNT und der FAI. Trotz der Proteste von Seiten der »Amigos de Durruti« veröffentlichten die Regionalkomitees eine entsprechende Notiz in der Presse; allerdings weigerten sich der Sekretär der Lokalen Föderation der Gruppen (FAI) und vor allem das Komitee und die Lokale Föderation der »Juventad Libertaria«, dieses Communiqué zu unterzeichnen. [73]

Trotz eines Kompromißversuchs - die »Amigos de Durruti« präzisierten, daß sie mit »Verrat« kein bewußt konterrevolutionäres Verhalten gemeint hatten, von der CNT erwarteten sie, daß sie ihre Kennzeichnung als Provokateure revidiere - bestätigte ein Nationales Plenum in Valencia erneut den Ausschluß. Doch konnte auch hier kein einstimmiger Beschluß gefaßt werden: Der Delegierte Andalusiens stimmte dagegen. Auch auf der Titelseite von »L'Espagne nouvelle« vom 12. Juni 1937 erschien folgender Aufruf: »Im Einvernehmen mit den anarchistischen Gruppen von Barcelona, der Katalanischen Föderation der Juventud Libertaria und den Druck- und Transportarbeitergewerkschaften von Barcelona fordern wir, daß die Amigos de Durruti in der FAI und CNT verbleiben, deren kämpferische und militante Elite sie darstellen.« Dank solcher Widerstände und dank einer Welle der Sympathie und der Solidarität in der libertären Basis fand der Ausschluß nur auf dem Papier statt. [74] In jedem Fall aber war die Lage der »Amigos de Durruti« innerhalb der Organisation prekär. Ihre bekanntesten Vertreter waren außerdem einer Kampagne von Verleumdungen und persönlichen Angriffen ausgesetzt. [75] Umgekehrt nahmen die »Amigos de Durruti« ihren Organisationen gegenüber eine eher versöhnliche Haltung an, ohne allerdings programmatische Zugeständnisse zu machen. [76] Der Ablauf des Konflikts mit den CNT-Instanzen läßt sich zum Großteil anhand der ersten Nummern von »El Amigo del Pueblo« verfolgen, jener Zeitung, die von den »Amigos de Durruti« kurz nach den Maikämpfen gegründet wurde und die um den 15. Mai erstmals erschien. [77] Nachdem die CNT-Presse (insbesondere »Solidaridad Obrera« und »La Noche«) die Vokabel »Provokateure« aufgegriffen hatte, fehlte es den »Amigos de Durruti« an einer Tribüne, die es ihnen erlaubt hätte, ihre Analyse der Ereignisse zu vertreten und zu vertiefen, beziehungsweise sich gegen die verschiedenen Angriffe zu wehren. [78]

Der angekündigte Erscheinungsrhythmus war wöchentlich, aber sehr rasch kam es ob der zahlreichen Probleme zu Unregelmäßigkeiten. [79] Den »Amigos de Durruti« mangelte es an der notwendigsten Logistik. Wegen seines klandestinen Status' und aus Angst vor Repression übernahmen die Druckereien nur widerstrebend die Herstellung und den Druck des »Amigo del Pueblo«. [80] Aus »revolutionärer Solidarität« stellten POUM-Mitglieder zuweilen die Druckerei von »La Batalla« zur Verfügung. [81] Die »Amigos de Durruti« versuchten auch, auf dem Umweg über Spendenaufrufe die notwendigen Mittel für den Ankauf von Druckgeräten zu sammeln. [82]

Offiziell ausgeschlossen und innerhalb der libertären Bewegung jedenfalls an den Rand gedrängt, waren die »Amigos de Durruti« um so mehr der Repression und der Zensur ausgesetzt. Die Nummer 4 vom 22. Juni verkündete die Nachricht von der Verhaftung Jaime Balius' und von der Schließung ihres Lokals auf der Rambla de las Flores durch die Polizei. Trotz zahlreicher Proteste, etwa in der CNT-Zeitung »Superacion« (Sabadell), [83] blieb Balius neun Monate in Haft. [84] Zwei Nummern des »Amigo de Pueblo« wurden denn auch im Gefängnis verfaßt und heimlich von CNT-Mitgliedern mit den Maschinen und auf dem Papier dieser Organisation gedruckt. Die Nummern 5 und 8 wurden in Perpignan hergestellt. Hauptziel des »Amigo del Pueblo« war es, die anarchosyndikalistische Basis besser als dies im Mai der Fall war, auf kommende Auseinandersetzungen vorzubereiten, eine revolutionäre Theorie auszuarbeiten und dem Taktieren der Führungsgremien ein klares Programm entgegenzusetzen, wie es in dem folgenden Maßnahmenkatalog skizziert wird:

»Steuerung des wirtschaftlichen und sozialen Lebens durch die Gewerkschaften.
Freie Kommunen.
Kontrolle von Armee und Ordnungskräften durch die Arbeiterklasse ...
Alle Waffen haben in den Händen des Proletariats zu sein ...
Allgemeine Arbeitspflicht ...
Sozialisierung aller Produktions- und Tauschmittel ...
Säuberung des Hinterlandes ...
Sofortige Einführung des Familienlohns ...
Abschaffung des bürgerlichen Parlaments ...
Mobilisierung gegen die Konterrevolution.
Mißachtung aller staatlichen Zwangsmaßnahmen ...
Rückkehr zur umfassend revolutionären Ausrichtung unserer Organisationen.
Totale Opposition gegen den Ministerialismus ...
Gegen jede Form von Waffenstillstand ...« [85]


In der Überschrift zu diesem Forderungskatalog bezeichneten sich die »Amigos de Durruti« -provokatorisch - selbst als »Provokateure und unkontrollierbare Elemente«; die orthodox anarchistische Ausrichtung des Inhalts, so meinten sie, würde von selbst die Unhaltbarkeit dieser Vorwürfe klar herausstellen. Doch die zentrale Forderung der »Amigos de Durruti«, gleichzeitig auch diejenige, welche innerhalb der anarchistischen Bewegung am umstrittensten war, [86] ist in dieser Liste nicht enthalten: die Forderung nach der Schaffung einer »Revolutionären Junta«. »Die Revolution benötigt unserer Ansicht nach Organismen, die über sie wachen und die ... gegnerischen Kräfte unterdrücken. Wie uns die aktuelle Lage gezeigt hat, lassen sie sich nicht zum Verschwinden bewegen, wenn man sie nicht zermalmt.« [87] Ähnliche Vorschläge hatte es in den ersten Wochen des Bürgerkriegs gegeben. Die Mitglieder dieser Junta sollten von den Gewerkschaftsorganen gewählt werden, unter Berücksichtigung der Frontkämpfer. Die Asambleas sollten ihre Handlungsweise kontrollieren, und die Zusammensetzung der Junta sollte ständig erneuert werden. Die Kompetenz der Junta sollte genau begrenzt sein und vier Bereiche umfassen: die Führung des Bürgerkriegs, die Aufrechterhaltung der revolutionären Ordnung, die internationalen Beziehungen und die revolutionäre Propaganda. [88]

Nach ihrer eigenen Aussage führten die »Amigos de Durruti« mit der »Revolutionären Junta« eine »kleine Variante« in den Anarchismus ein. [89] Zuweilen wurden sie deswegen auch als »bolschewisierte Anarchisten« betrachtet, die sich »zutiefst mit der POUM kompromittiert« hätten. [90] In der Tat stellt die Revolutionäre Junta die Frage nach der politischen Macht, jedoch in einer Weise, die die Prärogativen der Gewerkschaften und freien Kommunen unangetastet ließ. In der libertären Bewegung Spaniens war immer noch die Vorstellung verbreitet, die kleinbürgerlichen Schichten der Bevölkerung dürften keinem Zwang ausgesetzt und sollten allein durch das »Beispiel« der Anarchisten zur »Einsicht« gebracht werden. Die »Amigos de Durruti« hingegen hatten aus den Erfahrungen seit der Juli-Revolution ihre Lehren gezogen und jenen Träumereien eine klare Absage erteilt. Die Einsetzung einer Junta sollte eine Art revolutionärer »Vormundschaft« der fortgeschrittensten Teile der Arbeiterklasse konkretisieren, solange, bis sich die neue Ordnung konsolidiert habe: »Die Barrikadenkämpfer sind es, die die Revolution verteidigen und sie sind die einzigen, die die Resultate des Triumphs weder verkaufen noch verraten werden.« [91]

Die aktuellen Ereignisse, von denen in den verschiedenen Nummern des »Amigo del Pueblo« die Rede ist, machen deutlich, wie gerechtfertigt die Forderung nach einer »Revolutionären Junta« war: Ob es sich nun um die Auflösung der Kontrollpatrouillen (Nr. 1 und 3), die Abschaffung der Volksgerichte (Nr. 1), die Haftbedingungen der Revolutionäre (Nr. 6), den Prozeß gegen die POUM und die Ermordung Andres Nins (Nr. 6), das Verbot jeglicher politischer Betätigung in der Armee (Nr. 5) oder die Angriffe der stalinistischen »Division Lister« gegen die aragonesischen Kollektive (Nr. 7) handelt, all dies bezeugt den schrittweisen Triumph der Konterrevolution, dem schließlich - mittelbar - auch die »Amigos de Durruti« zum Opfer fielen.

Die letzte Nummer des »Amigo del Pueblo« ist mit 21. 9. 1937 datiert. Um die Jahreswende 1937/38 erschien dann eine Broschüre, in der die »Amigos de Durruti« nochmals ihre Analyse der spanischen Revolution und ihr Programm zusammenfaßten. [92] Zu diesem Zeitpunkt sind sich die »Amigos de Durruti« dessen bewußt, daß diese spanische Revolution vorerst gescheitert ist, daß die Zeit der revolutionären Konjunktur vorbei ist. Der Titel der Broschüre weist denn auch in die Zukunft, auf eine neue Revolution: »Hacia una nueva revolución«.

Bereits während der wenigen Monate ihres Bestehens waren die »Amigos de Durruti« nicht nur die Zielscheibe von Angriffen und Verleumdungen, sondern auch einer Anzahl von Vereinnahmungsversuchen. In der Folge bildete sich um sie ein Gespinst von Halbwahrheiten und Legenden, vor allem um die angebliche trotzkistische Infiltration der Gruppe. Von trotzkistischer Seite vorgebracht, nimmt diese Behauptung zum Teil - unter positiven Vorzeichen - Anschuldigungen aus den Reihen von CNT und FAI auf. [93]

Die »Amigos de Durruti« und vor allem Jaime Balius hatten bereits mit einer Tradition des spanischen Anarchismus gebrochen, indem sie zwischen den Marxisten der POUM und den »Marxisten« von PSUC und PCE unterschieden. [94] Im »Amigo del Pueblo« finden sich außerdem zahlreiche Anspielungen auf die Oktoberrevolution, z.B. jene, welche den Maiaufstand 1937 als einen ersten Versuch bezeichnet, die »Etappe Kerenski« zu überwinden. [95] Während der Maitage hatten Anarchisten und POUM-Arbeiter sich in den Straßenkämpfen verbündet, [96] ein Umstand, dem die »Amigos de Durruti«, etwa in ihrem Flugblatt vom 5. Mai, Rechnung getragen hatten. Umgekehrt bezeigte auch die POUM den »Amigos de Durruti« eine gewisse Dankbarkeit dafür, daß sie sich der von der Partei im Frühjahr 1937 so verzweifelt erstrebten Öffnung auf die anarchistischen Massen hin nicht verschlossen. [97]

Auch hatten die »Amigos de Durruti« schon bald nach ihrer Gründung die Aufmerksamkeit der Trotzkisten auf sich gezogen, die das Entstehen eines revolutionären Pols innerhalb der CNT begrüßten. Einigen dieser hauptsächlich ausländischen Militanten gelang es erwiesenermaßen, persönliche Kontakte herzustellen und in eine kontinuierliche Zusammenarbeit zu verwandeln. Es ist nicht auszuschließen, daß sich daran die Positionen und das Programm der »Amigos de Durruti« weiterentwickelt haben. Nichts weist aber daraufhin, daß diese Zusammenarbeit - die eigentlich nichts anderes besagt, als daß die »Amigos de Durruti« frei von antimarxistischen Vorurteilen waren - darüber hinaus zu einer regelrechten ideologischen Beeinflussung geführt hätte, geschweige denn zu einer organisatorischen Bindung. In einem Artikel des »Amigo del Pueblo« verteidigt sich Jaime Balius geschickt gegen den Vorwurf des »Marxismus« - ohne näher auf den Begriff einzugehen und ohne dabei die ihm sonst durchaus geläufigen Unterscheidungen zu treffen. [98] Gewiß ist dies ein taktisches Verhalten, da sich der Artikel hauptsächlich an anarchistische Leser richtet; doch wäre ein solches Schweigen nur schwer vorstellbar, wenn z. B. zur selben Zeit die »Amigos de Durruti« eine programmatisch relevante Zusammenarbeit mit marxistischen Fraktionen praktiziert hätten.

Auf den Eintritt von CNT Mitgliedern in die Regierung reagierten viele Anarchisten mit einem Rekurs auf die herkömmlichen Postulate ihrer Bewegung. Aber während die einen sich auf die Buchstaben der Orthodoxie zurückbesannen, also auf einen durch die Regierungsbeteiligung grob verletzten Apolitismus, beriefen sich andere, zum Beispiel die »Amigos de Durruti«, auf den »Geist« der Juli-Revolution. Daß ihre Schlußfolgerungen aus dem Niedergang der revolutionären Bewegung von einzelnen als »Bolschewisierung«, als ein Durchgangsstadium in der Annäherung an marxistische Positionen interpretiert wurde, geschah sicherlich teils aus polemischer Absicht, teils läßt es sich als Wunschdenken erklären. Doch liegt dem auch eine Überschätzung der »differentia specifica« der Gruppierung zugrunde, eine Sektorisierung der libertären Bewegung, wie sie in dieser Deutlichkeit nicht existierte. Als Spitze eines Eisbergs ist die Aktion der »Amigos de Durruti« in weit allgemeinere Entwicklungslinien eingebettet, wie auch ihre Intervention während der Maitage in Barcelona zeigt. Die spontane Kampfbereitschaft der anarchistischen Barrikadenkämpfer, die in allen Berichten und historischen Analysen hervorgehoben wird, verband sich dort mit der partiellen Herausbildung einer »natürlichen Avantgarde« der kämpfenden Arbeiter. Ganz sicher haben die »Amigos de Durruti« die Bewegung weder initiiert noch im leninistischen Sinne »angeleitet«. Noch ihr weiteres Schicksal zeigt, daß sie ohne die genaue und momentane Koinzidenz mit der Massenstimmung nicht imstande gewesen wären, die Konterrevolution und die CNT-Führung herauszufordern. Daß die Massen dann zwar den Verrat erkannten, jedoch weiter zu ihrer Organisation hielten, wie dies Gorkin beschreibt, in diesem scheinbaren Paradoxon ist das Dilemma beschrieben, dessen Lösung den »Amigos de Durruti« nicht gelungen ist und dem sie auch selber unterworfen waren: das Ineinander von revolutionärer Dynamik und organisatorischer Untätigkeit, von zentrifugaler Bewußtseinsbildung und zentripetaler Organisationstreue.

Anmerkungen:
[1] vgl. Rainer Huhle: Die Geschichtsvollzieher. Theorie und Politik der Kommunistischen Partei Spaniens 1936-1938, Gießen 1980, S. 89.
[2] Felix Morrow: Revolution und Konterrevolution in Spanien, Essen 1976, S. 128 (Neuauflage Essen 1986).
[3] Rudolf Rocker: Die spanische Tragödie, Berlin 1976, S. 83 f.; Reiner Tosstorff: Die POUM während des Spanischen Bürgerkriegs (1936-1939), unveröff. Diss., Ruhr-Universität Bochum 1985, S. 199 f. (erscheint demnächst im ISP-Verlag, Frankfurt).
[4] Ebd., S. 187f.
[5] Julian Gorkin: Stalins langer Arm. Die Vernichtung der freiheitlichen Linken im spanischen Bürgerkrieg, Köln 1980, S. 62.
[6] Burnett Bolloten: La revolution espagnole. La gauche et la lutte pour le pouvoir, Paris 1977, S. 443.
[7] Tosstorff, a.a.O., S. 194f.
[8] La Batalla, Nr. 170 (16. 2. 1937).
[9] Aufgrund dieser eindeutigen Orientierung auf bürgerlich-republikanische, katholische usw. Jugendorganisationen zerfiel um die Jahreswende 1936/37 die Verbindung zwischen anarchistischer und KP-Jugend.
[10] Zu den erbitterten Auseinandersetzungen um die Eiserne Kolonne vgl. Bolloten, a. a. O., S. 355 -364; Carlos Semprún-Maura: Revolution und Konterrevolution in Katalonien, Hamburg 1983, S. 167-177.
[11] Angel Marin: Hombres y hechos de la guerra civil espanola, in: Amadeo Sinca Vedrell: Lo que Dante no pudó imaginar. Mauthausen-Gusen 1940-1945, Barcelona 1980, S. 52.
[12] FAI. Informe que este comité de relaciones de grupos anarquistas de Cataluña presenta a los compañeros de la región, Barcelona, März 1937, zit. in: Frank Mintz / Miguel Peciña: Los Amigos de Durruti, los trotsquistas y los sucesos de Mayo, Madrid 1978, S. 10 f.
[13] Vgl. Abdruck dieser Vorschläge in: El Amigo del Pueblo, Nr. 5 (20. 7. 1937).
[14] José Borras: De la Columna Durruti a la 26 Division, in: Boletin de Information de la Amicale de la 26 Division (Ex-Columna Durruti), Toulouse, Nr. 2 (1981), S. 7.
[15] FAI. Informe ..., a.a.O.
[16] Die Entstehung der »Amigos de Durruti« ist in ziemliches Dunkel gehüllt. Tosstorff, a. a. O., S. 192 zufolge konstituierten sie sich Anfang März 1937 in Barcelona. Hingegen wird der Ursprung in der Broschüre Le message révolutionnaire des »Amis de Durruti«, textes et traductions de G. Fontenis, Paris 1983, S. 23 mit Berufung auf Jaime Balius bereits auf Februar 1937 datiert.
[17] Zit. in: Mintz/Peciña, a.a.O., S. 10.
[18] Jordi Arquer: Història de la fundació i actuació de la »Agrupación Amigos de Durruti«, MS, Bolloten-Archiv, Hoover-Institution, Stanford. Dieser Text wurde uns freundlicherweise von Reiner Tosstorff zur Verfügung gestellt.
[19] Le message révolutionnaire ..., a.a.O., S. 24.
[20] Interview Werner Wögerbauer mit Angel Marín, Toulouse, 28. 12. 1985. Die Übersetzung dieses und der folgenden Interviews wurde von Eliane M. Wögerbauer besorgt, wofür ihr an dieser Stelle gedankt sei.
[21] El Amigo del Pueblo, Nr. 5 (20. 7. 1937).
[22] Arquer, a. a. O.
[23] Paul und Clara Thalmann: Revolution für die Freiheit. Stationen eines politischen Kampfes. Moskau/Madrid/Paris, Hamburg 1977, S. 190; Walther L. Bernecker: Anarchismus und Bürgerkrieg. Zur Geschichte der Sozialen Revolution in Spanien 1936-1939, Hamburg 1978, S. 329.
[24] Vgl. Material zu den »Maitagen« in Katalonien und zum Regierungswechsel in Valencia, hrsg. von der I.V.K.O., Juni 1937, S. 7; Tosstorff, a.a.O., S. 193; Bolloten, a.a.O., S. 437.
[25] Interview Werner Wögerbauer mit Angel Marín, a. a. O.
[26] Arquer, a.a.O.
[27] Rosalio Negrete (= Russell Blackwell), Report No 70, Barcelona, 18. 4. (1937), Brandeis-University, Goldfarb Library, Oehler-Collection, Box II, Folder 5.
[28] Tosstorff, a.a.O., Teil II (Anmerkungen), S. 74; vgl. Balius' autobiographische Angaben in: En defensa propia. Necesita una aclaración (El Amigo del Pueblo, Nr. 4, 22. 6. 1937).
[29] Thalmann, a.a.O., S. 189.
[30] S. z.B. Jaime Balius: De Jaca a Octubre, Barcelona o.J.; ders., Octubre catalán, o.O., o.J.
[31] Vgl. Die soziale Revolution, Nr. 10 (1937); La Batalla, 27. 1. 1937 und 31. 1. 1937; zum Interesse der POUM für die Stellungnahmen Balius' siehe auch: Andres Nin: Ante el peligro contrarrevolucionario ha llegado la hora de reaccionar, in: La Batalla, 4. 3. 1937.
[32] Vgl. Juan Garcia Oliver: El eco de los pasos, Barcelona 1978, S. 420.
[33] Angel Marín: Hombres y hechos ..., a. a. O., S. 54.
[34] La Noche, 12. 3. 1937.
[35] La Noche, 29. 3. 1937.
[36] La Noche, 14. 4. 1937.
[37] Arquer, a.a.O.; Mintz/Peciña, a.a.O., S. 12f.; Negrete, a.a.O.; Francisco Manuel Aranda, Les amis de Durruti, in: Cahiers Léon Trotsky, Nr. 10 (Juni 1982), S. 110. Siehe auch »La Batalla« und »La Vanguardia« vom 20. 4. 1937. Mintz/Peciña und Aranda geben als Datum der Veranstaltung den 19. April 1937 an.
[38] Negrete, a.a.O.
[39] Ebd.
[40] Thalmann, a.a.O., S. 189f.
[41] Mintz/Peciña, a.a.O., S. 12.
[42] Vgl. Victor Alba: Histoire du POUM, Paris 1975, S. 248; Grandizo Munis: Jalones deDerrota: promesa de victoria, Madrid 1977, S. 346.
[43] Juan Andrade: CNT-POUM, in: »La Batalla«, 1. 5. 1937. Eine englische Übersetzung des Manifests der »Amigos de Durruti« ist enthalten in: Rosalio Negrete: Report No 84, Barcelona 30.4.1937, Oehler-Collection, Box I, Folder 7:

»The Friends of Durruti to the Working Class:
1. For the immediate constitution of a revolutionäry junta composed of workers of the city and countryside and of combattants.
2. For wages by family. Ration card. Control ofeconomy and distribution to be in the hands of the unions.
3. For the liquidation of the counterrevolution.
4. For the creation of a revolutionary army.
5. For the absolute working class control of public order.
6. Firm Opposition to any armistice.
7. For a proletarian justice.
8. For the abolition of exchanges of personalities.«

[44] Morrow, a.a.O., S. 143; Semprün-Maura, a.a.O., S. 206.
[45] Thalmann, a.a.O., S. 190f.
[46] Mintz/Peciña, a.a.O., S. 26f.; Arquer, a.a.O.
[47] Mintz/Peciña, a.a.O., S. 51 f.
[48] Vgl. Manuel Cruells: Eis fets de maig, Barcelona 1970; Mintz/Peciña, a.a.O.; George Orwell: Mein Katalonien, Zürich 1975, S. 152-223; Semprún-Maura, a.a.O., S. 206-239; Augustin Souchy: Anarcho-Syndikalisten über Bürgerkrieg und Revolution in Spanien. Ein Bericht. Darmstadt 1969, S. 195-214 (Neuauflage unter dem Titel »Nacht über Spanien«, Reutlingen 1983); Rocker, a. a.O., S. 86 - 92; Felix Morrow, a. a. O., S. 142 -163; Gianfranco Dellacasa: Rivoluzione e fronte popolare in Spangna '36/'39, Mailand 1973, S. 127-133; Bolloten, a.a.O., S. 447-477; Vernon Richards: Enseignement de la révolution espagnole (1936 -1939), Paris 1975, S. 231-253. Aus der Fülle zeitgenössischer Darstellungen und Analysen sei hingewiesen auf: Los Sucesos de Barcelona. Relación documental de las trágicas jornadas de la 1a semana de Mayo de 1937, Valencia 1937 (»offizielle« anarchistische Dokumentation); Marcel Ollivier: Les journées sanglantes de Barcelone, in: Cahiers Spartacus, Nr. 7, Paris 1937; Fenner Brockway: The truth about Barcelona, London 1937; Lambda: The truth about the Barcelona events, New York 1937 (Publikation der »Independant Communist League«); Material zu den Maitagen in Katalonien und zum Regierungswechsel in Valencia, hrsg. von der I.V.K.O., o. O.Juni 1937; Spanien-Information, hrsg. von der Gruppe »Neuer Weg«, o.O. (Paris), Nr. 3, 25. 5. 1937.
[49] Interview Hans Schafranek mit Julian Gorkin, Paris, 22. 8. 1983. [50]
[50] Vgl. Morrow, a.a.O., S. 156.
[51] Interview Werner Wögerbauer mit Angel Marin, a. a. O.
[52] Vgl. Mintz/Peciña, a.a.O., S. 37f.; Los sucesos de Mayo ..., a.a.O., S. 61.
[53] Arquer, a. a. O., versichert wenig glaubhaft, bei der Zusammenkunft habe Übereinstimmung darüber geherrscht, daß angesichts der Opposition der CNT-Führung die Bewegung zum Scheitern verurteilt sei und man den »geordneten Rückzug« von den Barrikaden organisieren müsse. An anderer Stelle fuhrt er aus, daß die »Amigos de Durruti« nichts unternommen hätten, um die anarchistische Führung links zu überholen. Auch sonst sind seine Angaben oft fehlerhaft.
[54] Tosstorff, a.a.O., S. 210.
[55] Thalmann, a.a.O., S. 196; ähnlich bei Morrow, a.a.O., S. 155.
[56] Vgl. Boletín de Información. Informes y noticias facilitadas por la C.N.T. y la F.A.I., Barcelona, Nr. 45, 10. 5. 1937.
[57] Dieses Flugblatt wurde erstmals in »La Batalla«, Nr. 235 (6. 5. 1937) abgedruckt, zuletzt bei Semprún-Maura, a.a.O., S. 217. Bei mehreren Autoren findet sich auch ein zweites Flugblatt mit folgendem Wortlaut: »In Barcelona hat sich eine revolutionäre Junta gebildet. Alle für den umstürzlerischen Versuch verantwortlichen Elemente, die der Regierung in die Hände arbeiten, müssen entwaffnet werden. In die revolutionäre Junta muß die POUM zugelassen werden, weil sie sich auf der Seite der Arbeiter befindet.« Vgl. Los Sucesos de Mayo ..., a. a. O., S. 22; Bolloten, a. a. O., S. 470; César M. Lorenzo: Los anarquistas españoles y el poder. 1868-1969, Paris 1969, S. 218. Auch Munis, a.a.O., S. 370, spricht von einem zweiten Flugblatt, während Mintz/Peciña, a.a.O., S. 49, die Authentizität dieses Textes bestreiten. Bolloten bemerkt, daß laut Jaime Balius nie eine solche Junta gebildet worden sei. Lorenzo behauptet, es handle sich um ein Zitat aus »El Amigo del Pueblo« (!).
[58] Thalmann, a.a.O., S. 195f.
[59] Interview Werner Wögerbauer mit Angel Marin, a. a. O. und mit José Borrás, Toulouse, 29. 12. 1985.
[60] Zit. in: Mintz/Peciña, a.a.O., S. 50.
[61] Vgl. Los Sucesos de Mayo ..., a.a.O., S. 39f.
[62] Abgedruckt in: L'Espagne nouvelle, Nr. 8, 12. 6. 1937.
[63] L'Espagne nouvelle, Nr. 38-39, 18. 2. 1938
[64] Los Sucesos de Mayo ..., a. a. O., S. 26.
[65] Ebd., S. 21 f.
[66] Ollivier, a.a.O., S. 18; Sempriin-Maura, a.a.O., S. 222; Morrow, a.a.O., S. 161.
[67] Semprún-Maura, a.a.O., S. 222.
[68] Zur Spanien-Frage (aus Briefen des Genossen Willi). Internes Informationsmaterial (der SAP), Nr. II, Gen. Gorkin zur Maiwoche und Caballerokrise (14. 5. 1937), Archiv Willy Brandt.
[69] Zur Ermordung Berneris vgl. Solidaridad Obrera, 11.5.1937; La Revolution proletarienne, Nr. 248, 10.6.1937; José Peirats: La CNT en la revolución española, Bd. 2, Paris 1971, S. 148f.; Augustin Souchy: »Vorsicht Anarchist!« Ein Leben für die Freiheit. Politische Erinnerungen, Darmstadt/Neuwied 1977, S. 115f.; Camillo Berneri: Klassenkrieg in Spanien 1936/37. Gegen Faschismus und gegen bürgerliche Republik, Hamburg 1974, S. 6; L' Espagne nouvelle, Nr. 6 (29.5. 1937).
[70] Interview Werner Wögerbauer mit Angel Marín, a. a. O.
[71] Abdruck in El Amigo del Pueblo, Nr. 1.
[72] Ebd.
[73] El Amigo del Pueblo, Nr. 5 (20. 7. 1937).
[74] Arquer, a. a. O.; Munis, a. a. O., S. 352; El Amigo del Pueblo, Nr. 5 (20.7.1937); Interview Werner Wögerbauer mit Angel Marín, a. a. O.
[75] Vgl. die gehässige Schilderung Juan García Olivers, a.a.O., S. 420.
[76] In El Amigo del Pueblo, Nr. 1 beteuern die »Amigos de Durruti« ihre »lautere Liebe« zur CNT. Schlecht dazu und zu den übrigen Manifesten und Schriften der Gruppe paßt das »Manifiesto de Union Comunista«, das Lorenzo, a. a. O., S. 219, zitiert und das angeblich im Juni 1937 von den »Amigos de Durruti«, dem POUM und einzelnen Mitgliedern der Juventad Libertaria verfaßt wurde: »Es ist der Verrat von Garcia Oliver, Federica Montseny und der CNT-Führung, der es den Stalinisten und den Sturmgarden erlaubt hat, eine Vielzahl von militanten Revolutionären feig zu ermorden ... Um Franco zu schlagen, müssen Companys und Caballero geschlagen werden. Um den Faschismus zu besiegen, muß man die Bourgeoisie und ihre stalinistischen und sozialistischen Verbündeten erledigen. Der kapitalistische Staat muß vollständig zerstört werden und eine Arbeitermacht errichtet werden. verankert in den Basiskomitees der Arbeiter. Der anarchistische Apolitizismus ist gescheitert... Um den Block zwischen der Bourgeoisie und ihren stalinistischen Verbündeten, den sozialistischen Führern und denen der CNT zu besiegen, müssen die Arbeiter offen mit den Verrätern aller Tendenzen brechen. Ihre Vorhut, d. h. die kämpferischen Revolutionäre der Amigos de Durruti, die POUM und die Jugendorganisationen müssen sich neu gruppieren, um das Programm der proletarischen Revolution auszuarbeiten«. Nirgends sonst finden sich bei den »Amigos de Durruti« so radikale Passagen über die Arbeitermacht, den anarchistischen Apolitizismus, die revolutionäre Avantgarde und den Verrat der CNT-Führung, so daß die Authentizität des Manifests bezweifelt werden kann.
[77] Reprint bei: Etcétera y Colectivo de Documentacion Historico-Social, Barcelona 1977.
[78] »Man hat uns den Zugang zur Presse der CNT verwehrt, obwohl wir Militante der CNT und der FAI sind.« (El Amigo del Pueblo, Nr. 1).
[79] Die 8 Nummern erschienen wie folgt: Nr. 1: ca. 15. 5.1937; Nr. 2: 26. 5. 1937; Nr. 3:10. 6.1937-Nr. 4: 22. 6. 1937; Nr. 5: 20. 7. 1937; Nr. 6: 12. 8. 1937; Nr. 7: 31. 8. 1937; Nr. 8: 21. 9. 1937 Arquer gibt für die beiden ersten Nummern Auflagenzahlen von 10.000 bzw. 15.000 an.
[80] Mintz/Peciña, a.a.O., S. 60 f.
[81] Arquer, a. a. O.
[82] S. Anm. 80.
[83] L'Espagne nouvelle, Nr. 38-39 (18. 2. 1938).
[84] Arquer, a.a.O.
[85] El Amigo del Pueblo, Nr. 4 (22. 6. 1937).
[86] Vgl. die Auseinandersetzung zwischen P. Lapeyre und A. Prudhommeaux in: L' Espagne nouvelle, Nr. 38-39 (18. 2. 1938) und Nr. 42-43 (18. 3. 1938).
[87] Hacia una nueva revolución, o.O., o.J., hrsg. von der Gruppierung »Los Amigos de Durruti«, S.28f.
[88] Ebd.
[89] Ebd.
[90] Lorenzo, a.a.O., S. 217f,
[91] El Amigo del Pueblo, Nr. 6 (12. 8. 1937).
[92] Zwei Textstellen lassen auf das ungefähre Erscheinungsdatum der Broschüre (vgl. Anm. 87) schließen: seit Juli 1936 seien sechzehn Monate vergangen (S. 16), und seit der Ermordung Nins mehr als ein halbes Jahr (S. 19). Arquer, a.a.O., spricht von einer Auflage von 50.000.
[93] Vgl. Le message ..., a.a.O., S. 25; Aranda, a.a.O., S. 113f.; Mintz/Peciña, a.a.O., S. 39f.
[94] Mehrmals ist die Rede von den Stalinisten als den »offiziellen Marxisten« (Nr. 1), die »nur dem Namen nach Marxisten« seien (Nr. 2), von den marxistischen Führern, die »nichts marxistisches an sich«hätten.
[95] El Amigo del Pueblo, Nr. 1; in derselben Nummer heißt es auch: »Unser Krieg besitzt dieselbe soziale Bedeutung wie der Kampf, den die russischen Arbeiter gegen die gesamte Welt bestanden haben«.
[96] Vgl. Interview Werner Wögerbauer mit Angel Marín, a. a. O.: »Alle waren so in Bewegung, als wenn wir alle in der gleichen Organisation gewesen wären«.
[97] Munis, a. a. O., S. 352, kritisiert allerdings, daß zumindest zu Beginn die POUM es nicht wagte, sich öffentlich mit den »Amigos de Durruti« zu solidarisieren.
[98] El Amigo del Pueblo, Nr. 4 (22. 6. 1937).

Aus:
Archiv für die Geschichte des Widerstandes und der Arbeit Nr. 8, Germinal - Verlag 1989 (mit freundlicher Genehmigung des Verlages)

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