Deutsche Nazis und der Putsch Francos - 17. Juli 1936 auf den Kanarischen Inseln
Vorgeschichte: Die Kanarischen Inseln sind deutsch!?
Der Konsul von Santa Cruz de Tenerife, Jakob Ahlers, führte seit 1906 eine Compañía Consignataria de Buques am Hafen. Außerdem war er Generalvertreter für deutsche Produkte wie Reifen, Bankgeschäfte und Agentur für die Linienschiffahrt. Seit dem I. Weltkrieges war er als U-Boot-Tankwart auf den Kanaren stationiert. Als Reserveoffizier und Unternehmer nutzte er seine Möglichkeiten: er wurde zum größten Grundbesitzer von Orotava. In den 1920er Jahren hatte er seine Geschäfte einschließlich Kohlen- und Ölverkäufe mit der deutschen Heimat und den Kanarischen Inseln monopolisiert; außerdem war er im Nachrichtendienst für das OKM (Oberkommando der Marine) tätig. Anzeigen seiner Firma finden sich in allen Zeitungen Teneriffas von 1909-1963.
Die Deutschen Anarchosyndikalisten im Ausland (DAS), die nach dem Beginn der Revolution 1936 in Barcelona die reichsdeutsche Botschaft mitsamt ihren NSDAP-Verbindungen ausgehoben hatten, dokumentierten in ihrem Schwarz-Rot-Buch von 1937, daß für Hitler auch die Deutschen im Ausland zum Territorium des das III. Reich zählten. Als nach dem Abschluß des deutsch-spanischen Handelsabkommens von 1924 im Januar 1925 Verhandlungen über den Bau von U-Booten nach deutschen Plänen anstanden, reiste Canaris mit dorthin, um auch dort ein neues Netz von V-Männern aufbauen. Dabei reaktivierte er teilweise seine Agenten aus dem I. Weltkrieg. In den nächsten Jahren reiste Canaris wiederholt wegen der geheimen Rüstungszusammenarbeit und zum Aufbau eines Geheimdienstnetzes nach Spanien. Dabei kam es zu Kontakten bis in höchste Staatskreise, unter anderem traf er auch mit König Alfonso XIII. zusammen. Er vermittelte auch Kredite für eine spanische Werft, die in die U-Boot-Baupläne involviert war. Canaris fungierte als eine Art inoffizieller Marineattache. Anfang 1928 handelte er mit General Bazan, dem Chef der spanischen Sicherheitspolizei (Jefe de la Seguridad), ein Geheimabkommen über die Zusammenarbeit der Polizei im Reich und Spanien aus. Dieses Geheimabkommen wurde am 17. Februar 1928 unterschrieben. Im Mai war Canaris in Argentinien zu Hintergrund-Gesprächen über eine verdeckte Rüstungszusammenarbeit von Argentinien mit Spanien und dem Deutschen Reich. Dennoch langte es trotz intensiver Bemühungen nur zum Bau eines U-Boots in Spanien. Die spanische Marine stellte der deutschen immerhin eigene U-Boote für Versuche und Manöver zur Verfügung. Als im April 1931 in Spanien die II. Republik ausgerufen wurde, fand die Zusammenarbeit vorerst ihr Ende.
Der CNT-Genosse und Generalsekretär der Regionalföderation der Kanarischen Inseln, Manuel Perez (1), kommentiert die ökonomischen Verhältnisse kurz vor Beginn des Putsches und der Revolution so: »Im Jahre 1934 gab es unzweifelhafte Beweise, dass die Insel Kanarias eine deutsche Insel war. Es existierte in Santa Cruz de Tenerife nicht ein Hotel, nicht ein Touristenzentrum, dass einem Spanier oder einem Inseleinwohner gehörte. Alles war Eigentum der Deutschen. Die Metallwerkstätten, die Transportunternehmen, die Schiffahrt, die Industrie, der Handel, das wirtschaftliche Leben war unter der absoluten Kontrolle Deutschlands … Mehr noch: der deutsche Generalkonsul in Santa Cruz de Tenerife Jakob Ahlers war der grösste Grundbesitzer in Orotava, kurz, Kanarias war eine deutsche Kolonie… für Hitler.« (2)
Der Putsch vom 17. Juli 1936
Leider scheiterte der Attentatsversuch von CNT- und FAI-Genoss~innen gegen Franco in der Nacht zum 14. Juli 1936 durch Verrat. Genossen der Defensa Confederal de Canarias der CNT und der Federación Anarquista Ibérica hatten erfahren, daß Franco sich an einem bevorstehenden Putsch beteiligen wollte. Antonio Tejera Alonso «Antoñé» und Martín Serarols Treserras «El Catalán» wurden am 9. Januar 1937 aufgrund ihrer Mitgliedschaft im Comité de Defensa Confederal erschossen.(3) Als am 17. Juli 1936 der Militärputsch begann, lag der Hauptteil der rebellierenden Truppen in Spanisch-Marokko. Da die spanische Marine republiktreu war, bat Franco das Deutsche Reich um zehn Transportflugzeuge, um Truppen nach Spanien zu fliegen. Der 1935 zum „Abwehrchef“ ernannte General Canaris gilt als Hintermann der deutschen militärischen Unterstützung des Putsches; er erreichte nach intensiven Gesprächen vom 25. und 26. Juli mit Hitler und Göring, daß zwanzig Ju 52 der Lufthansa nach Tétouan in Spanisch-Marokko entsandt wurden. Franco übernahm die Führung der meuternden Militäreinheiten in Nordmarokko und wurde von einer deutschen Lufthansa-Maschine nach Spanien geflogen. Später war Canaris mit dafür verantwortlich, daß deutsche Kampfverbände, die angeblichen Freiwilligen der Legion Condor, nach Spanien geschickt wurden. Anfangs liefen Meldungen der Putschisten, die getrennt waren und über unzureichende Funkanlagen verfügten, über die deutsche Abwehr.
Die Abwehr übernahm außerdem die Gegenspionage der Legion Condor. Als Teil der Abwehr wurde die Geheime Feldpolizei (GFP) aus Beamten der GeStaPo gegründet. In Spanien wurde eine Einheit der GFP mit 30 Mann und der Bezeichnung „S/88/Ic“ eingesetzt. Diese Einheit arbeitete eng mit dem Geheimdienst der Franco-Truppen (Servicio Informacion Policia Militar) zusammen. Einer der Schwerpunkte der Arbeit in Spanien war die Verfolgung von Deutschen, die in den Internationalen Brigaden kämpften. Eine Vereinbarung mit Franco regelte die Übergabe gefangener deutscher Kämpfer der Internationalen Brigaden an die GFP. Einige dieser Gefangenen wurden bereits in Spanien ermordet, die meisten mit Einverständnis der spanischen Putschgeneräle ins Deutsche Reich verschleppt, um dort entweder vor den Volksgerichtshof gestellt zu werden oder sofort im KZ zu landen.
Deutsche Nazis helfen beim Aufbau
Die deutschen Nazis halfen beim Putsch der Generäle – sie errichteten sofort Konzentrationslager für diejenigen Deutschen, die den Nationalsozialismus ablehnten. Auf den Kanaren lebten damals über 650 Deutsche, die alle durch die Deutsche Arbeitsfront (DAF) und die NSDAP-Auslandsorganisation kontrolliert wurden. Seit der Machtübernahme Hitlers am 30. Januar 1933 wurden die Firmen des Konsuls Ahlers auf Teneriffa und das Woermann-Haus auf Gran Canaria zu Zentralen der Nazi-Operationen. (4) Zu diesem Zeitpunkt liefen allein acht deutsche Schiffahrtslinien die Inseln regelmäßig an. Deutsche Ingenieure und Marine-Experten kontrollierten den Bau der neuen Hafenmolen. Auf Gran Canaria kam es zu einem kurzen bewaffneten Widerstand in dem Städtchen Telde, u.a. mit der deutschen Kommunistin Elsa Wolf, die später an die Gestapo übergeben wurde, während ihre Mitkämpfer hingerichtet wurden. Auf Teneriffa kam es zu einem zweiwöchigen Generalstreik, erst am 23. Juli setzte sich das Militär durch. Die Putschisten errichteten Konzentrationslager in Gando, La Isleta, Fyffes, Paso und auf in den Häfen liegenden Schiffen. (5) Die Anhänger der Republik und die Revolutionäre pferchte man u.a. im Kaufhaus Fyffe zusammen, das sich in der Nähe des heutigen Fußballstadions von Santa Cruz de Tenerife befand. Dort mussten die Gefangenen abwarten, bis man sie im Barranco del Infierno, der „Höllenschlucht“, in Adeje im Süden Teneriffas (heute ein beliebtes Wanderziel), gruppenweise exekutierte. Andere wurden auf dem Gelände der Raffinereie CEPSA in Santa Cruz erschossen.
Am 23. Januar 1937 wurden 19 Mitglieder der CNT erschossen. (6) Ingesamt ermordeten die „Morgengrauenbrigaden“ (brigadas de amanecer) der Franquisten um 2.700 Menschen, die meisten „verschwanden“ (desaparacidos) – es gab 122 Todesurteile.
CEPSA-Öl für das faschistische III. Reich
Von 1934 bis 1938 wirkte das Schiffsversorgungsnetzwerk Etappendienst der Gestapo daraufhin, dass die Compañía Española de Petróleos (CEPSA) Rohöl aus Lateinamerika und den USA bekam, damit das III. Reich im Fall eines Krieges mit Frankreich mit Erölprodukten versorgt werden konnte. Im Juli 1938 wurde auf Vorschlag von Canaris ein Reptilienfonds von 11,5 Mio. Reichsmark vom Oberkommando der Kriesgmarine (OKM) für Öleinkäufe in Städten wie Amsterdam, London und Zürich verteilt. Von diesem Geld wurden 1,5 Mio. Reichsmark in Spanien und eine Mio. auf den Kanarischen Inseln deponiert. Am 17. April 1939 vereinbarten Canaris und Herrmann Göring, dass für den Nachrichtendienst in Spanien US$ 96.000 und für Marineausrüstung US$ 600.000 jährlich aufgewendet werden. Weltweit wurde für den Etappendienst US$ 1.480.000 jährlich aufgewendet. Am 26. August 1938 kam es im Außenministerium zu einem Gespräch über die Rolle Spaniens, um Deutschlands Hauptproblem der Ölversorgung zu beheben. Einer der Teilnehmer war Konsul Ahlers. Franco hatte ihn schon im August 1936 durch seinen Kommandanten auf den Kanarischen Inseln um spezielle Maschinen zur Erhöhung der Munitionsproduktion gebeten. Außerdem standen Ahlers die Bankenverbindungen des OKM zur Verfügung, um heimlich Kapital zu verteilen, um Öl, Kohle und Information zu kaufen. Außer Ahlers waren an dem Gespräch über das Ölproblem der Deutschen Marine Ministerialrat Dr. Fritz Fetzer vom OKM, Legationsrat Winzer vom Wirtschaftsministerium sowie Karl Schwendemann vertreten, Chef der politischen Abteilung für Spanien und Portugal im Auswärtigen Amt. Die Marine hatte vorgeschlagen, Öl aus Mexiko zu kaufen, um es in der Hauptölraffinerie in Santa Cruz de Tenerife zu verarbeiten. Sie hofften, so die Pläne der britischen Shell zu durchkreuzen, Kontrolle über die spanische Raffinerie zu erhalten. Grund war die mexikanische Enteignung von Shell und Standard Oil im März 1938. Die Deutschen wollten ein dreiseitiges Tauschgeschäft einfädeln: Mexikanisches Rohöl als Bezahlung für deutsche Tankschiffe und den Transport zur Raffinerie auf den Kanarischen Inseln. Die fertigen Erdölprodukte sollten dann von Spanien mit Profit für die Versorgung der deutschen U-Boote an Deutschland verkauft werden. Dafür sagte das III. Reich zu, dass das Oberkommando der Marine 50 Prozent des Kapitals der CEPSA aufkaufen würde.
Während des Bürgerkrieges hatte die Legion Condor kein Versorgungsproblem mit Flugbenzin, da die Royal Dutch Shell, Texas Oil Company und die Standard Oil Company lieferten. 1938 wurde Spanien eines der vier weltweiten Zentren des Etappendienstes. Man baute dort die umfassendste Marineversorgung außerhalb des III. Reichs auf. Als die katalanische Offensive Francos ihren Höhepunkt im Dezember 1938 und Januar 1939 erreichte, sah Canaris voraus, dass die Legion Condor bald zurückgezogen würde, und dass neue Vorbereitungen getroffen werden müssten, um den deutschen Marine-Nachrichtendienst in Spanien zu koordinieren. Am 12. Januar 1939 kam Leutnant Rolf Rüggeberg in Burgos mit dem Flugzeug an, um eine spanische Bitte nach Ausbildern für die Marineschule in Cadiz zu überbringen. »Gegen deutsche Stahlfertigprodukte sollte die auf den kanarischen Inseln gelegene „neuzeitige und sehr leistungsfähige“ Raffinerie des outsiders CEPSA mit mexikanischem Rohöl beliefert werden; als Derivate waren Benzin, Flugbenzin, Diesel und Heizöl vorgesehen, die ins Deutsche Reich transportiert werden sollten. Anders als IG, Heer und Luftwaffe, sah die Kriegsmarine, die die Kanaren in ihre strategischen Überlegungen eingebaut hatte, im ozeanischen Transport keinerlei Sicherheitsprobleme. Zum Abschluß von Verträgen mit der CEPSA wurde denn auch im Mai 1938 ein Sachbearbeiter des OKM auf die Kanarischen Inseln entsandt.« (7)
Die CEPSA war ursprünglich eine Gesellschaft, bei der der spanische Staat nur eine Minderheitsbeteiligung hielt. Franco erneuerte dessen Förderkonzession 1947 und bis 1977 hielt der Staat mehr als 50% des Aktienkapitals. Gebaut wurde die erste CEPSA-Ölraffinerie zwischen April und November 1930 – auf einem Grundstück des deutschen Konsuls Ahlers. Sie konnte 5.000 Barrels Rohöl am Tag verarbeitet, das aus Venezuela importiert wurde. Noch 1941 lieferte die us-amerikanische Standard Oil Company Treibstoff nach Teneriffa und versorgte damit deutsche U-Boote. (8)
Die Kanaren werden ein deutsch-italienischer Flottenstützpunkt (1942/43).
Folkert Mohrhof
Originaltext: http://syndikalismus.wordpress.com/2011/07/19/deutsche-nazis-und-der-putsch-francos-%E2%80%93-17-juli-1936-auf-den-kanarischen-inseln/