Ey Süße, wie wär´s mit uns beiden?

Gierige Blicke, ein Pfeifen, ein Schnalzen oder ein bescheuerter Spruch - welche junge Frau kennt das nicht?! “Das gehört dazu”, denken viele, vor allen Dingen, wenn frau auch noch kurze Kleidchen trägt oder sogar einen Minirock. Nicht nur Typen sind schnell dabei zu sagen: „Kein Wunder, was trägt sie auch so aufreizende Sachen!” sondern auch viele Frauen suchen mindestens zum Teil bei sich die Schuld. Was für ein Quatsch, denn natürlich kann jeder und jede anziehen was er/sie will - und nichts gibt irgendjemand das Recht, einen blöd anzumachen und zu demütigen. Doch dieses Recht nehmen sich viele einfach heraus und bei den typisch plumpen Anmachen kommt es kaum darauf an, Komplimente zu verteilen, sondern vielmehr darauf, die Frau auf ihren Körper zu reduzieren. Viele Typen finden es geil, ihre Macht zum Ausdruck zu bringen, indem sie eine Frau evtl. verunsichern oder demütigen, weil sie sie beurteilen wie ein Objekt, wie eine Puppe. Es gibt viele Arten, wie Männer es immer wieder schaffen, Frauen zu unterdrücken. Das zeigt sich im Diskussionsverhalten der meisten Typen, indem sie Frauen z.B. nicht richtig ernst nehmen, sie ständig unterbrechen oder durch laute endlose Reden gar nicht erst zu Wort kommen lassen. Gerade in Beziehungen ist dieses Problem Alltag. Beschwerden von den Partnerinnen werden oft als „Gefühlsduselei” abgestempelt, weil die meisten Typen nicht gelernt haben, je über Gefühle zu sprechen und dadurch oft schlichtweg überfordert sind, wenn Frauen anfangen, davon zu reden. Treffen, bei denen die Frauen sich dann zusammenfinden, um über das zu sprechen, was mit ihrem Partner unmöglich ist, werden dann von Männerseite zu „Klatschrunden“ gemacht. Es ist ein großes Defizit, daß die meisten Typen nicht mal versuchen, die Ansichten der Frauen zu verstehen, während diese sich oft tagtäglich den Kopf über sie zerbrechen.

No means No!

Auch beim Thema Sex werden Frauen noch immer nicht als gleichberechtigt akzeptiert. Wenn sie sich gegen lüsternes Baggern wehren, nicht unbedingt von ihrem Saufkumpanen abgeknutscht werden wollen oder noch nicht in der ersten Woche mit ihrem Freund schlafen möchten, sind sie ganz schnell „zimperlich” oder „Zicken“ und vor allem verstehen sie überhaupt kein Spaß und regen sich viel zu schnell auf. Denn für viele Typen ist es noch immer selbstverständlich, daß Frauen mitzumachen haben. Der Druck, den vor allem Partner mit so einer Einstellung auf ihre Freundinnen ausüben können, hat oft zur Folge, daß Frauen gegen ihren Willen mitmachen und sich danach verständlicherweise Scheiße fühlen. Meistens trauen sie sich aber nicht, das anzusprechen, weil es ihnen peinlich ist oder sie die Schuld bei sich selbst suchen. Doch auch so etwas ist eine Vergewaltigung, auch wenn sie auf psychischer Gewalt statt auf körperlicher beruht! Und damit es wirklich nochmal für alle klar ist: „Nein heißt Nein”, niemand hat das Recht, sich darüber hinweg zu setzten, das gilt für Frauen und Männer! Nur sind es leider auch hier meistens die Männer, die einfach nicht begreifen wollen, daß sie abgewiesen werden.

Umgekehrt sind Mädels, die Spaß am Sex mit möglichst vielen Typen haben oder auch einfach zu oft besoffen mit verschiedenen Leuten „abgestürzt” sind, „Schlampen” und es deshalb nicht mehr wert, daß man sie als vollwertig behandelt. Mann kann sie praktisch nur noch benutzen, wenn mann gerade Bock auf Sex hat, denn die Möglichkeit, daß auch die Frauen sich ihre „Knutschpartner” aussuchen, wird gar nicht erst einkalkuliert. Es wird also immer noch nicht als „normal” angesehen, daß auch Frauen Spaß am Sex haben können. Hat allerdings ein Junge mal wieder ein „wildes” Wochenende hinter sich und dabei gleich drei Frauen „rumgekriegt”, dann ist er bei seinen Freunden ein ganz toller Hengst und hoch angesehen. Natürlich wird über diese Mädchen aber auch wieder abwertend gesprochen, weil sie so leicht zu überreden waren.

Insgesamt wäre dies alles eine komische Logik, wenn mensch davon ausgehen würde, daß wir in einem Land leben, in dem Gleichberechtigung herrscht. Weniger komisch, wenn mensch erkannt hat, daß noch immer eine Vorherrschaft von Männern besteht. Das äußert sich nicht nur in sexistischem Verhalten, sondern ist auch gesetzlich festgelegt. Noch immer bekommen z. B. Frauen weniger Geld als Männer für die gleiche Arbeit und noch immer ist Vergewaltigung nur teilweise strafbar. Denn festgesetzt wird der Täter nur, wenn eine Frau bei den langen meist quälenden Gerichtsverhandlungen beweisen kann, daß es auch wirklich eine Vergewaltigung nach staatlicher Definition war.

Hat das Opfer sich vielleicht aus Angst nicht richtig gewehrt oder weil der Täter ein guter Freund war, sich nicht getraut zuzuschlagen oder hat der Vergewaltiger einen Menschen vielleicht „nur” angefaßt, geküßt oder sich neben ihm einen runter geholt und vielleicht viele, viele Male hintereinander, so gilt das vor Gericht einen Scheißdreck. Denn die wenigsten haben bisher erkannt, daß die Gefühle des Opfers vergewaltigt werden und nicht unbedingt der Körper verletzt wird. Für die meisten gilt als Vergewaltigung nur, was das Klischee besagt: Der fremde böse Mann schlägt die Frau zu Boden, reißt ihr die Kleider vom Leib und reißt ihr die Beine auseinander..., dabei läuft das Ganze oft viel unsensationeller ab, aber dafür genauso schmerzhaft. Damit soll nicht gesagt werden, daß eine Vergewaltigung wie im Fernsehen weniger schlimm ist, aber es ist wichtig zu verstehen, daß es nicht nur das gibt! Gerade wenn der Täter ein Freund, Vater, Onkel, Lehrer oder Liebhaber ist, haben die meisten Probleme damit, sich zu wehren. So versuchen viele das Schreckliche zu vergessen, um die Beziehung nicht zu gefährden, suchen die Schuld bei sich, weil sie nicht glauben wollen, daß der so gemochte Mensch zu so etwas fähig ist und haben viel mehr Probleme, es öffentlich zu machen oder die Person sogar anzuzeigen.

Vergewaltigung - Der grausame Einzelfall???

Jede dritte Frau in Deutschland wird vergewaltigt und das hat seine Ursachen! Denn wieso können so viele Männer ungestraft solche Gewalttaten ausüben? Es ist das gesellschaftliche Klima, das Frauen noch immer nicht voll akzeptiert und Gewalt gegen sie totschweigt. Es ist das Patriarchat, das in diesem Land herrscht und Vergewaltigungen erst möglich macht.

Ein sehr wichtiger Bereich, der die Unterdrückung der Frauen mit unterstützt, ist die Werbung. Diese funktioniert bekanntermaßen überwiegend durch Botschaften, die ins Unterbewußtsein der Konsument-Innen befördert werden. Und diese Botschaften sind wirklich eindeutig! So z.B. bei den ganzen mehr oder weniger glücklichen Frauen vorm Geschirrspüler, mit den neuen „Zwei - Phasen - Taps“ in der Hand oder bei den Frauen, die von der Angst vor der angekündigten Schwiegermutter dadurch befreit wurden, daß sie doch noch rechtzeitig das neue Mittel gegen Kalk gefunden haben! Warum stehen da nie Männer? Ganz klar, die Botschaft lautet: Frauen gehören in die Küche zum Putzen, Kochen oder auch zu den Kindern, wenn sie wieder mal die besten Windeln preisen.

Etwas schwieriger ist es bei den ewig schlanken, schönen und immer halbnackten Frauen, die immer noch beliebtestes Werbemittel sind. Jungs wird schon von klein auf das Bild der immer wollenden gefügigen Frau eingeprägt und das wirkt sich nachhaltig auf ihr späteres Verhalten ihnen gegenüber aus. Die Werbung reduziert Frauen zu Sexobjekten, denn vermittelt wird durch die „neckischen“ Fotos dauernde Sexbereitschaft, die Männer dann in der Realität vergeblich bei ihren Freundinnen suchen.

Kampf dem Sexismus!

Das sexistische Verhalten, das alle Männer mehr oder weniger häufig und kraß an den Tag legen, hat viele Ursachen und Hintergründe und natürlich spielt dabei auch die Erziehung eine große Rolle. Ich halte es aber nicht für notwendig, jetzt und hier weiter darauf einzugehen, denn wichtig ist erst mal für uns alle, das so zu benennen und etwas dagegen zu tun. Frauen und Mädchen sollen wissen, daß ein Teil ihrer Probleme zwar Alltag, aber trotzdem nicht “normal” sind und daß es sich lohnt, mit anderen darüber zu sprechen und sich gemeinsam dagegen zu wehren! Viele Jugendliche haben schon gemerkt, daß Ungerechtigkeit und Ungleichheit existiert, meinen jedoch, damit alleine klarzukommen. Dabei ist es gerade wichtig sich zusammenzuschließen und etwas zu unternehmen und nicht davon auszugehen, es wäre ein Eingeständnis von Schwäche, wenn frau sich nicht alleine wehren könnte! Doch dies soll nicht ein Aufruf sein, ab sofort alle Männer zu hassen, es geht mir auch darum, daß Jungs durch diesen Artikel zum Nachdenken kommen.

Denn der Kampf gegen Unterdrückung und Ausbeutung, ist auch der Kampf gegen Sexismus und das Patriarchat!

Aus: Basta! Linke Jugendzeitung Nr. 3

Originaltext: www.nadir.org/nadir/periodika/basta/nr3/anmache.html


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