Mujeres Libres - Kinder, Kinder, Kinder…

Vom ersten Augenblick an drängte sich die taktische Parole auf, die Kinder retten. In ihr kommt die außerordentlich große Bedeutung unseres Kampfes für die Zukunft zum Ausdruck.

Nichts schmerzt uns mehr, als in diesem Augenblick die Fehler zu sehen, die wir gestern noch energisch bekämpft haben, wo jetzt eigentlich einiges (noch nicht Bekanntes) offengelegt und vollkommen verbessert werden sollte. Die Fehler werden zwar unter anderen Zeichen wiederholt, sie haben aber den gleichen Charakter.

Es sind die Bilder von jenen Prozessionen, von jenen eucharistischen Zeremonien, in denen weiß gekleidete, ernste Kinder verwirrt gegenüber ihnen unverständlichen Riten eine entscheidende Rolle spielten. Es sind diese ... (wir finden kein anderes Wort, um sie zu klassifizieren, aber das Wort "Maskengruppe" kommt uns über die Lippen), in denen man Kreaturen von fünf bis zwölf Jahren als Krankenschwestern oder Milizangehörige verkleidet und sie mit Liedern, die für sie so unverständlich sind wie die Lieder und Gebete von einst, mit erhobener Faust und bestimmte Hochrufe ausstoßend durch die Straßen der Stadt führt.

Mit all unserer Kraft, mit unserem Trachten und Sinnen protestieren wir gegen diese Tatsache, möge sie organisieren, möge sie fördern, wer wolle.

Die Kinder können und sollen weder Katholiken, noch Sozialisten, noch Kommunisten, noch Libertäre sein. Die können und sollen nur das sein, was sie sind: Kinder. Wer nimmt es sich heraus, ihnen dieses Recht streitig zu machen?

Ein noch ungeheuerlicheres Verbrechen als jemanden zu töten, ist es, die kindliche Psychologie zu verrenken, seinen Kindern zu früh die stürmische, dunkle und schmutzige Welt der Erwachsenen zu offenbaren. Ein bißchen noch, und unsere Kinder, die heutigen Kinder, werden selbst eine Welt entdecken können, die anders ist als die unserer Jugend.

Wir sollten uns darum bemühen, daß sie rein bleiben, unberührt, daß sie gegenüber den Ereignissen spontan reagieren, damit sie morgen, frei von allen moralischen Belastungen, die uns insgesamt heute formen, die ideale Welt errichten können, von der wir gerade den Grundstock legen.

Die Kinder sollen nur Kinder sein. Kinder, Kinder, Kinder. Weder "Pioniere" noch "kleine Geschosse". Pioniere und kleine Geschosse sind zwei verschiedene Seiten eines selben perversen Buches.

Mujeres Libres , 65 Tage der Revolution

Originaltext:
Mary Nash: Mujeres Libres. Die freien Frauen in Spanien 1936 - 1978. Karin Kramer Verlag, Berlin 1979. Digitalisiert von www.anarchismus.at mit freundlicher Genehmigung des Freundeskreis Karin Kramer Verlag. Das Copyright des Textes liegt weiterhin beim Karin Kramer Verlag, der Text darf ohne Rückfrage nicht weiter kopiert oder gedruckt werden. Im Karin Kramer Verlag sind zahlreiche Bücher zum Anarchismus erhältlich.


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